Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
mich“, sagte er mit Nachdruck.
Julie freute sich über den Beistand; aber warum schützte Chris sie? Woher wollte er wissen, dass sie der Baumfrau das nicht angetan hatte? Eine Erklärung dafür bekam Julie erst einmal nicht, dafür aber meldete Daan sich nun zu Wort: „Julie kann es nicht gewesen sein. Wir waren zusammen, bis ich bei Ria“, er lächelte der Halbdryade zu, „geblieben bin, weil es ihr so schlecht ging. Da musste der Angriff auf Dendras Eiche schon geschehen sein, sonst wäre Ria nicht so geschwächt gewesen.“
„Hm“, sagte Chris, sichtlich erleichtert einen Beweis für Julies Unschuld zu haben, ohne selbst etwas preisgeben zu müssen. „Damit scheidet Julie ja nun wirklich als Täterin aus.“ Chris seufzte. „Wir warten, bis Dendra wach ist und wir sie befragen können; ihr könnt gehen.“ Mit diesen Worten entließ er die kleine Truppe; doch dann schob er noch nach: „Oder möchte mir jemand noch etwas sagen?“
Julie schwankte. War das der Augenblick, in dem sie alles beichten sollte? War es nicht besser, die Sache mit dem verbrauchten Trank jetzt zuzugeben? Doch Chris war erschöpft und in Eile, er wartete nicht lange auf Antwort und nahm ihr so die Entscheidung ab: „Gut, geht jetzt bitte, ich brauche Ruhe.“
Auf dem Weg ins Lager sagte keiner ein Wort; alle waren viel zu bedrückt. Im Zelt trennten sich die Gefährten. Julie saß auf ihrem Bett und hielt die leere Flasche in der Hand. Milchig trüb und weiß hatte der Trank ausgesehen, und gerochen hatte er nur schwach, fast nach gar nichts. Julie starrte auf ihre Waschschüssel. Ihr kam eine Idee. Das konnte gehen. Aber was, wenn die Schüssel so etwas Exotisches gar nicht kannte? – Einen Versuch war es wert.
Julie berührte die Schüssel und dachte: Kokosmilch! Die Schüssel füllte sich. Offenbar hatte man sich wegen Leung Jan auch auf Asiatisches eingestellt – oder die Schüssel machte einfach genau, was Julie dachte, egal ob es ihr bekannt war oder nicht. Einerlei, es hatte geklappt.
Julie füllte die Kokosmilch in ihr Fläschchen, von außen sah man keinen Unterschied zum magischen Trank. Sie wischte die Flasche mit einem weichen Mull-Tuch ab, bis keine Spuren mehr an der Außenseite klebten. Der Schwindel würde nur auffallen, wenn jemand an der geöffneten Flasche roch. Julie konnte nur hoffen, dass das nicht passierte. Und dass sich Dendra an nichts erinnerte.
Julie zog die Schuhe aus und legte sich auf ihr Bett. Sie weinte und weinte, um Bille, um Dendra, um die Eiche – und um sich selbst. Sie wollte die Hüterin sein, das war sie ihrer Mutter einfach schuldig; und ihrem Vater. Aber konnte sie es ohne Trank überhaupt schaffen? Die Gefahr für ihr Leben schreckte Julie nicht; viel schlimmer war die Angst zu versagen. Hoffentlich war noch nicht alles zu spät.
Chris und Anouk saßen am Kamin. Trotz der Jahreszeit loderte ein wärmendes Feuer in ihm; doch es nützte nicht viel, denn die beiden hatten mit einer anderen Art der Kälte zu kämpfen. „Wer tut einer Baumfrau so etwas an?“, klagte Anouk.
„Ich weiß es nicht“, gab Chris resigniert zurück. „Die gleichen, die Sattelgurte anritzen und Pferde zum Scheuen bringen. – Ich habe mit dem Gager geredet. Billes Pferd war lammfromm, es hat nie Ärger gemacht. Und dann, plötzlich, beim Turnier dreht es völlig durch und wirft seine exzellente Reiterin ab …“
„Du meinst, es war ein Anschlag?“, fragte Anouk bestürzt.
„Ich bin sogar sicher. Und die Sache mit dem Sattelgurt. Hast du nur ein einziges Mal einen Gager bei einer Nachlässigkeit erwischt? Ich jedenfalls habe das nicht.“
„Aber wer könnte so etwas tun?“ Anouk stand entsetzt auf und stützte sich schwer auf den massigen dunklen Eichentisch.
„Urs hat mich angesprochen. Er hatte Besuch von Tonias Mutter. Sie hat einen Riesenaufstand gemacht, weil Urs das Schwert für Julie selbst gefertigt hatte und das für Tonia nicht. Sie hat ihn mit der Drohung erpressen wollen, die Sache von damals an die große Glocke zu hängen; sie weiß also nicht, dass Urs dem Rat Rechenschaft abgelegt hat. Er hat ihr das Schwert trotzdem gemacht, weil er nicht wollte, dass die alten Geschichten noch einmal ans Tageslicht gezerrt werden; es hat ihn damals so mitgenommen. – Aber Tonia war es, die die Gelegenheit hatte, den Sattelgurt anzuritzen, ich habe es überprüft. Außerdem hat sie ein Motiv: Sie hat einen großen Vorteil davon, wenn Swantje Hüterin wird. Ich denke sie würde
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