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Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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bei Milo erinnerte. Sie klappte den Mund kurz wieder zu und würgte gleich darauf ein „Nein, Entschuldigung“ heraus. Leung Jan lächelte und verwandelte sich damit wieder in den freundlichen kleinen Chinesen; aber von diesem Moment an hatte er in allen Gruppen keine Disziplinprobleme mehr. Auch in Tallyn verbreiteten sich Neuigkeiten schnell.
    Julie verstand, was Mathys an Leung Jan fand. Er war schnell wie eine Froschzunge und weich wie ein Wattebausch. Mit seinen Armen schien er jeden Angriff in kleine Teilchen zu zerlegen, zu ordnen und zu beantworten, bevor der Gegner wusste, wie ihm geschah. Leung Jan verfügte über die Gabe, genau zu wissen, wann und wie jemand angreift. Selbst mit verbundenen Augen brachte er die Stärksten unter den Schülerinnen und Schülern in Sekunden unter Kontrolle. Dieses Kampfkunstsystem war unglaublich faszinierend – Julie kam es vor, als sei sie endlich angekommen. Sie hätte ewig so weiterüben können, aber der Gong beendete den Unterricht.
    Julie und Mathys sprachen nach dem Unterricht bei Leung Jan von nichts anderem. Daans entrückter Gesichtsausdruck machte mehr als deutlich, dass er sich sowieso nicht an einer Unterhaltung beteiligt hätte, also gab es für die beiden keinen Grund, das Thema zu wechseln. Daan fasste sich seufzend an die Brusttasche und knisterte leise mit den Briefen, die er in seinem feinen Leinenhemd trug. Mathys war so mit Julie beschäftigt, dass er das Seufzen zum ersten Mal in seiner langen Freundschaft mit Daan nicht mitbekam. Das machte aber nicht viel, denn schließlich hatte Daan bisher auch nicht gemerkt, dass Mathys sich sonst Sorgen um ihn machte.
    Bis zum nächsten Unterricht, der von Tibor, dem ungarischen Bogenschieß-Ausbilder, und Karim, dem Reitlehrer, gemeinsam abgehalten wurde, war nicht mehr viel Zeit. Fast alle Jugendlichen mochten diesen Unterricht. Besonders die Anwärterinnen, die noch nicht reiten konnten, hatten unter Karims geschickter Anleitung erwartungsgemäß schnelle Fortschritte gemacht, obwohl der schlanke Mann nicht viele Worte machte. Der Orientale mit dem gebräunten Gesicht und der gutturalen Aussprache saß auf seinem Pferd, als sei er damit verwachsen. Tibor wollte den parthischen Schuss mit den Anwärterinnen üben; diese Übung war auch für die Gefährten neu, denn dieser Teil der Ausbildung stand nur angehenden Ratsmitgliedern offen. Was nicht hieß, dass ihn nicht jeder reitende Einwohner Tallyns schon heimlich probiert hätte.
    Tibors Stimme führte die Anwärterinnen: „Wir üben den Schuss der Parther. Hierbei sitzt der Reiter im Sattel oder stellt sich in die Steigbügel. Dann dreht sich er sich um und feuert mit seinem Bogen nach hinten auf eventuelle Verfolger.“
    Karim nickte zustimmend. „Und haltet euch gut mit den Beinen fest, ihr müsst freihändig reiten!“
    Da diese Technik sowohl in das Gebiet des Reitlehrers als auch in das des Bogen-Lehrers fiel, unterrichteten eben beide zusammen.
    In dieser Stunde fiel selbst Swantje ausnahmsweise einmal nicht dumm auf; das Reiten hatte ihr schon immer gefallen, denn sie war leidlich gut darin, und vollkommen überraschte Gegner zu erledigen, entsprach ohnehin ihrem Naturell. Als es Zeit für die Pause war, war Julie nicht die Einzige, die gerne noch weitergeübt hätte. Wie es ihr in Tallyn gefiel!
     
    An einem wie immer sonnigen Morgen – schließlich regnete es in Tallyn nur nachts zwischen drei und vier Uhr, für die Pflanzen – stellte Julie überrascht fest, wie viel Zeit schon vergangen war. Der an der Burgmauer täglich neu erscheinende Aushang mit Nachrichten enthielt auch immer das Datum, es war schon Ende Juli.
    Unmengen an kleinen Spinnen hatten als Boten der Natur angefangen, die gestampften Wege und gezimmerten Behausungen zurückzuerobern. Mücken fielen in wahren Schwärmen über alles her, was Wärme abstrahlte, und außer Daan kannte Julie niemanden, der nicht völlig zerstochen war. Daan wurde als Halbelf von den Biestern nicht angerührt; sie mochten sein Blut nicht. Das allabendliche Mückenstich-Heilen dauerte wegen der Vielzahl der Stiche inzwischen eine geschlagene Viertelstunde; da nicht alle heilen konnten, mussten auch Mädchen und Jungs aus anderen Zelten mitversorgt werden.

Gesinnungen
     
    Auf dem Aushang stand: „Die Anwärterinnen sind aufgerufen, sich am 31. des Juli am Falkenstein einzufinden. Es steht die Gesinnungsprüfung in den Höhlen an.“
    Julie las die Nachricht zweimal. „Mathys“, rief sie dann

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