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Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Titel: Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Missfeldt
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der Föhrer Badewirthschaft wüßtest Du nicht viel; aber nach Süderoog kämen die Husumer im Sommer zu Schiffe; in Husum sei ja der gute Deichinspector gestorben. (Fürchtest Du Dich dadurch kenntlich zu machen, so schweig v. Husum); aber lies meine »Halligfahrt« aus irgend einer Leibibliothek, wenn nicht sonst woher; darin ist Süderoog beschrieben u. Paulsen’s Werfte. Du mußt Dich aber mit der Geographie von Föhr doch genau bekannt machen.
    Besser kann ein Geheimdienst seinen Spion nicht mit einer Legende versehen; nebenbei erweist sich der Brief noch als kleines Novellen-Übungsgelände.
    Von Erfurt über Heiligenstadt bei Onkel Otto erreicht Elsabe Wörth, aber nicht ohne die Wegzehrung und Ermahnung von Stiefmutter Doris: Meine liebe Ebbe, was sagst Du auch dazu, daß Du nun nach Bayern zu Hans und Lute sollst? Hier wollte ich Dich bitten reise nicht ins Blaue hinein bis Du von Hans die Reiseroute hast. Und meine Ebbe gefellt Dir auch Manches nicht, so ganz in Wörth, hat Lute auch viel zu klagen, schreibe so zu Hause, daß Vater nicht wieder […] so in Kummer und Sorge gestürzt würde.
    Elsabe trifft im März in Wörth ein. Mein Herz konnte doch nicht widerstehen, das zu gestatten, meint Storm fadenscheinig in einem Brief an Heinrich Schleiden. Auch sie kann Lucie nicht aus ihrer Not erlösen, sie muss die Not mittragen. Da Lucie von ihrem Vater nur abschlägige Bescheide erhalten
hat, da sie ihren Vater nicht mit schlechten Nachrichten noch bekümmerter machen darf, schreibt sie – Elsabe ist eingeweiht – an Paul Heyse nach München. Heyse ist nicht nur Storms Liebling, sondern die übrige Familie schwärmt ebenso für ihn.
    Verehrter Herr! Sie werden sich gewiß wundern aus einem versteckten Winkel in Unterfranken einen Brief zu erhalten und wahrscheinlich denken, daß es irgend ein überlästiger Verehrer, oder eine Verehrerin ist, welche Sie um einen Autographen anflehen. Wenn ich auch schon immer eine glühende Verehrerin Ihrer Sachen gewesen bin, so verstehe ich doch nicht, einem Dichter zu huldigen, besonders, da ich aus meinem eigenen Vaterhause weiß, daß solche Briefe oft in den Papierkorb wandern. Als eine Bittende komme ich zu Ihnen, Sie werden sich vielleicht noch erinnern, daß Sie mir damals in Hademarschen sagten »wenn ich französisch sprechen könnte, würde ich später vielleicht irgend eine Stellung in München als Gesellschafterin bekommen können.« Ich habe bisher, aber noch immer keine Gelegenheit gehabt französisch zu sprechen und kann es daher noch ebenso wenig wie damals, glaube aber doch daß wenn ich darauf angewiesen wäre, ich mich bald in die leichte französische Conversation hinein finden würde.
    Verehrter Herr, Sie haben einen großen Einfluß als berühmter Mann, und würden mich überglücklich machen, wenn Sie mir vielleicht zu irgend einer bescheidenen Stellung verhelfen können. Ich bin hier bei meinem Bruder, u habe Alles versucht und aufgeboten, ihn an’s Haus zu fesseln, aber um sonst, ich sehe nur wie ein talentvoller Mensch mit immer rascheren Schritten dem Abgrunde entgegen geht.
    Er geht Morgen’s fort, und kommt Abends betrunken zu Hause, ich habe sogar Mangel und Hunger gelitten, meistens Vater’s wegen bin ich geblieben, um dem alten Mann den Kummer zu ersparen seinen Sohn ganz und gar sinken zu sehen; aber es führt zu keinem Zweck meine Ehre duldet es nicht, länger hier zu bleiben.
    Ich muß allerdings so lange bleiben, bis mein Magenübel sich etwas gehoben hat, ich habe mir hier ein Magengeschwür zugezogen, woran ich schon ziemlich lange laborire, ein anderer Arzt den ich zugezogen hat mir jede Aufregung verboten, die hier natürlich unausbleiblich ist.
    Bitte theilen Sie meinem Vater nicht‘s von meinem Brief mit, und verzeihen Sie meine Unbescheidenheit, aber weil ich weiß, daß Sie ein Freund meines Vater’s sind, habe ich es gewagt, mich in meiner Noth an Sie zu wenden, obgleich [ich] weiß, daß ich in Hademarschen einen recht unangenehmen Eindruck auf Sie gemacht habe.
    Zu Hause mag ich nicht gehen, weil Mama mich nicht gern hat, und doch habe ich so viel Heimweh gehabt hier in meiner trostlosen Verlassenheit, daß es für mein ganzes Leben genug ist.
    Augenblicklich ist meine Schwester Elsabe hier, das ist mir ein rechter Trost, aber das macht auch keinen Eindruck auf meinen Bruder, seit 4 Wochen habe ich ihn Tag’s über garnicht mehr gesehen.
    Leben Sie wohl lieber und verehrter Herr, meine Schwester läßt auch bestens

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