DS072 - Die Zauberinsel
nach Honolulu geschafft haben. Mit dem Spezialkraftstoff hätte das Luftschiff noch größere Entfernungen überwinden können, aber eben den hatten die Diebe nicht.
Nachdem Doc alles, was er wissen wollte, erfahren hatte – die Empfängerbezeichnung auf den Kisten war offensichtlich fingiert – schlich Doc zu dem Niedergang zurück.
Die Mündung einer Waffe, die sich ihm in den Rücken drückte, brachte ihn jählings zum Stehen.
»Jetzt sind Sie jede Menge ins Fettnäpfchen getappt«, grollte eine Stimme. »Nehmen Sie die Hände hoch!«
Doc ließ die Hände vielmehr sinken. »Renny«, sagte er.
»Heilige Kuh!« grollte Renny. »Ich ahnte nicht, daß du es warst.«
»Unser Luftschiff ist da in jenen Kisten.«
»Yeah, genau das hatte ich schon vermutet«, raunte Renny, der mit seiner Polterstimme immer Schwierigkeiten hatte, leise zu sprechen. »Ich schlich an Deck, beobachtete das Verladen, und plötzlich dämmerte mir, daß die Kisten dafür gerade die richtige Größe hatten. Ich wartete, bis die Schauerleute gegangen waren. Dann kam ich heruntergeschlichen um nachzuschauen. Niemand hat mich gesehen. Dafür sah ich den Lichtschein, als du in die Kisten hineinleuchtetest, konnte nur nicht erkennen, daß du es warst. Ich dachte, jemand von der Bande wollte sich vergewissern, daß die Ladung noch intakt war.«
»Anscheinend sind alle Teile beisammen«, sagte Doc. »Gehen wir jetzt lieber auf unsere Kabinen zurück.«
Das gelang ihnen, ohne aufzufallen. Die meisten Besatzungsmitglieder waren offenbar zu einem letzten Drink in irgendeine Hafenkneipe gegangen.
Monk und die anderen rissen die Münder auf, als sie hörten, daß das Kleinluftschiff an Bord war. Der elegant gekleidete Ham, der gerade dabei war, die Spitze seiner Degenklinge frisch mit der Droge einzuschmieren, die Bewußtlosigkeit erzeugte, zog eine naheliegende Schlußfolgerung.
»Wenn das Luftschiff an Bord ist, ist die Bande wahrscheinlich auch an Bord«, sagte er.
»Schon möglich«, pflichtete Doc ihm bei.
Monk rieb sich eifrig die Hände. »Vielleicht habe ich dann eine Chance, mein Schwein zurückzubekommen.«
Ham schnaubte verächtlich. »Nach dem, was ich zuletzt von deinem Vieh gesehen habe, will es nicht mehr viel von dir wissen. Gut, daß es weg ist.«
»Dein Schimpansenpavian hatte sich zuerst an das Mädchen herangemacht!« knirschte Monk.
»Das ist eine Lüge, du borstenhaarige Mißgeburt!« schnappte Ham.
Renny ging grollend dazwischen.
»Die Streiterei hört jetzt auf«, erklärte er. »Wir dürfen durch nichts die Aufmerksamkeit auf uns lenken. Noch ein Piepser von einem von euch, und ihr kriegt es mit meinen Fäusten zu tun.«
Die Drohung verfing nicht. »Na, komm doch«, sagten Monk und Ham im Chor.
12.
Drei Wochen. Einundzwanzig Tage. Fünfhundertundvier Stunden. Dreißigtausendzweihundertundvierzig Minuten. Eine lange Zeit. Und während ihr hatten Monk und Ham überraschenderweise tatsächlich halbwegs Frieden gehalten. Rennys Drohung hatte also doch gewirkt. Im Augenblick saß er in einer Ecke der Kabine und knackte mit seinen Riesenfäusten zur Übung Walnüsse. Nicht englische Walnüsse, sondern die schwarzen, dickschaligen der Tropen.
Die Eintönigkeit begann ihnen jetzt aber auf die Nerven zu gehen. Während der drei Wochen war nicht mehr geschehen, als daß die alte Benny Boston des öfteren in der See geschaukelt hatte wie ein Waschfaß unterhalb der Niagarafälle. Sie hatten ihre Kabinen kaum verlassen und darin auch ihre Mahlzeiten eingenommen.
Dem Steward hatten sie gesagt, sie seien seekrank. Soweit es Monk, Johnny und Long Tom betraf, war es sogar die Wahrheit. Der Steward hatte sie niemals alle zusammen gesehen.
Es gab einen definitiven Grund dafür, warum sie sich nicht aus ihren Kabinen hinauswagten. Am ersten Abend an Bord war Long Tom auf eine herumliegende alte Zeitung gestoßen, mit einem Artikel über den Bronzemann und einem Foto von ihm und seinen fünf Helfern. Nach diesem Foto konnten sie nur allzu leicht wiedererkannt werden.
Doc Savage verbrachte tagtäglich zwei Stunden, manchmal sogar mehr, mit seinem Fitneßtraining, änderte jeden Tag das Programm ein wenig. Seit seiner Kindheit hatte er es kaum jemals einen Tag ausgelassen.
Durch die Bullaugen hatten sie gelegentlich ein paar andere Passagiere zu Gesicht bekommen, darunter auch einige jüngere Frauen. Aber die meisten Passagiere waren wegen der schweren See unter Deck geblieben.
Am einundzwanzigsten Tag auf See
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