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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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gerade eben. Ich weiß gar nicht, ob wir überhaupt dorthin zurückkehren sollten. Das Beste ist, ich organisiere so schnell wie möglich Eure Abreise.«
    Ich blieb stehen. »Was hast du da gerade gesagt?«
    Er schluckte und wurde über und über rot. »Aber was wollt Ihr denn? Ich habe es doch nur gut gemeint. Ihr könnt doch nichts für sie tun. Am Ende schnappen sie Euch auch noch. Ihr könntet nach Siena weiterreisen, dorthin reicht Lorenzos Arm nicht. Und ich versuche, einen Rechtsbeistand für Jana zu bekommen.«
    »Ich gehe hier nicht weg, es sei denn, Jana verlässt die Stadt an meiner Seite«, knurrte ich.
    Kleinschmidt wischte sich erneut den Schweiß ab. »Es ist zu gefährlich!«, brach es aus ihm heraus. »Wenn erst die ganze Stadt nach Euch sucht… Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn Euch etwas zustößt.«
    »Was würdest du an meiner Stelle tun, wenn Maria im Gefängnis säße?«
    Er suchte nach Worten und ließ schließlich den Kopf hängen. »Ich will gar nicht daran denken«, flüsterte er.
    »Hör zu. Wenn du mir hilfst, können wir die Sache zu einem guten Abschluss bringen. Deine Idee, einen Rechtsbeistand für Jana zu organisieren, ist nicht schlecht. Kannst du einen beschaffen?«
    »Ich kann es versuchen.«
    »Tu das. So erfahren wir wenigstens, was Jana konkret vorgeworfen wird. Das ist das eine.«
    »Und was ist das andere?«
    »Das andere ist, herauszufinden, was Jana in Wirklichkeit angestellt hat – wenn sie sich überhaupt etwas hat zu Schulden kommen lassen.«
    »Und wie wollt Ihr das herausfinden?«
    Ich funkelte ihn an. »Du hattest Recht damit, als du sagtest, die Rückkehr in den Fondaco mache keinen Sinn. Zumindest nicht für mich. Geh du zurück und sorge für den Rechtsanwalt.« Ich holte Atem. »Ich gehe in Vespuccis Haus zurück und suche nach etwas, was mir Aufschluss über Janas Absichten gibt.« Zum Beispiel nach Abschriften von Geschäftskontrakten, fügte ich in Gedanken grimmig hinzu.
    - Hiermit verpflichte ich, Jana Teresa Dlugosz, mich für den Fall des gewaltsamen Ablebens jedwelchen Mitglieds der Familie Medici…
    Ich biss die Zähne zusammen.
    »Ihr dürft nicht dorthin zurückgehen. Außerdem haben wir sowieso alles in den Fondaco geschafft…«
    »Wir haben fast alles dort gelassen. Janas Kleider, die Truhen… Das weißt du so gut wie ich. Verschwinde jetzt. Und sag Stepan Tredittore, er soll ebenfalls zu Vespuccis Haus kommen. Er war in Janas Geschäfte weiter involviert als ich. Wenn er sich krank fühlt, soll er meinetwegen auf allen vieren kriechen. Aber ich will ihn dort sehen.«
    »Ich begleite Euch«, sagte Kleinschmidt tapfer.
    »Nein. Du hast die Verbindungen und kennst außerdem die Leute im Fondaco. Ich brauche dich dort.«
    »Ihr könnt nicht allein…«
    »Ich bin allein in den dunkelsten Winkeln von Augsburg herumgelaufen, bevor du richtig lesen und schreiben konntest«, versetzte ich. Er verzog das Gesicht. Ich hätte es beinahe auch verzogen. In Augsburg war ich Untersuchungsbeamter des Bischofs und päpstlichen Legaten Peter Bessarion gewesen. Ich hatte mich bei meinen Gängen niemals in Gefahr gefühlt; ich hatte gewusst, dass Bischof Peters stark beanspruchter Schutzengel auch mich stets behütete – abgesehen von den zwei oder drei starken Kerlen, die mir ständig hinterdreinliefen und jeden Galgenvogel schon aus hundert Meter Entfernung abschreckten. Ich wandte mich ab und stapfte in die Richtung davon, in der ich das Haus von Piero Vespucci vermutete.
    Ich orientierte mich an der Kuppel des Doms, die hinter beinahe jeder Gasse aufragte, die in ihre Richtung zeigte. Ich schwitzte wegen der drückenden Schwüle und wegen meiner Angst um Jana. Zumindest das Läuten der Kirchenglocken hatte jetzt aufgehört. Nach einiger Zeit dröhnte jedoch das ungewöhnliche Schweigen, das die Stadt gefangen hielt, doppelt so laut. Ich eilte an verschlossenen und verrammelten Hauseingängen vorüber, an Fassaden, bei denen selbst die Fenster mit hölzernen Läden verschlossen waren. Die wenigen Menschen, die gleich mir durch die Gassen hasteten, wichen mir aus, wie ich ihnen aus dem Weg ging. Der bleiweiße Himmel verdunkelte sich langsam, schien sich zusammenzuballen; wie er krampfte sich die Stadt zusammen und mit beiden mein Herz. Mein Hemd klebte mir am Rücken, meine Füße schmerzten von den schnellen Schritten in unzulänglichen Schuhen auf dem buckligen Pflaster. Die Luft in den Gassen war unbeweglich.
    Weiter vorn hinter einer Biegung hörte ich

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