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Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen

Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen

Titel: Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina L'Habitant
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drei Wochen. Haltet doch bitte durch und achtet darauf, dass ihr die verbleibende Zeit noch ohne Störung über die Bühne bringt. Die Mensa muss leider heute geschlossen bleiben.« Im Lehrerzimmer wurden die Lehrkräfte aufgefordert, sie mögen doch besser darauf achten, dass die Schüler nicht ihr Unwesen trieben.
    Einen Tag später ging eine Lehrerin zur Schulleitung und bat im Auftrag einiger Schülermütter um Nachsicht für den »armen« Kerl. Man könne ja gar nicht wissen, ob er nicht angestiftet worden sei, ob er vielleicht gemobbt worden wäre. Dann wäre es doch total ungerecht, wenn man ihn allein zur Verantwortung ziehen würde. Wenn man nun seine eh schon beschwerliche Schulkarriere zusätzlich mit Bestrafung belasten
würde, dann fiele das doch auch auf die Erwachsenen zurück, wenn er nicht mehr die Kurve bekäme.
    Fazit: Der Junge bekam zu hören: »Mach das bitte nicht wieder!« Und schon war die Angelegenheit unter den Teppich gekehrt. Alle Täter kamen ungeschoren davon. Niemand wurde mehr belangt: Niemand musste für die Folgen seines Handelns einstehen, alle Übeltäter waren folgenlos entkommen, die erziehenden Personen drückten sich vor konsequentem Handeln und den anderen Schülern wurde überhaupt nicht vermittelt, welche Tragweite ungebührliches Verhalten hat und welche Folgen eigentlich angemessen gewesen wären. Gleichzeitig relativierte man von oberster Stelle die Ereignisse und entschuldigte sich sogar noch vor der ganzen Schülerschaft, dass Schule für sie so anstrengend sei. Was noch an Unannehmlichkeiten übrig blieb, wurde auf die Lehrer und die Putzfrauen abgewälzt, von denen am wenigsten Widerstand zu erwarten war.
    Was lernten die beteiligten Personen im geschilderten Beispiel bezüglich Respekt, Würde und Eigenverantwortung? Nichts! Die Verursacher lernten: Wir müssen nur die richtigen Fäden ziehen und im schlimmsten Fall dann auch einmal lange genug stillhalten und auf die Tränendrüse drücken.
    Die Schülermütter sind jeglicher Auseinandersetzung ausgewichen und haben eine Lehrerin beauftragt, bei der Schulleitung ein gutes Wort einzulegen. Sie möchten geliebt werden, und dafür gibt es nur einen Weg: Es müssen Gründe gefunden werden, die die Jungen entlasten.
    Die Schulleitung will am liebsten alles ignorieren, deshalb beugt sie sich verständnisvoll dem Elternwillen: Die »Ermahnung« ist vielmehr ein nach allen Seiten offenes Lippenbekenntnis, denn die Angst sitzt zu tief, dass negative Elternreaktionen
den schönen Schulfrieden trüben könnten. Dann lieber Verantwortung auf diejenigen abwälzen, die man gegebenenfalls immer wieder zur Verantwortung ziehen kann: die Lehrer. Die sollen es gefälligst richten. Nur wie, das sagt ihnen keiner. Stellt sich nämlich ein Lehrer tatsächlich seiner erzieherischen Aufgabe und achtet konsequent darauf, dass ein Schüler Grenzen einhält und verantwortlich handelt, dann muss er mit Widerstand von Eltern- und Schülerseite rechnen. Statt dass er dann von der Schulleitung Unterstützung erfährt, fällt diese ihm in den Rücken und er bekommt vielmehr zu hören, er möge sein Verhalten so anpassen, dass er niemanden brüskiert. Kein Wunder, wenn sich die Lehrer dann mit einer nach allen Seiten offenen Haltung aus der Schusslinie ziehen wollen. Nehmen die Schüler dann aber ihre Lehrer irgendwann nicht mehr ernst und treiben ihren Schabernack mit ihnen, dann muss sich der Lehrer anhören, er käme seiner Sorgfaltspflicht nicht nach. Der Lehrer kann hier eigentlich nur noch resignieren oder sofort aus der Schule flüchten: Er wird nie Anerkennung und Wertschätzung ernten. Er wird am Ende feststellen, dass er eine Illusion gelebt hat, er wollte Ideale pflanzen, nur den Acker dafür, den hat er falsch gewählt. Und weil er das nicht sehen will, darf und kann, flüchtet er in den Burnout und klagt über die bösen Eltern, Schüler und Bildungspolitiker.
    Und was ist mit dem schwächsten Glied in dieser Kette, den Putzfrauen? Die fügen sich in ihr Schicksal, wohl wissend, dass sie einen wirklichen »Scheiß«-Job ausüben müssen und im Billiglohnsektor jederzeit austauschbar sind.
    Nach außen sind offenbar alle zufrieden, der Vorfall scheint schnell gelöst worden zu sein. Aber im Inneren der Menschen sieht es etwas anders aus: Am meisten freuen sich die Schüler, die nicht zur Verantwortung gezogen wurden. Sie haben eine neue Lektion gelernt: erkennen, wie andere ticken, und das
ausnutzen. Sie erfreuen sich an ihrer Macht,

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