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Du bist zu schnell

Titel: Du bist zu schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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das kann doch nicht der Sinn des Ganzen sein.
    -Aber ich habe Angst, sagte sie, Und ich will sichergehen, daß unserem Kind nichts passiert.
    Abonnements von »Stiftung Warenteste, >Schrot & Korn< und >Öko-Test<, Einkäufe im Naturkostladen, stirnrunzelndes Nachfragen, ob dieser Käse oder jener Saft für das Baby schädlich sein könnten, Horoskope, Fußreflexzonenmassagen und die Wahl der richtigen Hebamme - es gab keine anderen Themen mehr, und ich wurde langsam müde davon, verschwand sogar unter der Woche und renovierte den Hof.
    Anfang Dezember hatte ich das Erdgeschoß fertig, einen Kamin eingebaut und die Wasserleitung neu verlegt. Die Heizung und die Böden in den oberen Stockwerken wollte ich bis zum Jahresende erledigen. Als ich nach Hause kam, fand ich ein Bahnticket auf dem Küchentisch.
    —    Du fährst weg?
    Ich wußte, ich klang enttäuscht. Jenni hatte darüber gesprochen, für eine Woche Pause zu machen und auszuspannen. Wieso, fragte ich mich, kann sie nicht mit mir Pause machen und ausspannen?
    Wir sahen uns mehr oder weniger zufällig. In den zwei Monaten vor Weihnachten hatte ich eine Menge in den Kinos zu tun, und Jenni tanzte nach der Pfeife der Produktionsfirma. Meistens begegneten wir uns spät am Abend und waren dann so müde, daß wir beim Sex einschliefen. Wir lachten darüber und nahmen es leicht. Wir wollten ja auf den Hof ziehen und unserem Baby ein wenig Idylle bieten.
    -Val hat mich eingeladen, antwortete Jenni aus dem Wohnzimmer.
    Ich ging hinüber. Sie lag mit einem Buch auf dem Sofa. Ich blieb im Türrahmen stehen.
    —    So schnell?
    Jenni hatte ihre alte Freundin vor zwei Tagen übers Internet ausfindig gemacht. Es wunderte mich, daß sie nicht schon vorher auf die Idee gekommen war. Es gab wohl für jeden Menschen eine bestimmte Zeit, jetzt war wieder Zeit für Val.
    —    Sie braucht Hilfe, sagte Jenni und klopfte neben sich auf das Sofa, Deswegen dachte ich mir, ich fahre morgen und bleibe bis zum Wochenende bei ihr. So spontan, weißt du. Es sind ja nur ein paar Tage. Du hättest hören sollen, wie sehr sie sich am Telefon gefreut hat. Sie wohnt in Kassel.
    —    In Kassel, wiederholte ich lahm, als hätte ich den Namen noch nie gehört. Ich setzte mich zu Jenni. Kassel klang wie das Ende der Welt.
    -Was ist mit dem Dreh am Kanal, ich dachte, das dauert noch.
    —    Sie brauchen mich nicht wirklich, ich habe die Woche freibekommen.
    —Ach.
    Ich wußte, ich sollte nicht so ein Gesicht ziehen. Ich fand es schon immer schwer, Enttäuschungen zu verbergen.
    —Theo, sag Hallo, Mama und küß mich.
    Ich sagte Hallo, Mama und küßte sie und wollte wissen, ob sie wiederkommen würde.
    Jenni lachte los.
    Ich weiß nicht, wie ich auf den Gedanken kam, sie nicht mehr wiederzusehen. Vielleicht war es eine Vorahnung oder reine Unsicherheit. Seitdem ich Jenni kannte, ließ mich diese Angst vor Verlust nicht los. Wahrscheinlich hat das jeder, wenn er glaubt, den richtigen Menschen gefunden zu haben. Oft zog sich mir mitten am Tag der Magen zusammen, und ich mußte Jenni anrufen. »Alles okay bei dir?« hatte ich dann gefragt. »Natürlich«, war ihre Antwort gewesen.
    —Was ist das für eine Frage? sagte Jenni und zog mich über sich wie eine Decke, Natürlich komme ich wieder. Wo soll ich denn sonst hingehen?

MAREK
1
    — Sitzt du schon lange hier?
    Es ist nett, daß er das Licht nicht anmacht. Ich sitze in der Küche am Fenster und warte, daß es hell wird. Erst lag ich mit Val auf dem Sofa, war aber zu unruhig und zog mich wieder an. Seitdem sitze ich hier amTisch, trinke kalte Milch und schaue auf den Hinterhof.
    —    Fast alle Zimmer, in denen ich in letzter Zeit bin, gehen auf Hinterhöfe hinaus, sage ich.
    Theo reagiert darauf, indem er aus dem Türrahmen verschwindet. Das Licht im Flur geht an. Ich warte und denke mir, daß man nicht jeden mit solchem Zeug vollquatschen sollte. Die Spülung rauscht, das Licht geht aus, dann ist Theo wieder da. Er setzt sich mir gegenüber an den Tisch, zieht die Milch zu sich und nimmt einen Schluck aus der Packung.
    -    Keine Ahnung, was Hinterhöfe zu bedeuten haben, sagt er, Aber ich würde das nicht überinterpretieren.
    Ich kann in der Dunkelheit seine Augen nicht erkennen. Die Konturen verwischen, über die Wände bewegen sich Dinge, die nicht da sind. Ich beobachte das schon seit über einer Stunde. Immer, wenn ich blinzle, verschwinden sie. Je länger ich starre, um so mehr Dinge sehe ich über die

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