Duell: Island Krimi (German Edition)
allein?«
»Nein, sie war nicht allein. Ein Mann hat sich neben sie gesetzt, und so viel ist sicher, die waren nicht im Kino, um sich Gregory Peck anzusehen.«
»Hat sich der Mann zu ihr gesetzt, nachdem der Film angefangen hatte?«
»Ja.«
»Was meinst du damit, dass sie nicht ins Kino gekommen waren, um sich den Film anzusehen. Was haben sie gemacht?«
»Die haben die ganze Zeit rumgeschmust und dauernd miteinander geflüstert. Mann, es hat nicht viel gefehlt, und er hätte sie auf dem Sitz bestiegen.«
Konni lachte und sah seine Kameraden an, an die er den letzten Satz gerichtet hatte. Und sie reagierten ganz so, wie er es sich erhofft hatte. Marian ging davon aus, dass er hier gerade etwas wiederholte, was er ihnen schon vorher erzählt hatte. Es stimmte also, was Svana im Pol gesagt hatte. Konni hatte selten etwas Spannenderes erlebt als diesen Kinobesuch, und das kostete er jetzt so richtig aus. »Hattest du den Eindruck, dass die beiden ein Paar waren oder dass sie sich heimlich im Kino getroffen haben?«
»Heimlich, das war gar keine Frage.«
»Haben sie das Kino zusammen verlassen?«
»Darauf habe ich nicht geachtet.«
»Hast du den Jungen bemerkt, der erstochen wurde?«
»Nein«, sagte Konni mit Nachdruck. »Ich habe nicht gesehen, wie er erstochen wurde. Ich habe ihn überhaupt nicht bemerkt.«
»Hast du einen Mann gesehen, der eine blaue Windjacke trug?«
Konni überlegte.
»Könnte durchaus sein«, sagte er.
»Du bist dir aber nicht sicher?«
»Ich hab auf so was nicht geachtet«, sagte er. »Wieso sollte ich mir merken, was für Klamotten die Leute anhaben. Als der Film zu Ende war, sind alle direkt nach draußen gegangen. Ich habe nur diesen Wetterheini aus dem Fernsehen erkannt. Hast du schon mit dem gesprochen?«
»Ja.«
Der halbnackte Mann, der sich gerne prügeln wollte, hatte aufgegeben. Er setzte sich mit einer Flasche Brennivín vor die Blechwand. Der Mann mit der Heilsarmeemütze wollte einen Schluck abhaben, aber der Raufbold schnauzte ihn an, dass er ihn gefälligst in Ruhe lassen solle. Die anderen Penner schielten ebenfalls begehrlich nach der Schnapsflasche, ließen es aber dabei bewenden.
»Hast du irgendwelche Ausländer in der Vorstellung bemerkt?«, fragte Marian.
»Was für Ausländer?«, fragte Konni zurück.
»Das weiß ich nicht. Hast du gehört, dass jemand sich in einer fremden Sprache unterhalten hat? Ist dir jemand wie ein Ausländer vorgekommen?«
»Nein«, erklärte Konni. »Ich habe mich einfach nur in den Saal reingeschummelt und mich irgendwo hingesetzt.«
»Amerikaner? Russen? Franzosen? Engländer?«
»Soll ich die etwa auseinanderhalten können?«, fragte Konni.
»Hattest du eine Flasche Rum dabei?«, erkundigte sich Marian, sehr bemüht sich von Konnis Überheblichkeit nicht zu sehr provozieren zu lassen.
»Nein, ich nicht. Aber da war ein Mann, der ständig an einer Flasche genuckelt hat.«
»Du hast einen Mann mit einer Rumflasche gesehen?«
»Ja, ja, der hat die ganze Zeit gepichelt, das hab ich sofort gerochen«, erklärte Konni wichtigtuerisch und tippte sich an die Nase. »Ein Kerl mit Glatze, er trug einen Mantel. Hat sich anschließend einfach in sein Auto gesetzt und ist weggefahren. Er war todsicher sturzbesoffen.«
»Was für ein Auto war das?«
»Ein Ford Cortina. Blau. Funkelnagelneu.«
»Das hast du alles beobachtet?«
»Ich weiß alles über Autos«, erklärte Konni. »Alles.«
Anstatt schlafen zu gehen, beschloss Marian Briem gegen Mitternacht, zum Hafnarbíó zu fahren, um in der Umgebung des Kinos noch einmal nach etwas zu suchen, was die Theorie stützen könnte, dass Ausländer in der Fünfuhrvorstellung gewesen waren. Man hatte auf dem Gelände nur nach der Mordwaffe gesucht, war dabei aber längst nicht so gründlich vorgegangen, wie Marian es nun im Schein der Mitternachtssonne tat. Die Suche nahm ziemlich viel Zeit in Anspruch. So konnten zum Beispiel Abfälle in der Nähe des Kinos, die nicht aus Island stammten, einen Hinweis liefern. Eine Zigarettenkippe. Ausländisches Einwickelpapier. Möglicherweise auch ausländische Münzen. Bereits nach kurzer Zeit hatte Marian eine Krone und fünfzig Öre in isländischer Währung aufgesammelt.
Die Abfälle lagen vor allem an Hauswänden, Zäunen und Bordsteinkanten. Seit dem Mord an Ragnar hatte es nicht geregnet, und auch der Wind hatte sich zahm verhalten. Marian fand ein Stöckchen, um damit in den Abfällen zu stochern. Der ein oder andere mitternächtliche
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