Du oder der Rest der Welt
heulen, wenn ich diesen Film gucke.«
»Ich hasse das Ende«, verkünde ich, als ich die DVD aus dem Player nehme und eine neuen einlege.
Mein Dad dreht sich um und sieht Carlos an. »Was soll ich sagen? Meine Frauen wollen ein Happy End.«
Meine Mom, die mit dem zu einem Pferdeschwanz gebundenem Haar beinah selbst wie ein Teenie aussieht, guckt meinen Dad an. »Was ist falsch an Happy Ends?«
»Sie sind nicht realistisch«, schaltet sich Carlos ein.
»Auf das Stichwort hin gehe ich ins Bett. Ich bin fix und alle«, sagt mein Dad, dann steht er vom Stuhl auf und streckt sich seufzend. »Diese alten Knochen halten nicht mehr bis nach Mitternacht durch. Ich sehe euch alle dann morgen früh.«
Meine Mom ruft ihm nach: »Ich komm auch gleich.«
Wir einigen uns, mit dem nächsten Film zu beginnen. Dieses Mal ist es ein Actionfilm, der bestimmt mehr Carlos’ Ding ist. Nach zehn Minuten gähnt meine Mutter. »Ich bin jünger als dein Vater, Kiara, aber ich kann auch nicht mehr lange nach Mitternacht aufbleiben. Ich gehe ins Bett.« Sie steht auf, um das Zimmer zu verlassen, aber bevor sie um die Ecke verschwindet, hält sie den Film an und hebt den Zeigefinger. »Vertrauen und Respekt.« Sie sagt diese wenigen, aber entscheidenden Worte, dann wirft sie Carlos die Fernbedienung zu und verschwindet.
»Deine Ma weiß, wie man die Stimmung killt«, beschwert sich Carlos.
Als wir die DVD weitergucken, werfe ich Carlos ein paar Mal verstohlene Blicke zu. Ich kann sehen, dass der Film ihm gefällt, denn er ist total entspannt, im Gegensatz zu seinem üblichen taffen Auftreten.
Einmal erwischt er mich dabei, wie ich ihn ansehe. »Möchtest du ein Wasser?«, fragt er.
»Au ja.«
Er verschwindet in der Küche, ein paar Minuten später kommt er mit zwei Gläsern eisgekühltem Wasser zurück.
Im Zimmer ist es dunkel bis auf den hellen Schein des Fernsehers. Carlos’ Finger streifen meine, als ich das Glas von ihm entgegennehme. Ich weiß nicht, ob er etwas gespürt hat, aber ich kann die Reaktion meines Körpers auf die sanfte Berührung seiner Hand nicht leugnen. Jetzt ist es nicht mehr wie heute Morgen nach dem Spiel, als alles nur Show war.
Er zögert, seine Augen blicken in meine. Es ist dunkel, wir sind allein, und ich würde nichts lieber tun, als ihm zu sagen, dass ich mich nach seiner Berührung sehne, mir wünsche, seine Hände auf meinem Körper zu fühlen, überall. Auch wenn er bereits gesagt hat, meine Mom habe die Stimmung gekillt.
Vertrauen und Respekt. Ich vertraue darauf, dass Carlos mir nicht körperlich wehtun würde. Aber was das Emotionale angeht, habe ich meine Zweifel. Sofort breche ich den Augenkontakt ab und hebe mein Glas an die Lippen, um das kalte Wasser zu trinken. Es ist die Notbremse, ich wäre sonst versucht, ihn zu bitten, mich erneut zu küssen, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen.
Schweigend lässt er seinen schlanken Körper zurück auf die Couch sinken. Unsere Oberschenkel berühren sich fast, und während der Film weiterläuft, kann ich an nichts anderes denken als an ihn.
Der Held ist in einem Lagerhaus mit einer wunderschönen Blondine gefangen. Er hat den Verdacht, sie könnte zu den Bösen gehören, aber er kann ihr nicht widerstehen und sie fangen an rumzumachen.
Carlos verlagert sein Gewicht, räuspert sich, dann trinkt er einen Schluck Wasser. Und noch einen. Und noch einen.
Ich frage mich, ob ihn die Szene an meine detaillierte Fantasie von vorhin erinnert. Ich hole langsam und tief Luft und versuche, mich auf den Film zu konzentrieren anstatt auf die Tatsache, dass unsere Knie sich jetzt berühren.
Eine Weile später werfe ich ihm einen Blick zu. Es sieht aus, als sei er eingeschlafen, aber ich bin nicht sicher.
»Carlos?«, frage ich vorsichtig.
Er öffnet die Augen, diese schwarzen unergründlichen Tiefen, die im Schein des Fernsehers leuchten. Sein Blick ist voller Leidenschaft und Verlangen. »Hm?«
»Bist du eingeschlafen?«
Er gluckst. »Nein. Weit davon entfernt. Ich habe nur versucht, mich davon abzuhalten, dich anzurühren.«
Der Film ist vergessen, ich schiebe meine Ängste beiseite und beschließe herauszufinden, wo das mit uns hinführen kann. Ich stehe von der Couch auf, um die Tür abzuschließen, damit wir unsere Privatsphäre haben.
»Du hast die Tür abgeschlossen«, sagt er.
»Ich weiß.«
Ich bin nicht so gut mit Worten, und wenn ich Anstalten machen würde, etwas zu sagen, würde ich wahrscheinlich stottern und die Stimmung ruinieren. Wenn
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