DS009 - Feuerzeichen am Himmel
Passanten noch zum Himmel starrten, erklang das Dröhnen zum zweitenmal, und eine weitere Kugel stieg auf. Zuerst war sie etwas langsamer als die erste, aber dann beschleunigte sie ihre Geschwindigkeit so abrupt, daß die meisten sie aus dem Blickfeld verloren.
Die Kanonade aus dem Schuppen war verstummt. Die Polizisten erstürmten den Hof und das Lagerhaus. Der Offizier wollte nicht noch länger auf die Feuerwehrwarten.
»Sie werden vermutlich nichts mehr finden«, meinte Long Tom. »Die Gangster sind weggeflogen.«
Er sollte recht behalten. Die Lastwagen waren noch da, sie waren übel zugerichtet, und in einem lag sogar noch ein Goldbarren, der der Aufmerksamkeit der Banditen entgangen war. In Anbetracht der allgemeinen Aufregung war es erstaunlich, daß die Banditen nicht mehr als einen Barren vergessen hatten.
Der Kapitän der ›Seabreeze‹ informierte die Polizisten, daß Goldbarren im Wert von sechs Millionen Dollar gestohlen worden waren. Nicht ganz ein Dutzend Männer war bei der Attacke ums Leben gekommen, die hysterische Frau hatte also in der Tat maßlos übertrieben; aber eine New Yorker Zeitung, die in einer Sondernummer in großer Aufmachung über das Abenteuer berichtete, wollte von zweihundert Toten wissen.
Long Tom und Johnny fuhren mit einem Taxi wieder in die Stadt; sie fühlten sich ein wenig blamiert, weil es ihnen nicht gelungen war, den Anschlag auf das Schiff zu verhindern.
»Ich verstehe das alles nicht«, sagte Long Tom. »Zuerst hieß es immer, die Feuerstreifen am Himmel kommen von den Glaskugeln. Jetzt haben wir selbst zwei der Glaskugeln gesehen, aber keine Feuerstreifen. Das ist doch ein Widerspruch! Was sind das überhaupt für Kugeln? Wie funktionieren sie?«
Johnny wußte es auch nicht.
Sie fuhren zu dem Wohnhaus in der Carl Street, in dem sie Renny mit den Gefangenen zurückgelassen hatten. Sie bezahlten den Fahrer, was eine Weile dauerte, weil sie nur großes Geld hatten und der Fahrer seine sämtlichen Taschen durchstöbern mußte, um Wechselgeld zu finden.
»He!« sagte Long Tom plötzlich. »Da drüben!«
Johnny schaute auf. Renny saß in einem Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite; nur sein Kopf und seine Schultern waren sichtbar, aber es konnte kein Zweifel daran bestehen, daß der Mann wirklich Renny war.
»Was, zum Teufel, macht er da drüben?« meinte Long Tom. »Und wo hat er das Auto her?«
Im selben Moment winkte Renny ihnen zu; anscheinend forderte er Johnny und Long Tom auf, zu ihm zu kommen.
Sie rannten über die Straße. Sie waren völlig ahnungslos und kamen nicht auf den Gedanken, nach ihren Pistolen in den Schulterhalftern zu greifen.
Unvermittelt tauchten hinter dem geparkten Wagen zwei Männer mit Schußwaffen in den Fäusten auf, sie kamen von rechts; drei weitere, ebenfalls bewaffnet, kamen von links. Sie gehörten zu der Bande, die Johnny und Long Tom in der Wohnung überwältigt hatten.
Die Banditen sagten nichts; das war auch nicht nötig. Die Waffen in ihren Händen waren deutlich genug. Long Tom und Johnny hoben zögernd die Arme.
Vom Wagenboden neben Renny erhob sich ein kleiner Mann. Er hatte hier in Deckung gekauert und Rennys Hand geführt, so daß Long Tom und Johnny angenommen hatten, Renny habe sie zu sich gewinkt. Renny war bewußtlos.
Die Bande war mit drei unauffälligen, dunklen Limousinen gekommen. Zwanzig Sekunden, nachdem der erste Mann mit dem Revolver in der Hand aufgetaucht war, waren die Limousinen bereits unterwegs. Long Tom befand sich in der einen, Johnny in einer anderen. Im dritten Wagen fuhr der immer noch ohnmächtige Renny.
Eine junge Frau hatte dem Überfall aus einem Fenster in der Nachbarschaft zugesehen. Jetzt fing sie an, lauthals loszukreischen. Das Geschrei, das sie anstimmte war so gellend, daß ein Säugling in einem Kinderwagen auf dem Bürgersteig in den Lärm mit einstimmte.
Einer der Männer in Johnnys Wagen langte durch das offene Fenster. Er hatte wieder seinen Revolver in der Hand. Der Schuß hallte durch die Straße, der Kopf der Frau verschwand vom Fenster.
»He, du Laus!« sagte ein anderer Bandit im selben Wagen. »Wir bringen keine Frauen um, wir sind immerhin Amerikaner!«
»Wer bringt denn Frauen um?« erwiderte der Schütze patzig. »Ich hab’ auf ein Fenster zwanzig Fuß neben ihrem Kopf gezielt.«
»Gut«, sagte der andere Bandit. »Das hab’ ich nicht gewußt.
Ich hab’ nur gesehen, daß sie plötzlich verschwunden ist.«
»Man soll sich immer erkundigen, bevor man
Weitere Kostenlose Bücher