Duell der Zauberer
Tatsache, daß sie ihn angesprochen hatte, schien ihn zu überraschen.
»Haßt du die Angarakaner denn so sehr, daß es dich schmerzt, eine Gelegenheit zu verpassen, sie zu töten?« Ce’Nedras Frage war leicht spöttisch.
»Nein, meine Dame«, antwortete er. »Ich hege keinen Haß für irgendeinen Mann, gleich welcher Rasse er sei. Was mich bedrückt, ist die verpaßte Gelegenheit, meine Fähigkeiten im Wettstreit zu messen.«
»Wettstreit? Dafür hältst du das also?«
»Gewiß, Eure Majestät. In welchem anderen Licht sollte ich es sehen? Ich habe keinen persönlichen Groll gegen die Männer Angaraks, und es ist nicht schicklich, seinen Gegner in einem Waffengang zu hassen. Nur wenige Männer sind bisher unter meiner Lanze oder meinem Schwert in den verschiedenen Turnieren gefallen, aber nicht einen von ihnen habe ich gehaßt. Ganz im Gegenteil, ich fühlte Zuneigung zu ihnen, während wir miteinander stritten.«
»Aber du hast doch versucht, sie zu Krüppeln zu machen.«
Ce’Nedra staunte über die Beiläufigkeit, mit der der junge Mann sprach.
»Das gehört zum Wettstreit, Eure Majestät. Ein aufrichtiger Waffengang wird erst durch Tod oder Verwundung eines Kontrahenten entschieden.«
»Wie ist dein Name, Herr Ritter?« fragte sie.
»Ich bin Herr Beridel«, antwortete er, »Sohn des Baron Andorig von Vo Enderig.«
»Der Mann mit dem Apfelbaum?«
»Eben derselbe, Eure Majestät.« Der junge Mann schien sich zu freuen, daß sie von seinem Vater und der seltsamen Pflicht gehört hatte, die Belgarath ihm auferlegt hatte. »Mein Vater reitet jetzt zu Rechten König Korodullins. Ich könnte in dieser Nacht mit ihnen reiten, wenn ich nicht dieses Pech gehabt hätte.« Er betrachtete traurig seinen gebrochenen Arm.
»Es wird noch andere Nächte geben, Herr Beridel«, versicherte sie, »und andere Kämpfe.«
»Wahrlich, Eure Majestät«, stimmte er ihr zu. Sein Gesicht erhellte sich kurz, doch dann seufzte er und überließ sich wieder seinen trübsinnigen Gedanken.
Ce’Nedra schlich davon und ließ ihn mit seinen Grübeleien allein.
»Man kann einfach nicht vernünftig mit ihnen reden, mußt du wissen«, sagte eine heisere Stimme aus dem Schatten zu ihr. Es war Beldin, der häßliche Zauberer mit dem Buckel.
»Er scheint vor nichts Angst zu haben«, sagte Ce’Nedra etwas nervös. Der Zauberer mit dem unglaublichen Wortschatz machte Ce’Nedra immer nervös.
»Er ist Mimbrater und Arendier«, schnaubte Beldin. »Er hat nicht genug Verstand, um Angst zu haben.«
»Sind alle Männer in der Armee so wie er?«
»Nein. Die meisten von ihnen haben Angst, aber sie werden durchhalten aus den verschiedensten Gründen.«
»Und du?« konnte sie nicht umhin zu fragen. »Hast du auch Angst?«
»Meine Ängste sind etwas exotischer«, antwortete er trocken.
»Und das heißt?«
»Wir sind seit sehr langer Zeit dabei – Belgarath, Pol, die Zwillinge und ich –, und ich mache mir mehr Sorgen, daß etwas schiefgeht, als um meine persönliche Sicherheit.«
»Was meinst du mit schiefgehen?«
»Die Prophezeiung ist sehr komplex und sagt überhaupt nichts aus. Die beiden möglichen Ergebnisse stehen noch immer völlig im Gleichgewicht, soweit ich das beurteilen kann. Eine Kleinigkeit könnte dieses Gleichgewicht zu einer der beiden Seiten umkippen lassen. Vielleicht etwas, das ich übersehen habe. Davor habe ich Angst.«
»Wir können nur unser Bestes tun.«
»Das ist vielleicht nicht gut genug.«
»Was könnten wir denn sonst tun?«
»Ich weiß es nicht, und genau das beunruhigt mich.«
»Warum soll man sich über etwas sorgen, das man doch nicht ändern kann?«
»Jetzt hörst du dich an wie Belgarath. Er neigt auch dazu, die Dinge einfach abzuschütteln und auf sein Glück zu vertrauen. Ich habe es gern etwas geordneter.« Er starrte in die Dunkelheit. »Halte dich diese Nacht dicht bei Polgara, kleines Mädchen«, sagte er nach einer Weile. »Laßt euch auf keinen Fall voneinander trennen. Das bringt dich vielleicht irgendwohin, wo du nicht hinwolltest, aber du mußt bei ihr bleiben, gleichgültig, was geschieht.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Ich weiß nicht, was es heißt«, entgegnete er gereizt. »Ich weiß nur, daß du und Pol und der Schmied und dieses heimatlose Kind, das ihr da aufgesammelt habt, zusammenbleiben müßt. Irgend etwas Unerwartetes wird geschehen.«
»Du meinst ein Unheil? Dann müssen wir die anderen warnen.«
»Wir wissen nicht, ob es ein Unheil ist«, erwiderte er.
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