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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Abschluss geschmissen hatte, war ich andauernd hier. Und so wird es von jetzt an immer sein, wenn ich will. Wenn ich je wieder auf die Schule zurückgehe.
    Neisha ist schon halb an der Tür. Ich hänge zurück, streiche mit den Fingern über den oberen Rand der Bücherreihe, genieße den Kontrast zwischen den folienbeschichteten Buchdeckeln und den zerlesenen weichen Seiten … überlege, welches Buch ich herausziehen soll, was wohl drinsteht.
    »Komm schon«, zischt sie, aber selbst das Zischen klingt zu laut in diesem menschenleeren Raum. »Was machst du?«
    »Nichts. Nur … ach, gar nichts. Ich mag nur einfach diesen Ort, das ist alles. Er hat so was Besonderes. So viele Bücher.«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Wir haben Massen an Büchern zu Hause.« Ein Haus voller Bücher, wie das von Harry. Ganz anders als bei uns. »Du solltest mal kommen, dir welche ausleihen.« Sie kehrt zu mir zurück und nimmt meine Hand. »Wenn mein Dad nicht da ist«, fügt sie hinzu. »Jetzt komm.«
    Wir treten auf den Flur. Es ist unheimlich hier, so ganz ohne andere Menschen. Unsere Schuhe quietschen auf den glatten Bodenfliesen. Ich will, dass es mir gefällt hier zu sein, mich wie der tolle Hecht zu fühlen, der einbricht, seine Freundin herbringt, doch ich fühle mich klein. Die Leere erinnert mich an alle, die fehlen, an Rob, der früher die Flure hier beherrschte, aber nie wieder da sein wird.
    Ich versuche etwas zu finden, das dieses Gefühl vertreibt. Ich möchte Neisha beeindrucken, hören, wie ihr Lachen von den leeren Wänden widerhallt.
    In der Aula ist nichts. Alles weggeräumt – das Ganze ist bloß ein riesiger leerer Raum. Bis auf den Geruch von Langeweile, der noch in der Luft schwebt. Nichts kann ihn vertreiben. Hunderte Kinder nicht, die Morgen für Morgen zur Begrüßung hier reingepfercht werden und in Reihen auf harten Plastikstühlen sitzen. Stumpfe Rücken, stumpfe Schädel. Die die Fürze der anderen ein- und ausatmen.
    Ich führe sie wieder aus der Aula hinaus und wir sind im Flur vor dem Büro des Direktors. Ich sehe nach, ob die Tür offen ist; sie ist abgeschlossen. Davor stehen drei Stühle; es ist der Ort, an dem du wartest, hereingerufen zu werden. In den Todestrakt.
    »Hier«, sage ich, setze mich hin und ziehe sie neben mich. Ich fummle in der Jackentasche herum und ziehe die Packung Zigaretten und Streichhölzer raus. »Magst du ’ne Kippe?«
    Ich stecke ein Streichholz an und halte es Neisha vorsichtig hin. Sie zündet die Zigarette an, nimmt einen kräftigen Zug und bläst den Rauch Richtung Decke.
    »Willst du keine?«
    Ich erinnere mich, wie ich es das letzte Mal probiert habe und würgen musste von dem scharfen Rauch.
    »Nee«, sage ich und bin mir bewusst, dass ich vielleicht Coolness-Punkte verlieren könnte.
    Ich schnippe das Streichholz in Richtung Papierkorb neben meinem Stuhl, dann zünde ich ein zweites an und schnippe es ebenfalls rein. Neisha schaut anerkennend zu, während sie weiterraucht.
    »Ich wette, du hast hier schon oft gesessen«, sagt sie.
    Das stimmt. Und ich erinnere mich sofort. Ich muss mich gar nicht anstrengen.
    Ich erinnere mich wie es war, zu warten, bis ich an die Reihe kam. Nach vorn gebeugt auf dem Stuhl zu sitzen, die Augen zu Boden gesenkt. Und Rob neben mir, zurückgebeugt, den Kopf an die Wand gelehnt, mit allen in Sichtkontakt. Um ihnen mit jedem seiner Blicke zu sagen: Ja, ich sitz wieder hier. Na und?
    Ist alles wieder da? Erinnere ich mich wirklich an alles?
    »Ja. Aber die tun ja nichts«, sage ich. »Verpassen dir einen Anschiss. Schließen dich vom Unterricht aus. Na und, was soll’s? Wie ist es bei dir auf der Schule?«
    Sie öffnet den Mund, um zu antworten, dann schweigt sie. Sie schaut an mir vorbei. Rauch steigt aus dem Papierkorb und plötzlich leckt eine richtige Flamme an dem zusammengeknüllten Papier.
    »Upps«, sagt sie, dann sieht sie mich an und lacht.
    »Ich mach’s lieber aus«, sage ich und schaue mich nach einer Decke, einem Feuerlöscher oder irgendwas um, doch ehe ich etwas finde, geht ein Höllenlärm los, so laut, so stechend, dass es sämtliche kleinen Knöchel in den Ohren zum Zittern bringt. Gleichzeitig beginnt es zu regnen. Es prasselt nicht aufs Dach oder gegen die Scheiben, es regnet im Innern der Schule – sprüht von der Decke und stürzt zu Boden.
    Neisha fängt an zu kreischen. Und lacht zugleich.
    »O mein Gott. Schau dir das an!«
    Sie wirbelt mitten auf dem Flur herum, streckt die Arme aus, fängt die Tropfen

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