Du weckst mein Verlangen
einen sachlichen Ton anzuschlagen. „Wann wird denn die Heizung wieder funktionieren?“
„Gar nicht. Die Heizung ist völlig veraltet. Man muss alles neu machen, und das kann bei einem Haus dieser Größe Monate dauern.“
„Aber … aber das geht doch nicht. Cordelia kann hier doch nicht ohne Heizung wohnen.“
„Natürlich nicht. Sie werden mir wohl zustimmen, dass ich meine Großmutter unbedingt überreden muss, mit mir nach Italien zu kommen. Egal wie“, fügte er hinzu, nahm das Tablett und verließ die Küche.
Emma folgte ihm ins Wohnzimmer und schenkte den Tee ein. Es stellte sich jedoch heraus, dass Cordelia die Tasse weder mit der einen noch mit der anderen Hand halten konnte. „Warte, ich helfe dir.“ Emma empfand tiefes Mitgefühl. Die alte Dame versuchte verzweifelt, ihre Unabhängigkeit zu wahren, aber nach dem jüngsten Unfall würde sie wohl einsehen müssen, dass sie nicht mehr alleine zurechtkam.
Rocco ging zum Kamin, stocherte in der Glut herum und legte Holz nach. Er war froh, sich kurz abwenden zu können, um seine Emotionen wieder unter Kontrolle zu bringen. Die Vorstellung, seine nonna womöglich bald zu verlieren, erschütterte ihn zutiefst. Er musste blinzeln, da seine Augen plötzlich tränten. Sicher vom Rauch, sagte er sich.
Die Erinnerungen überwältigten ihn: Wie nonna ihn nach Gios Tod getröstet und ihm versichert hatte, dass der Unfall nicht seine Schuld sei. Einmal bekam er zufällig mit, wie sie Flora, seiner Mutter, ins Gewissen redete. Sie solle aufhören, ihm Vorwürfe zu machen. Es wäre schließlich die Aufgabe einer Mutter, sich um ihre Kinder zu kümmern. Sie könne nicht die Verantwortung auf einen Halbwüchsigen abwälzen. Nonna war schon immer seine einzige Vertraute und Verbündete und stets für ihn da gewesen. Und jetzt brauchte sie ihn – und er würde sie nicht im Stich lassen.
Rocco atmete tief durch und drehte sich um. Wie zartfühlend Emma mit nonna umgeht, dachte er. Mir gegenüber ist sie die reinste Furie, aber zu Cordelia ist sie wie ein Engel.
Die alte Frau betrachtete hilflos ihre Hände und sah dann hoch zu Rocco. „Eine schöne Bescherung, nicht wahr?“
„Stimmt. Aber glücklicherweise gibt es die ideale Lösung“, erwiderte er, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. „Emma ist einverstanden, mit nach Portofino zu kommen und sich um dich zu kümmern. Mit Holly selbstverständlich!“, fügte er schnell hinzu, als er sah, wie sich die Augen des Kindes entsetzt weiteten.
Bevor Emma protestieren konnte, rief Cordelia strahlend aus: „Meine Liebe, ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich ich bin. Rocco hat versucht, mich zu überreden, aber ich weiß ja, wie beschäftigt er ist. Ich hatte Angst, ich würde die ganze Zeit allein sein. Aber wenn ihr beide bei mir seid, dann ist es ja wie ein wunderbarer Urlaub – bis ich wieder nach Nunstead Hall zurückkehre.“ Jetzt klang ihre Stimme ebenso energisch wie die ihres Enkels.
„Darüber reden wir, wenn du wieder völlig auf dem Damm bist, nonna .“ Rocco fühlte sich wie bei einem Drahtseilakt, neben ihm stand Emma und warf ihm tödliche Blicke zu, andererseits war er froh über das Einverständnis seiner Großmutter. Er beugte sich zu Holly hinunter. „Würdest du nicht auch gern nach Italien fahren und bei mir in meiner Villa am Meer wohnen?“
Holly machte große Augen. „Können wir auch ins Meer gehen?“
„Bald wird es warm genug dafür sein. Dann gehen wir zusammen zum Strand. Außerdem kannst du mit Bobbo, meinem Hund, im Garten spielen.“
Na toll. Als wenn der Strand als Köder nicht schon genügt hätte. Jetzt kam Rocco auch noch mit einem Hund. Holly würde im siebten Himmel schweben. Wie kann ich denn jetzt noch ablehnen? fragte Emma sich verzweifelt und sah in das glückliche Gesicht ihrer Tochter, bevor sie Rocco erneut mit einem wütenden Blick bedachte.
„Könnte ich Sie kurz unter vier Augen sprechen?“ fragte Emma und fügte dann zuckersüß hinzu: „Wegen der Reisevorbereitungen.“
„Selbstverständlich. Kommen Sie, wir gehen in den Flur.“
„Sie sind einfach unglaublich !“, zischte sie, sobald sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. Es juckte Emma in den Fingern, ihm die Augen auszukratzen. Dann würde ihm sein überhebliches Lächeln schon vergehen, dachte sie erbost.
„Sie kennen meine Einstellung Ihrem Vorschlag gegenüber! Ich habe doch unmissverständlich klar gemacht, warum wir nicht mit nach Italien kommen
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