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Dschungelkind /

Dschungelkind /

Titel: Dschungelkind / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kuegler
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hatten Hunger. Also suchte Papa nach einem Ort, wo wir halten konnten, und entdeckte am Uferrand eine kleine Mündung, bedeckt von Sträuchern und Büschen. Er fuhr hinein, und plötzlich befanden wir uns in einer kleinen Bucht. Ganz am Ende zweigte noch ein kleiner Fluss ab, gerade breit genug für das Boot. Papa schaltete den Motor aus, und wir paddelten. Das Wasser war nicht sehr tief, so dass wir den Motor ins Boot holten.
    Wir bogen in diesen versteckten Fluss ein, und vor uns lag der schönste Platz der Erde. Wir waren so hingerissen, dass keiner ein Wort sagte. Ich habe es noch vor Augen, als ob es gestern gewesen wäre. Das Wasser war jetzt so flach, dass das Boot auf Grund lief. Wir stiegen aus. Vor uns wand sich das Flüsschen wie eine glänzende Schlange. Von den Bäumen am Ufer hingen Tausende von knallroten Orchideen, die Flammen des Urwalds. Sie fielen teils bis aufs Wasser und bildeten eine rote Wand vom Fluss bis in den Himmel. Das Wasser selbst war so klar, dass ich bis zum Boden sehen konnte; es war blau und schimmernd und spiegelglatt. Lauter bunte Vögel flogen von Baum zu Baum, sangen und zwitscherten fröhlich vor sich hin.
    Und das Paradies hielt auch speziell für uns Kinder noch etwas bereit: Vor beiden Ufern befanden sich kleine Sandbänke, die jedoch nicht mit Steinen, sondern mit einem glatten, hellen Lehm bedeckt waren. Kaum hatte ich das Boot verlassen, bückte sich Christian, nahm eine Hand voll und schleuderte sie mir ins Gesicht. Ich schrie auf und warf einen Ball aus weichem Lehm zurück. Doch Christian hatte sich gebückt, und ich traf stattdessen Judith direkt am Rücken. Sie drehte sich um, und innerhalb weniger Minuten waren wir alle in eine grandiose Lehmballschlacht verwickelt. Sogar die Fayu machten mit. Wir hatten so viel Spaß an diesem Tag.
    Oft noch kehrten wir zu diesem geheimnisvollen Ort zurück und nannten ihn von diesem Tag an unseren Sonntagsfluss.

Mein Bruder Ohri
    E r war ungefähr acht Jahre alt, gelähmt und zog sich mit den Armen über den Boden, um sich fortzubewegen. Mein Herz schmolz, als ich ihn das erste Mal sah. Er war so dünn und schwach, seine Beine gekrümmt und nur noch Haut und Knochen. Seine Eltern waren während eines Krieges vor seinen Augen getötet worden. Jetzt lebte er mehr schlecht als recht bei einer anderen Familie.
    Wir nahmen Ohri zu uns auf, gaben ihm zu essen und kümmerten uns um ihn. Er begann Mama schnell wie seine eigene Mutter zu lieben, kroch über den Boden, um sie zu umarmen, und wich nicht mehr von ihrer Seite. Und schon bald wurde er immer stärker. Er lernte, mit Hilfe eines Stockes auf seinen krummen Beinen zu stehen, sogar ein wenig zu laufen. Wir beobachteten diese Fortschritte mit Begeisterung, es war wie ein Wunder.
    Er verbrachte viel Zeit mit uns; über die Jahre wurde er wie ein Bruder für uns Kinder, wie ein Sohn für Mama und Papa. Und eines Tages, als wir aus Danau Bira zurück ins Dorf kamen, stand er auf. Mit einem stolzen Strahlen im Gesicht lief er ohne die Hilfe eines Stockes auf uns zu. Wir freuten uns alle so sehr für ihn.
     
    Ein Jahr später, ich machte gerade mit Christian ein Feuer, kam Ohri aus dem Urwald. Wir hatten uns schon Sorgen um ihn gemacht, weil wir ihn allzu lang nicht mehr gesehen hatten.
    An und für sich war dies nichts Ungewöhnliches. Wann immer wir in Danau Bira waren, gingen die Fayu zurück in den Urwald, wo jede Familie etwa vier Hütten hatte. Traditionell lebten sie jeweils drei bis vier Monate lang in einer Hütte, bis der Vorrat an jagdbarem Wild und essbaren Pflanzen im Umkreis aufgebraucht war. Dann zogen sie weiter zum nächsten Haus, und bis sie wieder beim ersten ankamen, war ein Jahr vergangen, und die Natur hatte sich erholt – eine unschlagbar ökologische Lebensweise. Wenn wir dann zurück ins Dorf kamen, flog der Hubschrauber erst einmal einen großen Bogen über das ganze Fayu-Gebiet. So wussten die Fayu, dass wir zurück waren, und wer wollte, kam nach Foida, um mit uns zu leben.
     
    Aber diesmal war unsere Sorge berechtigt: Ich warf einen Blick auf Ohri, schrie sofort nach Mama und eilte zu ihm. Er fiel auf den Boden, geschwächt von hohem Fieber. Ich wollte ihm aufhelfen, doch ich wusste nicht, wo ich ihn anfassen sollte: Seine ganze Brust war eine einzige riesige entzündete Stelle, über die eine dicke Schicht von grün-grauem Pilz gewachsen war. Die Fayu hatten ihn einfach im Urwald liegen lassen und für tot erklärt.
    Mama kam zu uns gerannt und half Ohri

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