Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Driver 2

Driver 2

Titel: Driver 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sallis
Vom Netzwerk:
die Kellner Beil die Servierplatten. Er nahm sich kleine Portionen von allem. Sie aßen ohne zu sprechen. Leise Geräusche sickerten durch die Tür in das private Speisezimmer.
    »Das Restaurant schließt heute früh«, sagte Beil.
    Driver sah sich um und stellte fest, dass die Kellner sich zurückgezogen hatten. Sie waren allein.
    Beil aß einen letzten Bissen Salat, legte die Gabel auf den Teller und das Messer über Kreuz. Er schenkte sich frischen Tee aus einer tulpenförmigen Kanne ein. Süßen Tee, wie man ihn in den Südstaaten trinkt. Driver hatte sein Glas nicht mehr angerührt.
    »Ich bin in Texas aufgewachsen«, sagte Beil. »Nicht in den Kiefernwäldern und nicht in irgendeiner Stadt, sondern in den wilden, herrenlosen Landstrichen – den nicht beherrschbaren, um präzise zu sein. Karges Land, wohin man auch schaute, und der Horizont so weit weg, dass es genauso gut das große Jenseits hätte sein können. Meine Mutter und mein Vater waren ständig beschäftigt, er als Vorarbeiter auf einer der riesigen Ranches, sie als Bibliothekarin in einer nahe gelegenen Stadt. Mein Zimmer lag am rückwärtigen Ende des Hauses und war alles andere als ein privates Domizil. Dort tastete ich mich vorwärts durch die Jahre, bastelte mir mein Leben aus Dingen zusammen, glänzenden, weggeworfenen oder unnützen Sachen, die ich irgendwo fand, fast so, wie ein Vogel sein Nest baut. Auf vielfache Weise war es, als lebte ich in einem anderen Land, einer anderen Welt. Selbst die Luft war anders. Wenn der Wind drehte, konnte man das Vieh riechen, diesen derben Geruch, den Mist, der von der Farm kam, auf der mein Vater arbeitete, meilenweit entfernt. Den Geruch von Erde, Schimmel, stehendem Wasser, Verrottetem. Und Staub. Immer dieser Geruch von Staub. Ich lag nachts im Bett und dachte, so in etwa müsste es wohl sein, wenn man begraben ist. Ich wusste, dass ich da rausmusste.«
    Ein Krachen war zu hören, wahrscheinlich aus der Küche. Beils Augen flogen nicht in Richtung des Geräusches, aber ein Lächeln erreichte fast seinen Mund. »Glauben Sie, dass wir alle mit einer Neigung, einem Talent geboren werden? Für Musik zum Beispiel oder für Menschenführung?«
    Driver nickte. »Aber nur ein paar finden es.«
    »Genau. Meines, das habe ich schon früh festgestellt, liegt im Lösen von Problemen. Aber ich war auch so etwas wie ein Querdenker, weniger daran interessiert, sich den Problemen zu stellen, als vielmehr, sie zu umgehen. Ich wäre ein extrem schlechter Wissenschaftler geworden. Damit habe ich zuerst geliebäugelt, allerdings mit sehr eigenen Zielsetzungen. Nun, und da wäre ich also, wie man so sagt.«
    »Und hier bin ich.«
    »Und fragen sich zweifellos, wieso.«
    »Es war eine interessante Einladung.«
    »Wir machen das Beste aus dem, was wir haben und können. Sie sind mal gefahren, jetzt fahren Sie wieder. Was ist das, ein Rückfall? Anpassung? Oder kehrt man nur zu dem zurück, was man ist?«
    »Ein Ja würde wahrscheinlich alle drei Fragen beantworten.«
    »Leute, die versuchen, Sie umzubringen, könnte man als Problem ansehen.«
    »Für das Sie eine Lösung haben.«
    »Überhaupt nicht. Das ist Ihr Problem.« Alle Geräusche im Restaurant waren verstummt. Durch einen schmalen Glasstreifen in der Tür sah Driver, wie die Lichter ausgingen. »Obwohl, das Interesse an einer Lösung dieses Problems könnte noch etwas sein, das wir gemein haben.«

DANACH FUHR ER nach South Mountain. Es war deutlich nach elf Uhr und nicht besonders viel los dort draußen, zwei oder drei Supermärkte und eine Handvoll mexikanischer Drive-ins entlang der Baseline Road waren geöffnet. Auf halber Höhe erhob sich ein großer Fels neben der Straße. Driver stieg hinauf und schaute runter auf die Lichter der Stadt. Am Flughafen, zwölf Meilen entfernt, starteten und landeten Flugzeuge wie kleine Wellen in der Dunkelheit und der Stille des endlosen Himmels.
    Driver mochte nicht zu seiner neuen Behausung zurückkehren, ob sie nun demoliert war oder nicht. Überhaupt fiel ihm kein Ort ein, an den er wollte. Was er wollte, war, zurück ins Auto zu steigen und zu fahren. Wegzufahren von allem. Einfach nur fahren. Wie der Typ in der Werkstatt gesagt hatte: Nur du und die Straße, und den ganzen Scheiß lässt man hinter sich.
    Aber er konnte nicht. Und was Beil vorgeschlagen hatte – als sie sich erst einmal an
Ich arbeite allein
und
Sie kommen immer wieder
vorbeigeschlängelt hatten –, erschien ihm, wenn auch nicht als die beste

Weitere Kostenlose Bücher