Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Titel: Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Hartmann
Vom Netzwerk:
bei Harry Valérien, der pünktlich zu seinem Fünfundsechzigsten beim ZDF pensioniert wurde.
    Und so ist es auch bei Waldi Hartmann. Alles auf der Welt ist endlich, und Fernsehen ist noch endlicher. Keine Sendung machst du für immer. Und das Dasein als »Has been«, wie es in den USA heißt, als Mann oder Frau von gestern, kommt unweigerlich auf jeden von uns zu. Das sollte man sich immer wieder vor Augen halten, und das muss man akzeptieren. Wir neigen alle gern zur Selbstüberschätzung in diesem Medium, und wir vergessen viel zu schnell: Weder fliegen wir zum Mars, noch schaffen wir den Hunger ab, und wir heilen auch keinen Krebs. Wir machen alle nur Fernsehen. Und in unsere Sendungen kannst du am nächsten Tag nicht einmal den Fisch einwickeln wie in die Zeitung von gestern.
    Also: Entzugserscheinungen habe ich keine. Und wenn ich ein rotes Licht sehen will, kauf ich mir irgendwann eine Rheumalampe, aber jetzt noch nicht. Ich fühle mich nicht wie ein Rentner. Ich habe Leute erlebt, die haben mit fünfzig entschieden, jetzt bin ich alt. Und eine Woche später waren sie alt.
    Das ist, wie wenn du bewusst entscheidest, jetzt fahre ich keinen Porsche mehr, jetzt fahre ich einen Golf. Und dann sitzt du das erste Mal im Golf und denkst dir: Herrschaftszeiten, da fehlt dir ja gar nix, du kommst genauso gut an wie vorher. Und du hast sogar noch mehr Platz. Wir alle wissen ja: Man muss nicht mehr im Fernsehen sein, um bei den Zu schauern ein beliebter Fernsehschaffender zu sein. Dieter Kür ten oder Harry Valérien waren schon fünf Jahre friedlich in Rente, da wurden Umfragen gemacht: »Wer ist ihr liebster Sportkommentator oder Moderator im Fernsehen?« Und wer hat gewonnen? Dieter Kürten und Harry Valérien. Woran man sieht: Die ständige Präsenz im Fernsehen wird deutlich überschätzt. Mich sprechen heute noch Leute auf den Blickpunkt Sport im Bayerischen Fernsehen an. Und wenn ich denen dann sage, dass ich den schon Jahre nicht mehr moderiere, sind sie völlig baff: »Ach, komm, das gibt’s doch gar nicht.« Wenn man fast fünfunddreißig Jahre lang aus der Glotze rausschaut, dann bist du mit deinem Publikum alt geworden, dann gehörst du zum Wohnzimmer wie der Schrank und die Couch. Bis auch die irgendwann auf dem Sperrmüll landen.

28
    SERVUS ARD – HALLO LEBEN!
    Meine letzte Runde
    Die Friedenspfeife habe ich nicht geraucht. Aber mein letzter Arbeitstag als ARD -Moderator, der letzte Abend, der letzte Boxkampf am 15 . Dezember 2012 , ausgerechnet in meiner Geburtsstadt Nürnberg, hat dann doch einiges relativiert. Die ganze Mannschaft hat mir einen wunderbaren Abschied bereitet. Und wenn MDR -Fernsehdirektor Wolf-Dieter Jacobi dem nicht zugestimmt hätte, hätte das alles nicht statt finden können. Er hat aber zugestimmt. Und dafür vielen Dank, ich weiß das zu schätzen.
    Mir war immer klar: Ich habe meine Bühne bei der ARD nur geliehen. Diese Bühne hat mir ein Leben verschafft, von dem die meisten Menschen nur träumen können. Der Einrichtung ARD bin ich dafür dankbar – ich habe mich ja nie über das Haus ARD geärgert. Denn ein Haus hat ja Türen und Fenster und kann mich nicht ärgern. Und die Handvoll Bewohner dieses Hauses, die mir das Leben schwergemacht haben, fallen nicht ins Gewicht. Die können mir die Erinnerung an so viele wunderbare Jahre nicht trüben.
    Vorher war ich noch cool und gelassen gewesen. Aber auf dem Weg nach Nürnberg wurde mir im Auto immer klarer: Over. Ende. Letzte Dienstreise. Das Koma war zwar noch weit, aber die Schmerzen wurden langsam größer.
    Trainer Ulli Wegner, der mir in den letzten zwölf Jahren wirklich ans Herz gewachsen ist, kam schon vor dem letzten Kampf zu mir: »Ich kann keine Ansprache für dich halten, ich würde nur weinen.« Mit ihm, mit Henry Maske, mit meinem alten Spezi, dem Ringarzt Dr. Walter Wagner, mit Ullis Sekundanten Hagen »Hako« Sevecke und mit MDR -Fernsehdirektor Wolf-Dieter Jacobi war ich am Abend vor dem Kampf essen. Meine kleine Boxfamilie eben. Später an der Bar haben wir dann unsere »Weißt-du-noch«-Geschichten aus alten und uralten Zeiten ausgepackt, ein wunderbares Veteranentreffen.
    Am Samstag dann Gong zur allerletzten Runde. Henry hatte mir schon angekündigt: »Dir ist doch klar, dass sie was machen. Ich darf dir aber nicht sagen, was.« Das fand ich einen recht erheiternden Gedanken. Denn sie waren alle gekommen, die hohen Herren von der Anstalt, darunter auch Sportkoordinator Axel Balkausky und Programmdirektor

Weitere Kostenlose Bücher