Du Durchschaust Mich Nicht
Leben zu beeinflussen und Wirkungen voller Wunder zu erreichen. Seitdem hat sich vieles verändert in der Welt der Magie, wir modernen Illusionskünstler können und müssen auf technische Vorrichtungen zurückgreifen, wenn wir unser Publikum begeistern wollen. Denn natürlich sind die Menschen heute skeptischer und viel weniger verführbar als in früheren Zeiten. Was dagegen in vielem gleich geblieben ist, sind die Fähigkeiten, die ein Magier mitbringen beziehungsweise die er sich anlernen muss, wenn er Illusionen schaffen will.
Auch dem Begriff »Magier« kann man frühe Wurzeln zuweisen. Er stammt aus dem Persischen und bezeichnete altiranische Priester, die mit Hilfe von Ritualen und Beschwörungsformeln übernatürliche Wesen, wie Engel und Dämonen, ansprachen. Die beschworenen »höheren Mächte« sollten Unglück von den Menschen abwehren, ihnen zusätzliche Kräfte verleihen und das Glück vermehren. Diese Priester waren aber nicht nur für den Glauben bzw. die Religion, sondern auch für das Wissen zuständig – darin sah man damals noch keinen Widerspruch.
Nicht nur die Priester der Ägypter, auch die der griechischen Antike etwa arbeiteten gleichzeitig als Ärzte, Naturforscher oder Philosophen. Sie waren richtig erfinderisch und konstruierten Apparate, die ihnen halfen, das Volk von der Macht der Götter und natürlich auch von ihrer eigenen Größe zu überzeugen: Wie von selbst öffneten sich die Tempeltore, und Wein floss wie von Geisterhand aus einem Gefäß in den Händen einer Statue.
Astronomische Kenntnisse mögen den Priestermagiern geholfen haben, geheime Fensterschlitze in ihre dem Sonnengott geweihten Tempel einzubauen, durch welche dann die Sonne zu einer bestimmten Zeit auf eine bestimmte Stelle traf. Ich stelle mir vor, wie der Priester auf die Gläubigen, zu denen er mit mächtigen Worten spricht, herabschaut, um dann mit einer großen Geste auf die Statue des Sonnengottes zu zeigen, der im nächsten Moment hell erstrahlt. Was für eine Show!
Die Magie, die Gutes im Schilde führt und die praktiziert wurde, um Kranke zu heilen oder eine reiche Ernte zu beschwören, wurde »weiße Magie« genannt. Parallel entwickelte sich auch eine »schwarze Magie«, die negative Ziele verfolgte und für Rivalen und Feinde Unheil, Unglück und Verderben vorsah. Als dritte Form der Magie gab es Zauberkünstler und Taschenspieler, die ihre Profession allein zur Unterhaltung und zur eigenen Existenzsicherung betrieben.
Wir Magier waren und sind eine recht illustre Spezies; die meisten Profis befassen sich intensiv mit Psychologie, manche kennen sich sehr gut mit Physik und Chemie aus oder sind vertraut mit mathematischen Formeln. Fast alle guten Magier sind Tüftler und konstruieren neue Apparate, die sie für ihre Kunststücke benötigen. Ich selbst interessiere mich daneben auch sehr für neue Medien und versuche oft, ihre Möglichkeiten für die Zauberei zu nutzen. Das Beste ist, dass man als Illusionist nie auslernt; es gibt so viel zu entdecken, die Möglichkeiten für Tricks sind schier unerschöpflich.
Die Grundlagen sind dabei aber für alle gleich; viele haben als Kind mit ähnlichen Sachen angefangen und erst im Laufe der Zeit ihren eigenen Stil entwickelt. Zentral ist die Fingerfertigkeit, wenn man es in der Zauberei zu etwas bringen will. Wer zwei linke Hände hat, wird auch durch viel Übung keine Magie erschaffen können. Ein Magier muss zudem Talent haben – und Techniken kennen –, um andere Menschen in seinen Bann zu ziehen und ihre Aufmerksamkeit von dem einen ab- und zum anderen hinzulenken. Er agiert ähnlich wie ein Schauspieler; Gestik, Mimik und Sprache haben ihre ganz besondere Wirkung, über die wir Magier genau Bescheid wissen. Außerdem ist eine Illusion umso erfolgreicher, je effektvoller sie inszeniert ist und dargeboten wird, also ist ein gutes Gespür für eine passende Dramaturgie mehr als hilfreich. Und nicht zuletzt braucht man als Magier und Mentalist jede Menge Menschenkenntnis, um das Gegenüber richtig einzuschätzen.
Ich werde dir im Folgenden von der sonst geheimen Vorarbeit, heimlichen Handgriffen und geheimnisvollen Apparaten erzählen, von denen du als Zuschauer nicht mal etwas erahnen sollst.
Warum tut er das?, fragst du dich jetzt sicher. Gibt es nicht diesen Ehrenkodex unter Zauberern, dass man Laien niemals einen Trick oder ein Kunststück verraten soll? Doch, schon, aber macht diese Vereinbarung in der heutigen Zeit noch Sinn? Wie bereits
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