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Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Titel: Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Missfeldt
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Theodor Storm-Feier ist im Ganzen hübsch und würdig verlaufen.
    Die Anstrengungen dieses Tages gehen nicht spurlos am Dichter vorüber, ich bin bleichsüchtig und matt , schreibt er an Fontane vierzehn Tage nach dem Fest. Von vernichtendem Magendruck berichtet er Heinrich Schleiden. Hausarzt Dr. Brinken untersucht ihn wieder. Der scheint inzwischen von seinen Kollegen Aemil Storm und Ludwig Glaeveke einbezogen worden zu sein; auch er hält sich nun an das »Aneurysma«. Nierenstein-Koliken quälen den zu Tode Erkrankten wieder. Der »Schimmelreiter« kommt trotzdem voran. Storm besucht den Deichinspektor Eckermann in Heide und lässt sich von ihm über Deich- und Wasserbau unterrichten. Dessen Tochter, eine begabte Zeichnerin, kopiert ihm Landkarten vom Nordseeküstenland.
    Weihnachten 1887 erlebt Storm noch einmal in gewohnter Weise. Der Mährchenzweig hängt in der zwölf Fuß hohen, Lametta geschmückten Tanne im Weihnachtszimmer. Es geht mir nicht gut , schreibt er an Heinrich Schleiden und: Von den drei auswärtigen Kindern waren Kisten und Briefe da. Zur letzten »Storm-Saison« fährt er zum ersten Mal über die neue Eisenbahnbrücke, die bei Friedrichstadt die Eider überquert. In Husum fühlt er sich leidlich wohl, was indeß nicht heißen soll, daß sich das zu Endegehn nicht allmählich vorbereitet, schreibt Storm am 11. Februar an Paul Heyse. Zu seiner Freude erlebt er den alten Chor, in dem nun sechzig Sänger mitwirken, und er dirigiert wieder einmal selber. Der Verein heißt selbstverständlich jetzt: »Th. St.‘s Verein für gemischten Chor« . Gedanken an den Rückzug nach Husum gehen ihm wieder durch den Kopf, nicht zuletzt deswegen, weil er Sohn Ernst, den herrlichen Menschen, ganz nahebei hätte; der hat sich jetzt in Husum fest eingerichtet mit seiner Kanzlei, drei Schreibern und demnächst noch einem Referendar. Lockung ist auch Storms neue Ehrenbürgerschaft von Husum, weil er glaubt, dadurch von den Kommunalsteuern befreit zu sein. Da irrt er.
    Am 9. Februar notiert Storm in sein Braunes Taschenbuch: Heute Vormittag 11 Uhr den »Schimmelreiter« beendet, heut Abend 5 Uhr ihn als Wertsendung von 3000 M. zur Post gebracht . Ob das der Grund ist für eine opulente Abendgesellschaft von 18 Personen, die von den Storms für den 27. Februar eingeladen werden? Trotz aller Todesahnung und Schwäche lebt Storm noch seinen gewohnten Alltag. Er hat schon die ersten Seiten zu einem neuen Stück »Das Armesünder-Glöcklein« niedergeschrieben, zu dem der Keim während meiner Krankheit in meine Seele fiel, schreibt er am 16. Februar an Erich Schmidt. Er vergisst nicht, seine Kinder von Hademarschen aus zu beaufsichtigen und zu lenken. An seine fünfundzwanzigjährige Tochter Elsabe, die eine Bahnreise zu Freunden nach Klingenberg am Main unternimmt und in Aschaffenburg die Zugfahrt unterbrechen will, geht diese Rüge am 19. März 1888: Uebrigens hättest Du, mein liebes Kind, die Kosten deiner Reise mit Hülfe des Cursbuches oder guter Freunde berechnen müssen; denn es ist unvernünftig, so etwas zu unternehmen, ohne daß man sich zuerst fragt: was kostet das? Thu dergleichen nicht wieder; es kränkt mich sehr, u. ich werde krank von unnützem Aerger .
    Seinen letzten Frühling erlebt Storm noch einmal in vollen Zügen: Es kommt ein wundervoller Frühling; in meinem Garten schlägt die Nachtigall, so hebt er an in seinem Brief an Heinrich Schleiden am 1. Mai, winkt dann aber ab: dazu eine Verdauungsschwäche, wie kein Mensch sonst in Europa . Erstes Echo meldet sich zum »Schimmelreiter«, der in zwei Folgen in der »Deutschen Rundschau« erscheint. Erich Schmidt staunt über die Wucht und Größe dieser Novelle. Ein gewaltiges Stück (…) Wer machte dir das nach, meint Paul Heyse einen Tag später. Und Heinrich Schleiden antwortet: Wer noch so magisch-tragisch wie Du seinen Schimmel aufzäumen kann, … .
    Das Sterben hat längst begonnen. Storm pflanzt alte Obstsorten in seinem Garten. Wilhelm Petersen, mit dem er seit dem Geburtstag per Du ist, schickt Enzian aus Brixen. Er ist auch in Zürich gewesen bei Gottfried Keller. Wenn man ihn kennt, muß man ihn liebhaben wegen seiner einfachen, zarten und rührenden Herzlichkeit, welche wenig Worte macht, aber um so gründlicher wirkt, schreibt er in seinem letzten Brief an Storm am 12. Mai 1888.
    Waldkauz und schwarzer Kater erscheinen als Todesboten, Storm klagt über Nachts u. Tags folternde Gase, Herzklopfen, Athemnoth, daß ich aus dem Garten

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