Duft der Unschuld - Tennington (German Edition)
für alles, was du getan hast und tust!“
„Das musst du nicht, Etienne. Ich mag dich und ich habe in dir einen Sohn gefunden, den ich sonst nie gehabt hätte. Ich … würde dich sofort adoptieren, weißt du?“
Ich starrte ihn an. Noch immer umarmten wir uns. „Du würdest was?“
Er nickte bekräftigend. „Ich habe die Papiere dafür schon angefordert, als du keine zwei Wochen hier warst. Ich … habe Verbindungen. Sehr einflussreiche Verbindungen. Ich weiß, das klingt verrückt, aber als ich dich da draußen fand, wusste ich, dass du Hilfe brauchst und sie verdienst. Dass du nicht allein und auf der Flucht warst, weil du etwas falsch gemacht hattest, sondern weil dich irgendjemand dazu gezwungen hatte. Und das … fand und finde ich unrecht.“
Ich blinzelte. Das hier war ein wahrhaft seltsamer Traum.
„Du würdest das tun? Ich meine …!“, begann ich, doch dann sackten meine Schultern ebenso herab wie mein Kopf. „Das geht nicht. Es wäre viel zu gefährlich für dich.“
„Etienne, hör mir zu. Ich bin 43 Jahre alt und durchaus in der Lage, zu entscheiden, ob etwas zu gefährlich für mich ist. Wenn du als nicht einmal Volljähriger denkst, dass ich dich mit deinen Problemen allein lassen würde, irrst du dich gewaltig.“
Wie greifbare Hoffnung rieselten seine Worte von meinen Ohren durch meinen Körper. Wie angenehm ich seinen Geruch fand, brauchte ich nicht mehr einzukalkulieren. Zachary meinte es ehrlich und er würde das wirklich tun. Vorausgesetzt, ich wollte es. Und nun kam die große Frage: Wollte ich es? Wusste er wirklich, was er tat?
„Ich werde euch dreien alles erzählen und wenn du das Risiko dann immer noch eingehen willst, dann … würde ich mich sehr darüber freuen, endlich einen richtigen Vater zu haben, der mich nicht verrät und missbraucht.“
Er drückte mich noch einmal fester an sich und schob mich dann in Richtung Durchgang zum Kaminzimmer. „Ich mache den Tee fertig, geh ruhig schon wieder rüber.“
Ich sammelte mich und staunte, als Yves sich zu mir in meinen Sessel setzte und meine Hände ergriff. Die Sessel waren riesig, wir passten ohne Probleme zusammen darauf, aber es verwirrte mich trotzdem.
„Was ist los?“, fragte er besorgt.
„Nichts, ich … Zachary hat mir gerade etwas gesagt, dass … Ich muss vorher noch eine Menge erzählen … von der Zeit vor meiner Flucht.“
Er nickte und schob seinen Arm hinter mich. „Ich bin bei dir, egal was passiert.“
Ich lächelte kurz. „Danke.“
Stephen sah uns an und lächelte verklärt. „Ihr seid wirklich einmalig, Jungs.“
„Wieso?“
Zachary kam zurück und setzte sich. Ich holte tief Luft und begann zu sprechen, ohne Stephens Antwort auf Yves Frage abzuwarten.
„Was ich euch jetzt sage, sind Fakten, und ich werde nicht über den Wahrheitsgehalt oder die technische Möglichkeit diskutieren, okay?“
Alle nickten, deshalb fuhr ich fort: „Mein Name ist Etienne Delaport. Ich bin siebzehn Jahre alt und komme aus Frankreich. Meine Familie hat mich letztes Jahr nach den Sommerferien nicht wieder zur Schule gehen lassen, sondern mich festgesetzt und …“, ich atmete tief durch, „Meine Eltern und Großeltern sind die Hüter eines wirklich alten Geheimnisses und noch älteren Erbguts. Die männlichen Kinder haben etwas in sich, das im Alter von sechzehn Jahren zum ersten Mal voll entfaltet wird. Es nennt sich das ‚Licht der Jugend‘. Ich habe dieses Licht auch in mir. Wenn man es ganz genau nimmt, ist es die zeitlich begrenzt anhaltende Fähigkeit, anderen Menschen Jugend zu geben. Mein Blut ist ein Jungbrunnen. Wer es mit seinem Blut vermischt, bekommt Lebenszeit. Meine Lebenszeit. Meine Großmutter war die Erste, die mein Blut für ihre Zwecke nutzte. Wenn man mir Blut abnimmt, altert das Innere meines Körpers. Außen siebzehn, innen drin Jahrzehnte älter. Ein paar Wochen lang stahlen sie mir mein Leben und irgendwann schaffte ich es, abzuhauen.“ Ich schluckte. „Sie verfolgten mich – das tun sie noch immer, fürchte ich – und sie hinterließen Tod und Zer störung auf ihrem Weg. Sie schreckten vor nichts zurück. Denn nichts ist ihnen wichtiger als mein Blut. Wenn sie mich finden, werden sie keine Zeugen hinterlassen. Und sie kommen mit dieser ganzen Gewalt durch, weil sie ein weltweites Netzwerk unterhalten. Ich wette mit euch, dass jeder Flughafen und jeder Bahnhof überwacht werden. Mit meinem Ausweis käme ich auf gar keinen Fall außer Landes. Ich bin im März als blinder
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