Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen
die reale Erfahrung
machen, dass er noch lange keinen dicken Fisch angelt, nur weil er da mit all dem tollen Wissen und einer entsprechenden Bescheinigung ausgerüstet seine Angelrute auswerfen darf. Er wird erfahren, dass er manchen Nachmittag am Teich sitzt, um schließlich mit einem kleinen Rotauge als Beute heimzukehren, wo ihn alle schon freudig zur Grillparty mit selbst gefangenem Fisch erwarten. Er wird lernen, dass Denken und Arbeiten anstrengend ist, weshalb die meisten lieber über das Verhalten oder das Handeln anderer urteilen, als selbst etwas zu tun. Das Leben verlangt nicht nur Wissen, es verlangt uns vor allem persönlich viel ab.
Die Welt verändert sich – und mit ihr die Menschen
Wie sollen Lehrer eigentlich das vermitteln können, was man im Beruf braucht? Sie haben doch selbst nie etwas anderes als Schule erlebt. Von der Schule sind sie zur Schule zurückgekehrt. Sie haben den Elfenbeinturm nie verlassen, ihn lediglich aus zwei verschiedenen Perspektiven kennengelernt. Aber vom Berufsleben an sich – außerhalb der Schule – haben sie keine Ahnung. In diesem weltfremden Milieu leben auch die Schüler. Wenn sie schließlich die Schule verlassen, haben sie sich in erster Linie mit ihren narzisstischen Bedürfnissen auseinandergesetzt. Die konnten sie stets mit Mama und Papa im Rücken durchsetzen. So gelang es ihnen häufig, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen.
Doch das Leben draußen ist ein Haifischbecken. Nur derjenige wird erfolgreich sein, der sich auf die Veränderungsprozesse des Lebens einlassen, sie analysieren und entsprechend handeln kann. Bewältigt wird das Leben nicht durch die bloße Anhäufung von Fachwissen, sondern durch Erfahrung und durch die Bereitschaft, lebenslang zu lernen. Dabei müssen die eigene Zielvorstellung und das Selbstbild im Einklang sein. Wer sich an eine Aufgabe begibt und ständig
daran denkt, was alles schiefgehen könnte, der kann nicht erwarten, dass sie ihm gelingt. Er braucht ein unerschütterliches Selbstvertrauen, dass er es schaffen kann. Es wäre schön, wenn er diese Erfahrungen dann schon in der Schule hätte machen können, dass selbst gesteckte Ziele erreichbar sind.
Mehr denn je muss sich die Schule auf den rasanten Lebenswandel einstellen. Unsere Welt wird in hundert Jahren nicht mehr wiederzuerkennen sein. Nur der Mensch wird der alte bleiben. Durch die Globalisierung und das fortlaufende Zusammenwachsen der Märkte wird sich der auf Arbeitsplätze in aller Welt wirkende Wettbewerbsdruck verstärken. Eine sinnvolle, gute Bildung und die Fähigkeit, flexibel auf dem Arbeitsmarkt zu agieren, werden immens wichtig sein.
Dieser Aufgabe muss sich Schule stellen, indem sie auf den raschen Wandel angemessen reagiert. Das ganze Schulsystem, die Lehrer, wir alle dürfen den Bildungsauftrag der Schule nicht darin sehen, Altes zu erhalten, sondern wir müssen ihn darin sehen, die Heranwachsenden auf ihr weiteres Leben vorzubereiten. Und zwar mit dem Ziel, dass jeder sein eigener Chef sein könnte.
Ein Leben in Autonomie, losgelöst von der Bewertung anderer, in Liebe und Respekt vor der menschlichen Würde, das muss der große Erziehungsauftrag der Schule sein. Jeder, der lernen darf, dass er in sich wunderschönes Saatgut trägt, welches er nur fleißig düngen und pflegen muss, der wird wunderschöne Gärten produzieren, die in ihrer Artenvielfalt die ganze Welt zu einem Paradies erblühen lassen. Ein solches Leben erreichen wir, wenn wir bereits bei der Erziehung endlich den Menschen selbst in den Fokus rücken. Dazu bedarf es keiner neuen Gesetzgebungen und keiner neuen Schulerlasse, es bedarf eines neuen Erzieherverständnisses.
Der Lehrer, das unbekannte Wesen
Veränderung in unserem Schulsystem tut not – zumindest darin sind sich alle einig. Die Lehrer sind ein wichtiger Bestandteil dieses Systems. Was könnten sie zu seiner Veränderung beitragen? Wie müssten sie sich verändern? Um diese Fragen zu beantworten, ist es wichtig zu sehen, wer heute Lehrer wird und warum. Wie zukünftige Lehrer ausgebildet werden – und was schließlich mit diesen Menschen im Schulalltag geschieht.
Lehrer werden ist nicht schwer, Lehrer sein dagegen sehr. Der ehemals hoch angesehene Lehrerberuf hat enorm an Image eingebüßt: Fühlten sich früher noch viele zum Lehrerberuf »berufen«, meiden selbst die »Berufenen« heute das Lehramtsstudium. Basierten soziales Ansehen und Selbstbild des Lehrers unter Sokrates auf dem Typus, der
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