Du. Wirst. Vergessen.: Roman (German Edition)
Ratte, Sloane?« Er betrachtet mich misstrauisch.
»Natürlich verrate ich dich nicht, aber dafür musst du mir sagen, wie viel du gelesen hast.«
Er versteift sich, dann kratzt er sich am Kinn. »Hm … nicht viel.«
Übelkeit packt mich. »Du lügst.«
Realm schaut mir in die Augen. »Wer ist James?«
Die zärtliche Art und Weise, wie er das fragt, zerreißt mich fast. Wie kann ich in Worte fassen, was James für mich bedeutet? »Er war alles für mich«, erwidere ich. »Und jetzt ist er gar nichts mehr.« Ich schließe die Augen.
»Tut mir leid«, höre ich Realm sagen und spüre, wie er mein Knie berührt. »Ich hätte nicht damit anfangen sollen.«
Ich schniefe und wische mir die Tränen weg, als mir plötzlich die Augen überlaufen. »Ist schon okay«, versichere ich. »Ich hatte einfach einen miesen Tag. Und …«
»Und ich hab dich daran erinnert, wie beschissen das Leben sein kann. Tut mir echt leid.«
»Muss es nicht«, flüstere ich. »James ist mein Freund, aber …« Ich rede nicht weiter, will nicht zugeben, dass sich James nicht mehr an mich erinnert. Als würde das beweisen, dass ich ihm nicht genauso viel bedeutet habe.
»Er war auch im ›Programm‹«, sagt Realm ruhig. »Es steht in deiner Akte.«
Ich nicke. »Eine Woche, nachdem er zurückkehrte, kamen sie und holten mich ab.«
»Hat er dich wiedererkannt?«, fragt Realm. Er klingt ängstlich.
»Nein.« Es auszusprechen, ist, als würde mir jemand einen Schlag in den Magen versetzen.
Realm versucht gar nicht erst zu sagen, dass es okay ist, oder mir Hoffnung zu machen, James könnte sich irgendwann doch noch erinnern. Stattdessen zeigt er auf das letzte McNugget.
»Willst du das noch essen?«, erkundigt er sich.
Ich starre ihn an. »Du hast mich zum Weinen gebracht, und jetzt willst du mir das auch noch wegessen?«
Er zuckt mit den Schultern. »Ich hab einfach nur gefragt, ob du es noch haben willst.«
Ich muss plötzlich lachen und schiebe ihm die Schachtel hin. »Bedien dich. Ich fürchte eh, dass mir schlecht wird, weil ich so schnell gegessen habe.«
Gerade, als er sich das Nugget in den Mund stecken will, hält er inne. »Danke, dass du mir das alles anvertraut hast, Sloane.« Und dann isst er das Hähnchenstück auf. Wir fallen über die Fritten her, dann packen wir den Müll zusammen.
Fett klebt mir an den Fingern, aber es ist nicht ekelig, sondern eher angenehm im Vergleich damit, wie sauber geschrubbt und antiseptisch ich mir sonst in dieser Anstalt vorkomme.
»Moment«, meint Realm und drückt mir die Tüte in die Hand. Er zieht die Tür auf und blickt vorsichtig durch den Spalt. »Alles klar.«
Er gibt mir ein Zeichen, dass ich kommen soll, und wir schleichen uns wieder zurück, kichern, während wir den Flur hinunterlaufen.
Wir haben den Aufenthaltsraum fast erreicht, als Schwester Kell um eine Ecke kommt und uns erblickt.
Realm reißt mir die McDonald’s-Tüte aus der Hand und wirft sie in ein leeres Zimmer, wo sie unters Bett rutscht.
»Wo wart ihr beide?«, will Schwester Kell wissen.
»Hab mal die große Besichtigungstour mit ihr gemacht«, behauptet Realm und legte einen Arm um meine Schultern, als wären wir die besten Freunde.
Mir wird plötzlich klar, dass er tatsächlich mein bester Freund ist, zumindest hier drin.
Schwester Kell mustert uns noch einen Moment lang, dann deutet sie mit dem Kopf zum Aufenthaltsraum. »Die Jungs warten schon auf dich, Michael. Du bist spät dran für euer Kartenspiel.«
Realm dankt ihr, doch als wir beide weitergehen wollen, ruft Schwester Kell mich zurück. »Für dich«, sagt sie und hält mir einen Plastikbecher hin.
Ich schaue hinein und sehe eine knallgelbe Pille. »Wieso? Mir geht’s doch gut.«
»Ärztliche Anweisung, Liebes.« Sie reicht mir eine Tasse mit Wasser, und ich nehme die Pille, spüre, wie erneut Zorn in mir aufsteigt.
»Ich dachte, er würde meine Dosis verringern«, fahre ich sie an. »War wohl nix, was?«
»Geh jetzt zurück zu deinen Freunden, Sloane.« Sie lächelt und streicht mir das Haar von der Schulter nach hinten.
Aber ich schiebe ihre Hand weg und gehe in den Aufenthaltsraum.
»Wo warst du?«, will Realm wissen, als ich mich zu ihm und den Jungen an den Tisch setze. Sie haben bereits für mich ausgeteilt, und ich nehme meine Karten auf.
»Schwester Kell wollte sichergehen, dass ich auch schön brav bleibe«, erzähle ich.
»Das gefällt mir«, meint Derek, und sie lachen. Realm jedoch schaut mich besorgt an.
»Hey!« Eine
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