Duell: Island Krimi (German Edition)
ausgedrückt wurde. Schlagzeilen wie die in der Abendzeitung seien nur dazu angetan, die Ermittlungen zu behindern.
Nicht alle waren dieser Auffassung. Jemand wies darauf hin, dass es auch zahlreiche Personen außerhalb der Polizei gebe, die einiges über den Fall sagen könnten, egal, ob namentlich oder anonym, und dass man das seitens der Polizei kaum verhindern könne. Es könne sogar durchaus sinnvoll sein, so viele Informationen wie möglich darüber öffentlich zu machen, in welche Richtungen sich die Überlegungen zum Fall bewegten. So ergäbe sich vielleicht gerade die Möglichkeit, wieder Bewegung in die festgefahrenen Ermittlungen zu bringen.
Der Leiter der Abteilung für Kapitalverbrechen war ein hochgewachsener Mann. Er hieß Jóhannes und hatte nur noch wenige Jahre bis zur Pensionierung vor sich. Nach der Besprechung rief er Marian Briem zu sich und kam direkt zur Sache.
»Warst du das etwa, Marian?«, fragte er.
»Ich?«
»Hast du die Informationen an dieses Revolverblatt durchsickern lassen?«
»Ganz sicher nicht«, erklärte Marian. »Ich kann Reporter nicht ab, das weißt du doch. Ich rede nie mit ihnen.«
Johannes sah Marian lange und durchdringend an.
»Im Interesse der Ermittlung sind wir verpflichtet, keine Informationen nach außen dringen zu lassen.«
»Vielleicht hat diese Zeitungsmeldung aber auch etwas Gutes.«
»Wie meinst du das?«
»Nach dieser neuen Nachricht ist doch die vorherige Schlagzeile mit den Ausländern hinfällig geworden. Jetzt weiß keiner mehr, was in diesem Fall eigentlich Sache ist.«
»Übrigens, was diese Ausländer angeht, kannst du mir da etwas Konkreteres sagen? Geht ihr davon aus, dass es sich um ganz normale Touristen handelt? Oder leben sie in Island? Sind sie wegen der Weltmeisterschaft hier? Was sind das für Leute?«
»Schwer zu sagen«, antwortete Marian. »Nach Island kommen jeden Sommer Tausende von Touristen, und durch das Match hat sich die Zahl noch vervielfacht. Ich weiß wirklich nicht, wo wir anfangen sollen. Zurzeit halten sich hier sehr viele Prominente auf, angefangen vom sowjetischen Minister für Sport bis hin zu berühmten Schriftstellern und Berichterstattern wie Arthur Koestler. Außerdem die besten Schachjournalisten der Welt, vom Time Magazine und der New York Times . Auch darunter gibt es bestimmt schwarze Schafe, sozusagen den Abschaum unter dem Schaum.«
»Wir wissen, dass sowohl bei den westlichen als auch den östlichen Botschaften hier sogenannte Handelsattachés akkreditiert sind. Gibt es keine Hinweise in dieser Richtung?«
»Bislang nicht«, sagte Marian. »Vorläufig gehen wir davon aus, dass irgendwer durch den Kassettenrekorder verunsichert wurde und in Panik geriet, das war der Grund für den Tod des Jungen. Deswegen haben sich höchstwahrscheinlich diejenigen, die ihn umgebracht haben, bei etwas, was ich als konspiratives Treffen bezeichnen würde, gestört gefühlt. Die beiden hatten anscheinend etwas streng Geheimes miteinander zu besprechen. Einer von ihnen ist vermutlich Amerikaner, weil ein Zeuge gehört hat, dass jemand s’cuse me sagte. Der andere könnte ein Russe sein, denn jemand hat in der Nähe des Kinos eine russische Papirossa geraucht.«
Während Albert sich handelsübliche Taschenmesser ansah, so wie sie in den einschlägigen Hausratsgeschäften wie Brynja und Ellingsen verkauft wurden, hatte Marian eine weitere Besprechung mit dem Sachverständigen für Fingerabdrücke in der kriminaltechnischen Abteilung. Es waren sehr viele Abdrücke am Tatort sichergestellt worden, in dem Cortina und an der Belomorkanal -Schachtel, an der Schultasche und an dem Sitz, wo Marian die beiden Blutflecke gefunden hatte.
»Fingerabdrücke von dem Jungen gibt es natürlich viele«, sagte der Spezialist, vor dem Ragnars Tasche lag. »An der Tasche, auf den Armlehnen, an der Limo-Flasche – einfach überall. Außerdem haben wir Fingerabdrücke von den Sitzen neben und vor ihm. Du bist der Ansicht, dass es zwei Männer gewesen sind?«
»Wir müssen diese beiden Männer noch finden, von denen wir annehmen, dass sie in der Vorstellung waren. Über die meisten anderen wissen wir mit einiger Sicherheit Bescheid, auch wenn wir noch nicht alle Personen ausfindig gemacht haben.«
»Ja, beispielsweise diese geheimnisvolle Frau mit ihrem Liebhaber, nach der gefahndet wird?«
Marian musste innerlich lachen. Konni hatte sich diese Schlagzeile ganz bestimmt gut bezahlen lassen. Er hatte Marians Äußerung, dass die Frau zu
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