Duell: Island Krimi (German Edition)
zu Albert hinüber, der auf das Gerät starrte.
»Das könnte vielleicht eine Erklärung sein.«
In selben Moment hörte man ein Jaulen aus Hinriks Zelle, das sich zu einem lauten Schreien steigerte. Er war der einzige Untersuchungshäftling im Gefängnis am Síðumúli. Sein Gebrüll hallte auf dem Gang wider.
»Wir müssen einen Arzt kommen lassen«, sagte Marian und stand auf. »Es wird ein harter Entzug für den armen Kerl.«
Neunzehn
Die Tage wurden zu Wochen, das Match des Jahrhunderts in der Halle im Laugardalur dauerte an. Zu berichten gab es mehr als genug. Die erste Partie war unterbrochen worden und hatte mit einem Sieg Spasskis geendet. Fischers Nervosität steigerte sich, und er hatte an allem etwas zu beanstanden. Als die Hängepartie fortgesetzt wurde, verschwand er eine halbe Stunde von der Bühne, während die Uhr gegen ihn tickte. Er beschwerte sich über das Surren der Filmkameras, die man in den Wänden rings um die Bühne installiert hatte. Auch die Beleuchtung passte ihm nicht. Er gab beim 56. Zug auf und verlangte, dass die Partie für ungültig erklärt würde. Er behauptete, es habe sich um ein Testspiel gehandelt, das er gegen seinen Willen hätte spielen müssen. Die ausländischen Korrespondenten äußerten sich immer kritischer darüber, wie Fischer sich aufführte. So gewann Spasski auch die zweite Partie, aus dem einfachen Grund, weil Fischer nicht antrat. Ein Akustiker wurde hinzugezogen, um die Geräusche der Kameras zu überprüfen, ergebnislos. Man befürchtete schon, dass Fischer das Handtuch werfen und sich ins nächste Flugzeug nach New York setzen würde. Doch schließlich kam es doch noch zu einem Vergleich. Die dritte Partie wurde nicht auf der Bühne der Veranstaltungshalle gespielt, sondern in einem geschlossenen Nebenraum, in dem normalerweise Tischtennis gespielt wurde. Fischer hatte seine Forderungen durchgesetzt, weder Filmkameras noch Zuschauer störten ihn jetzt, und er gewann seine erste Partie gegen Spasski. Es wurde aber nur ein einziges Mal im Tischtennisraum gespielt, denn danach verlangte Spasski, dass das Match wieder auf der Bühne stattfinden solle, und er gab nicht nach.
Marian Briem hielt auf einem Parkplatz in der Nähe des Café Napoléon und wartete auf Konni. Dessen Kumpel unterm Blech hatten gesagt, dass er auf dem Weg zum Pol sei, aber dort hatte er sich bislang noch nicht blicken lassen. Marian wusste nicht, wo Konni wohnte, er wechselte ständig seine Adresse. Auf der Straße war kaum Verkehr, nur gelegentlich kam ein Auto vorbei. Es war bereits spät am Abend, und in den Westfronten der umliegenden Häuser spiegelte sich die lodernde Abendsonne in den Fenstern. Marian hatte die Sonnenblende heruntergeklappt und zum Schutz gegen die gleißenden Strahlen die Sonnenbrille aufgesetzt. Das Radio schwieg, denn bei dem Pop-Song über Sylvias Mutter hatte Marian unverzüglich abgeschaltet.
Erst als die Sonne sich östlich des Snæfellsjökull befand und langsam zu den anderen Bergen der Halbinsel wanderte, tat sich etwas. Drei Männer kamen aus dem Pol, einer von ihnen war Konni.
»Verdammt noch mal, hat die Kaschemme einen Hintereingang?«, stöhnte Marian, stieg aus und ging zu den dreien hinüber. Konni zündete sich gerade eine Zigarette an und schirmte das brennende Streichholz mit der Hand ab. Die beiden anderen blickten Marian entgegen.
»Ist das diese Type von der Kripo, von der du geredet hast?«, fragte einer von ihnen Konni.
Konni sah hoch.
»Was …?«
»Du hast ja einen richtig heißen Draht zur Presse«, sagte Marian und hakte ihn unter. »Ihr habt doch nichts dagegen, wenn ich ihn mir einen Augenblick ausleihe?«
Die Männer nickten beide, so als hätten sie über Konni zu bestimmen. Konni verbrannte sich prompt wieder die Finger am Streichholz, schrie auf und ließ es fallen.
»Was soll denn der Scheiß?«, sagte er, während er mit Marian zum Auto ging. »Kann man sich denn noch nicht einmal in Ruhe eine Zigarette anzünden?«
»Ich würde gern eine kleine Spritztour mit dir machen«, sagte Marian und öffnete die Beifahrertür.
Konni stieg ein, und Marian fuhr zum Hafnarbíó am Barónsstígur. Konni zündete sich die Zigarette an und sah Marian vorwurfsvoll an. Er schwieg lange, aber dann konnte er es nicht mehr aushalten.
»Du kannst mich doch nicht einfach so von der Straße wegholen«, sagte er.
»Nein, entschuldige. Ich muss dich aber um deine Hilfe bitten, und ich weiß, dass du mir den Gefallen tun
Weitere Kostenlose Bücher