Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen
einer Klasse mit 30 Schülern ist jedoch etwas ganz anderes als mit ein oder zwei Kindern daheim. Im häuslichen Umfeld sind es zahlreiche Kinder gewohnt, dass ihnen alles abgenommen und jeder Wunsch von den Augen abgelesen wird, dass sie ihre Eltern nahezu beherrschen können. Sie stehen mitunter derart verzärtelt im Mittelpunkt, dass manche Eltern dann die Klagen über die Schule als eine Bedrohung an Leib und Seele für ihr Kind wahrnehmen. Und der ein oder andere mag darüber hinaus die
Gelegenheit willkommen heißen, sich endlich mal vor den eigenen Kindern profilieren zu können: »Pass auf, der Papi, der knöpft sich deinen Lehrer vor und zeigt ihm mal, wo es langgeht!« Dann geht es gar nicht mehr um das Wohl des Kindes, es geht darum, Macht zu beweisen. Eltern, die in diesen Situationen ihren eigenen Schulfrust abarbeiten und sich vor ihrem Kind aufspielen, sind mit verantwortlich dafür, dass Schule ihren Auftrag nicht erfüllen kann. Es sind nicht nur die bösen Lehrer. Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass die »in Watte gehüllten« Kinder von heute die Arbeitsverweigerer von morgen sind. Die Heranwachsenden werden diese Schonzeit eines Tages auszubaden haben. Dann wird ein langer Leidensweg der Ent-Täuschung einsetzen, denn das Leben lehrt: Ernten kann nur, wer zu schuften gelernt hat.
Eltern müssen sich von dem Vorurteil lösen, Lehrer seien in der Regel inkompetent. Kompetenz wird durch Erfahrung erworben. Auch Lehrer haben das Recht, Fehler zu machen. Doch keiner wird sich trauen, Risiken einzugehen, wenn er stets den Dolch im Rücken spürt. Das Hauptproblem für die Handlungsverweigerung von Lehrern sehe ich in der mangelnden Unterstützung der Eltern.
Sie wollen Ihre Kinder gut vorbereitet wissen? Dann setzen Sie sich dafür ein, dass Ihre Schule gute Angebote macht. Sie kritisieren die Notengebung? Dann helfen Sie dabei mit, dass die Bewertungsmaßstäbe transparenter werden. Sie haben das Gefühl, Ihr Kind wird falsch beurteilt? Erkundigen Sie sich bei ihm, was es zu seiner Beurteilung beigetragen hat, und teilen Sie Ihre Beobachtungen dem Lehrer mit. Man erreicht nur etwas durch Austausch auf Augenhöhe. Fragen Sie, was getan werden muss, um die Note zu verbessern. Sie meinen, Ihr Kind lernt nichts in der Schule? Hospitieren Sie, verschaffen Sie sich auf diese Art ein eigenes Urteil vor Ort und fordern Sie gegebenenfalls Fortbildungen für die Lehrer, Workshops
für die Schüler. Laden Sie Wirtschaftsvertreter ein, die für Schüler Vorträge halten.
Mit Einsatz und Hartnäckigkeit kann man alles erreichen, nur nicht mit negativen Glaubenssätzen. Zur Durchsetzungsfähigkeit gehört auch, dass man seine Ziele hartnäckig verfolgt. Oder gehören Sie ebenfalls zu den Menschen, die lieber klagen und sitzen bleiben? Machen Sie sich bewusst, dass Sie Ihrem Kind mit Ihrem Verhalten die Steilvorlage liefern: Wenn Eltern ihren Kindern vorleben, dass Wünsche umsetzbar sind, dann werden auch die Kinder ihre Ziele erreichen wollen. Wenn Kinder sehen, wie Eltern aus Niederlagen das Beste machen, dann werden auch sie sich anstrengen.
Ein konstruktiver Umgang mit dem Leben macht Arbeit. Es ist natürlich bequemer, andere zu verurteilen, Lehrer hinterrücks beim Schulamt anzuschwärzen, Vorurteile zu bestätigen, und das am besten noch, ohne sein Gesicht zu zeigen. Das Ergebnis jedoch werden frustrierte und zutiefst verletzte Lehrer sein, die aus Angst resignieren. Das wiederum schafft verletzte Schüler und Eltern. Verlieren werden durch destruktive Verhaltensweisen alle. Effektiver ist es, den Blick auf die Aufgabe von Schule zu richten und zu erkennen, dass das Beste für die Heranwachsenden Beistand und Rückhalt zur tätigen Auseinandersetzung mit den Lebensaufgaben ist.
Das heutige Leben braucht eine neue Didaktik
Das Schulsystem selbst definiert im Schulgesetz den Bildungs-und Erziehungsauftrag der Schule: Ref 12
Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor der Würde des Menschen und Bereitschaft zum sozialen Handeln zu wecken ist vornehmstes Ziel der Erziehung. Die Jugend soll erzogen werden im Geist der Menschlichkeit, der Demokratie und der Freiheit, zur Duldsamkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des
anderen, zur Verantwortung für Tiere und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, in Liebe zu Volk und Heimat, zur Völkergemeinschaft und zur Friedensgesinnung.
Dies zeigt deutlich, wo der Auftrag der Schule heute liegen muss: Heranwachsende so zu begleiten, dass sie kompetent für
Weitere Kostenlose Bücher