Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen
Endes tatsächlich auch Unfähigkeit entwickeln, die sein persönliches Wachstum bremsen.
Aber welches Potenzial ergibt sich daraus im Umkehrschluss! Schon Erasmus von Rotterdam sagte, dass der erste Schritt zum Lernen die Liebe zum Lehrer sei. Daraus ergibt sich eine Lernkultur, die vermittelt, dass jeder gebraucht wird, dass in jedem etwas ganz Besonderes steckt. Deshalb werden alle bestmöglich gefördert und vorangebracht, niemand wird gedemütigt und zurückgelassen. Das ist ein Umfeld, welches stärkt und ermutigt. Wenn also Lehrer glauben, sie hätten es mit einer nach Intelligenz vorausgewählten Schülerschaft zu tun, dann fördern sie willkürlich die Bevorteilten und vernachlässigen vorsätzlich die Benachteiligten. Und das Schlimme daran, die Benachteiligten haben gar keine Chance, diesem Dilemma zu entkommen. Sie müssen sich mit der ihnen angedichteten Blödheit arrangieren.
Will man Schüler zum Erschließen der Welt befähigen, dann ist Schubladendenken äußerst kurzgedacht. Dadurch werden nur die Schüler abgeschrieben, die nicht ins System passen, in welches auch immer. Schule muss jedoch lernen, mit der Verschiedenartigkeit umzugehen, und da sind wir dann wieder bei wirtschaftlichem Denken: Nur wer Hindernisse abbauen kann, das Leben aus den unterschiedlichen Perspektiven begreifen mag, zwischen Sonne und Regen noch andere Wetterphänomene erkennen kann, der wird neugierig die Welt erkunden und aus der Fülle des Lebens schöpfen können. Schubladendenken verhindert jegliches Wachstum. Deshalb brauchen junge Menschen Vorbilder, die ihnen vermitteln:
»Hey, in dir steckt was! Lass es uns herausfinden und etwas draus machen!« Sie brauchen keine Gesprächspartner, die ihnen Anweisungen geben, sich durchsetzen und davon ausgehen, es sowieso besser zu wissen. Lernen ist eine gemeinschaftliche Entdeckungsreise auf Augenhöhe. Der Spruch »Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr« gehört in die Mülltonne, denn Lernen ist ein lebenslanger Prozess, der erst auf dem Friedhof endet.
Schule prägt uns lebenslang
Bei den allermeisten menschlichen Interaktionen im Leben ist uns als Erwachsene gar nicht klar, wie sehr uns darin einst das Elternhaus und die Schule geprägt haben. Umso wichtiger ist es deshalb, immer wieder daran zu erinnern, welch riesige Verantwortung der Schule beim Sozialisierungsprozess zufällt. Sie prägt mitunter lebenslang unser Denken. Verrückte Erlebnisse hinterlassen ihre Spuren.
PRAXISBEISPIEL ______________________________________
Eines Tages stand ein Lehrer in der Schulmensa an der Essensausgabe und wunderte sich, dass sich zur Mittagszeit kaum ein Schüler dort aufhielt. Er erfuhr von den dort arbeitenden Damen, dass die Mensa an diesem Tag nur für die Schüler geöffnet habe, die ein warmes Essen bestellt hätten. Der ansonsten übliche freie Verkauf bliebe aus erziehungsmaßregelnden Gründen geschlossen. Der erste April wäre nämlich von einigen Schülern dermaßen scherzhaft begangen worden, dass in der Mensa mit Fäkalien aus der Jungentoilette »Ball gespielt« wurde. Der Unrat hätte auf den Tischen, Stühlen und dem Fußboden herumgelegen. Die Jungentoilette war ohnehin ständig ein Stein des Anstoßes: Es sah dort häufig
verdreckt aus, und die Kids fotografierten mit Vorliebe die Hinterlassenschaften mit ihrem Handy und erfreuten sich an dem Ekel. Demzufolge war das »Scheiß«-Spiel in der Mensa nur eine Steigerung und Fortsetzung von zweifelhaftem Spaß.
Schnell waren die beteiligten Schüler entlarvt. Den meisten gelang es, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Am Ende blieben zwei Haupttäter übrig. Einer von ihnen konnte sich auch noch aus der Verantwortung stehlen, weil er eine starke Lobby hinter sich wusste, die für ihn sprach und ihn beschützte. Es blieb schließlich an einem ganz allein hängen, für den sich im entscheidenden Moment keine Fürsprecher fanden. Er galt zudem als verhaltensauffällig, und es stellte sich heraus, dass er der Sohn eines Schulmitarbeiters war. Dieser Junge sollte nun eine Anzeige wegen Sachbeschädigung erhalten.
Wie ging die Schule ansonsten mit dem Vorfall um? Den Dreck mussten die Putzfrauen beseitigen. Der Verkauf von Süßwaren und Snacks wurde für einen Tag gestoppt. Es gab von der Schulleitung eine allgemeine Durchsage an die Schüler mit folgendem Text: »Liebe Schülerinnen und Schüler, wir wissen, ihr seid nach acht Wochen Schulbetrieb schon sehr belastet. Bis zu den Osterferien sind es noch
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