Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
Schatten. Amüsiert hob er die Augenbrauen hoch.
„Kein Problem.“ Er wendete Dumont, parierte wieder durch und wendete sich zu mir. „Übrigens, du hast gute Arbeit mit meinem Pferd geleistet. Er ist so gut wie schon lange nicht mehr.“
„Thomas, warum tust du das?“, rutschte es mir aus dem Mund, bevor ich es verhindern konnte.
„Was? Dich loben? Oder dir helfen?“
„Letzteres“, erwiderte ich.
Er drehte Dumont mit einer Hinterhandwendung zu mir um. Ein forschender Blick traf mich, er schien mit seinen nächsten Worten zu kämpfen.
„Ich mag vielleicht manchmal ekelig zu dir gewesen sein. Und du bist mir oft genug auf die Nerven gegangen, aber ich wollte dir niemals wehtun. Glaube mir, läge es in meiner Macht, die Zeit zurückzudrehen, ich würde es machen. Egal, welchen Preis ich dafür bezahlen müsste. Aber ich kann es nicht.“ Er beobachtete mich, wartete auf eine Reaktion von mir.
Ich schluckte schwer, völlig perplex von seinem Geständnis. „Du hast mich nicht dazu gezwungen. Es war meine Entscheidung, aber es wäre schön gewesen, wenn du es mir früher gesagt hättest.“
„Du bist abgehauen, bevor ich die Chance hatte, mich bei dir zu entschuldigen oder es zu erklären.“ Damit wendete er Dumont zum zweiten Mal, um mit dem Training fortzufahren. Das Pferd war wirklich weich in der Hinterhand.
Im Bett, als ich mir das Gespräch erneut durch den Kopf gehen ließ, hatte ich das Gefühl, dass wir beide von zwei völlig verschiedenen Dingen gesprochen hatten.
Sicherheitshalber ließ ich Hennings Fahrzeug in einer Querstraße stehen, ein gutes Stück von der Reha-Klinik entfernt. Meine Eltern freuten sich, mich zu sehen. Papa sah richtig gut aus. Das Gesicht hatte die ungesunde helle Farbe verloren. Seine Augen leuchteten, und er umarmte mich freudig. Gemeinsam gingen wir durch den Park. Meine Eltern Händchen haltend, ich daneben. Ich erzählte ihnen von der Party, dem ganzen Chaos, und ich sah die Blässe von Mama, die vermutlich jetzt noch angesichts ihres Mutes, mir alles zu überlassen, nachträglich Angst bekam. Lachend beruhigte ich sie und erinnerte sie an den Anruf von Julia Sander.
Papa fragte nach den Pferden, vor allem nach Duke. Er wusste inzwischen von Mama, dass Duke einen Unfall gehabt hatte. Allerdings war ihm verschwiegen worden, wie schwer dieser in Wahrheit gewesen war. Ich erzählte, dass Duke sehr gute Fortschritte machte und ich bereits mit dem Aufbautraining anfing. Dass er sich gegenüber Menschen angriffslustig verhielt, verschwieg ich ihm lieber.
Wir suchten uns einen Platz in einer Eisdiele. Es war ungewohnt, mit meinen Eltern einfach nur zu sitzen und dem Treiben in der Fußgängerzone zuzusehen. Ich konnte mich an solche Momente in meinem Leben nicht erinnern. Mein Leben veränderte sich. Es war, als gäbe es eine Brücke über den tiefen Abgrund, der durch mein Leben lief. Die eine Seite das Früher, die andere Seite ganz neu das Heute. Ein unentdecktes Land, das über die Brücken miteinander verbunden war. Wir genossen schweigend unser Eis.
„Vera, macht es dir gar nichts aus, auf dem Hof zu arbeiten?“, fragte mich Papa. Ich hatte mir eine Sonnenbrille aufgesetzt. Der warme Sonnentag war wunderbar.
„Am Anfang schon“, gestand ich ehrlich, „aber inzwischen.“ Ich schwieg. Wie sollte ich in Worte fassen, was ich selber noch nicht ganz begriff. „Ich reite nicht“, merkte ich an. Wusste aber, dass es nicht den Kern traf von dem, was im Moment mit mir passierte. Papa nickte verständnisvoll. „Alles braucht seine Zeit, oder du lässt es ganz bleiben.“
„Mal sehen. Ich weiß es noch nicht, bisher wollte ich es nicht.“ Das entsprach nicht der Wahrheit, denn ich hatte bereits einmal das Verlangen verspürt, mit Duke im Longierzirkel. Aber darüber wollte ich mit Papa nicht reden. Ein Handy klingelte. Papa sah Mama an, die sich im Stuhl zurückgelehnt hatte und wie ich die Sonne genoss. Es klingelte erneut. Mama nahm ihre Handtasche und kramte darin herum. Das Klingeln dauerte an. Endlich hatte sie ihr Handy gefunden und sah es erstaunt an. Nein, das war nicht die Ursache des Klingelns. Noch mehr Leute in der Eisdiele hatten ihre Handys gezückt und legten sie wieder zurück. Das Klingeln hörte auf. Kurze Zeit später setzte es erneut ein.
„Ich glaube, das Klingeln kommt aus deinem Beutel“, meinte Papa schließlich.
„Bei mir?“ Ich schlug mir mit der flachen Hand vor die Stirn. Tiefe Röte machte sich auf meinem Gesicht breit,
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