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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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schuldige Roma auf dem Silbertablett und ein großer Unbekannter, der sich in Luft auflöst.«
    »Halten Sie das Ganze jetzt für einen Komplott gegen die Roma?«, witzelte Pasquali. »So wichtig sind die nun auch wieder nicht, dass man ihretwegen eine ganze Mordserie anzetteln würde.«
    »Lassen wir die Roma mal beiseite. Es könnte sich doch auch um einen Serienmörder handeln, der seinen Opfern Buchstaben einritzt. Erst ein R, dann ein E. Vielleicht schreibt er ja ein ganzes Wort.« Der Polizeipräsident wirkte ratlos.
    »Es gibt aber auch große Unterschiede zwischen den beiden Verbrechen«, sagte Pasquali.
    Balistreri beschloss, ihn weiterreden zu lassen und nicht zu widersprechen.
    »Gerade im Modus Operandi«, fuhr Pasquali fort. »Samantha wird von Unbekannten überfallen und vergewaltigt. Nadia steigt zu einer Person, die sie kennt, ins Auto und hat freiwillig Sex mit dem Schäfer. Vorausgesetzt, die Autopsie bestätigt, dass sie nicht vergewaltigt wurde.«
    »Es gibt noch einen weiteren gravierenden Unterschied«, ergänzte Balistreri. »Samantha ist eine italienische Studentin und Nadia eine rumänische Prostituierte.«
    »Genau«, stimmte Pasquali zu. »Möglicherweise haben die beiden Fälle gar nichts miteinander zu tun und die Buchstaben sind reiner Zufall. Oder die drei Roma aus dem ersten Fall kannten diesen Vasile und haben ihm vor ihrer Verhaftung erzählt, wie sie das Mädchen misshandelt und eingeritzt haben. Und er hat sie nur imitiert.«
    Balistreri schüttelte den Kopf. »Vasile ist seit September in Italien, und die anderen drei sitzen schon seit August.«
    »Wenn ihr Vasile in die Mangel nehmt, werdet ihr schon merken, ob er sich alles ausgedacht hat«, sagte Pasquali entschieden. »Die Geschichte mit dem verliehenen Auto klingt wie ein Märchen. Er hat Nadia mitgenommen, weil er Sex wollte, und anstatt sie zu bezahlen, hat er sie in den Brunnen geworfen. Ende.«
    »Wenn nur nicht das eingeritzte E auf ihrer Stirn wäre«, ließ Balistreri nicht locker.
    Pasquali stand auf. »Am frühen Nachmittag gibt es eine kurze Pressemitteilung ohne Erwähnung des eingeritzten Buchstabens. Der Fall ist eindeutig, da gibt es nicht viel zu schreiben. Eine rumänische Prostituierte, ein Roma, der Schafe hütet. Alles, was wir brauchen, um den Fall offiziell abzuschließen. Und inoffiziell ermitteln wir im Fall Samantha weiter.«
    Eine intelligente Lösung. Damit konnten sie durchkommen, wenn die Buchstaben geheim blieben.
    Und wenn der Mörder zu Ende geschrieben hatte.
    Corvu hatte Piccolo angerufen und ihr von Nadia erzählt, und sie hatte es Rudi gesagt. Der hatte lange vor sich hin geweint und ihr weiterhin Umschläge gemacht.
    Sie lag im Jogginganzug auf dem Sofa. Das Fieberthermometer zeigte über neununddreißig Grad an. Im Wohnzimmer ihrer kleinen Zweizimmerwohnung war es sehr warm, und da Rudi der Ansicht war, dass das nicht gut für sie sei, öffnete er ein Fenster, um kühle Luft hereinzulassen.
    Nachdem er ihr frische Alkoholumschläge auf Stirn, Handgelenke und Fesseln gelegt hatte, sagte er: »Ich presse dir noch einen Orangensaft aus.« Seit Piccolo in diesem fürchterlichen Zustand nach Hause gekommen war und er sich um sie kümmerte, war ihr Umgang vertraulicher geworden.
    »Du hast mir doch schon zwei gemacht.«
    »Du musst viel trinken. Du brauchst Flüssigkeit und Vitamine.«
    »Ich habe deine Linsen gar nicht probiert«, sagte sie schwach.
    »Und die schöne Wurst auch nicht. Zu den Linsen gibt es nämlich Cotechino. Aber wenn es dir heute Abend wieder besser geht, kannst du …«
    »Ich habe Mist gebaut. Zwei Abende hintereinander habe ich nichts als Blödsinn angestellt.«
    »Aller guten Dinge sind drei. Aber heute gehst du nicht vor die Tür. Wenn du wieder Unsinn machen willst, dann zu Hause.«
    Sie hörte da eine klitzekleine Anzüglichkeit heraus und stellte überrascht fest, dass ihr das gar nicht so unangenehm war.
    Von draußen sickerte die matte, graue Morgendämmerung herein. Piccolo wollte kein Licht, ihr taten die Augen weh. Rudi hatte sich vors Sofa gehockt. Er trug keinen Pferdeschwanz, und so fand sie ihn noch hübscher, ein zierlicher, ritterlicher Engel, wenngleich ein wenig ängstlich.
    »Wenn du etwas weißt, Rudi, musst du es mir sagen. Hilf uns herauszufinden, wer Nadia das angetan hat.«
    Er zitterte und schüttelte den Kopf. Im Halbdunkel der Wohnung hörte man zaghafte erste Geräusche nach den Ausschweifungen der Silvesternacht. Stühlerücken in der Wohnung

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