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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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Gläsern und Terrakotta-Büsten lagen Janas kleine Truhen. Sie waren offen und leer; zwischen ihnen befand sich ein großer Haufen auseinander getretener Asche. Fetzen von Pergamenten schimmerten daraus hervor.
    »Müßig, hier noch etwas finden zu wollen«, seufzte ich.
    Tredittore ging ächzend neben dem Aschenhaufen in die Hocke und pflückte eines der halbverbrannten Pergamentfragmente daraus hervor. Er hielt es sich vor die Augen und ließ es dann wieder achtlos auf die Asche fallen. Er sagte nichts, aber ich bildete mir ein zu hören, wie er trotz des Aufruhrs in seinen Därmen innerlich jubelte.
    »Warum seid Ihr gestern nicht auf den Karren verfrachtet und in die Stadt gebracht worden?«, fragte ich ihn grob.
    Er räusperte sich. »Niemand hat mich gesehen. Ich beobachtete die ganze Szene durch die halb angelehnte Tür des Pferdestalls…«
    »Was habt Ihr dort getan? Den Pferden zu fressen gegeben?«
    »Nicht ganz. Äh… Julia… also, die Zofe von Monna Jana…«
    »Ihr habt sie ins Heu gezerrt. Und als es gefährlich wurde, seid Ihr davongerannt.«
    »Ich hörte, dass die Männer den Befehl bekamen, den Hof zu durchsuchen.« Er schluckte angestrengt. »Da bin ich Hals über Kopf durch die hintere Stalltür hinaus und habe mich in einem kleinen Waldstück versteckt.«
    »Ihr habt sie alle beide im Stich gelassen, Ihr feiges…«
    Er hob beide Hände. »Bitte, Herr Bernward«, sagte er fast flehentlich. »Was hätte ich tun sollen? Hätte ich zu Monna Jana hinauslaufen sollen? Dann hätten sie mich auch festgenommen, ohne dass es ihr etwas genützt hätte. Und Julia hatte fast nichts mehr an… Also, wenn ich nach ihrem Kleid gesucht hätte, hätten sie mich wiederum festgenommen. Ihr wüsstet nicht einmal, was passiert ist, wenn sie mich erwischt hätten!«
    »Jana hätte wenigstens jemanden an der Seite gehabt, der für sie übersetzt!«
    »Cerchi hatte seinen eigenen Übersetzer, der bei den Verhandlungen zugegen war. Monna Jana hat mich ja davon ausgeschlossen. Abgesehen davon wären wir spätestens im Gefängnis getrennt worden. Ich nehme an, dass sie Julia gekriegt haben; da ist Monna Jana wenigstens nicht allein.«
    »Gekriegt, ja! Ein Trupp Bewaffneter findet im Stall eine halb nackte junge Dienstmagd. Ihr könnt Euch darauf verlassen, dass sie sie gekriegt haben, bevor sie sie nach draußen schleiften.« Er sah mich schafsdumm an, bevor er den Blick senkte. Ich ballte die Fäuste und stellte mir seine Flucht vor und wie er sich noch im Laufen die Hosen über den Allerwertesten zog, aber dann wurde mir bewusst, dass ich heute Morgen im Gefängnis meinen eigenen Hintern in weit demütigenderer Weise in Sicherheit gebracht hatte.
    »Was wollt Ihr jetzt tun?«, fragte er schließlich.
    »Alle Zimmer durchsuchen, die wir benutzt haben. Vielleicht finde ich doch etwas. Ihr begleitet mich.«
    »Wollen wir uns nicht lieber aufteilen? Wir sollten uns hier nicht allzu lange aufhalten.«
    »Ihr bleibt an meiner Seite. Ich will vermeiden, dass Ihr etwas überseht, was von Wichtigkeit sein könnte.«
    Er nickte schmollend und betrachtete den Aschenhaufen mit einer Miene, die klar machte, dass er es für völlig überflüssig hielt, irgendein Beweisstück von Janas Unschuld etwa verschwinden lassen zu wollen. Was sich an Geschäftspapieren in diesem Haus befunden hatte, lag zu unseren Füßen; und abgesehen davon hielt er Jana ohnehin für schuldig. Mein Vorhaben, das Haus zu durchsuchen, war in seinen Augen reine Zeitverschwendung.
    Er hatte recht damit. Wir fanden nichts außer weiteren Zeugen der Zerstörung und einer Wut, die vor nichts Halt gemacht hatte. Eine der Türen, die uns verschlossen gewesen war, hatten sie aufgebrochen. Sie führte zu einem Schlafzimmer mit einem wuchtigen Bett darin. Sie hatten es nicht auseinander nehmen oder zum Fenster hinauswerfen können; daher hatten sie nur die Laken zurückgeschlagen und in die Betten defäkiert. Der Schmutz war in dem ansonsten fast unberührten Bett umso obszöner. Tredittore wandte sich heftig schluckend ab. Ich fühlte, wie eine absurde Bemerkung über die Häufigkeit von Darmbewegungen während der Plünderung eines Hauses in mir hochstieg, und unterdrückte sie erfolgreich.
    Zuletzt stand ich im zweiten Stock auf der Loggia des Innenhofs und blickte hinunter. Tredittore, der mich auf der gesamten Suche begleitet hatte, ohne einen Finger zu rühren, saß auf einem Trümmerstück so weit wie möglich von der Treppe entfernt im Erdgeschoss und spielte

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