Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
mit ihm, woraufhin er uns das Du anbot: „Samson.“ Wir brachen in Lachen aus, aber es war sein völliger Ernst. Zeit seines Lebens wäre er mit diesem Namen gehänselt worden; wir einigten uns auf Sam.
Während Duke unglaubliche Fortschritte machte, und ich nach Rücksprache mit Dr. Brenner sein Training verstärkte, ging es mit Melanie und Lady nicht in der gewünschten Schnelligkeit voran. Ich zerbrach mir den Kopf darüber, wie ich ihr das Ganze erklären konnte, damit sie verstand, worauf ich hinaus wollte. Abends telefonierte ich mit Mama und Papa. Und in der Nacht, wenn es in Toronto auf den späten Nachmittag zuging, mit Henning.
Ich konnte nicht besonders gut mit Henning telefonieren. Erstens vermisste ich ihn mehr und mehr, was mit tagsüber bei der Arbeit nicht auffiel, aber umso mehr, wenn ich seine Stimme hörte. Das machte mich einsilbig und unwirsch bei unseren Gesprächen. Während sich Henning alle Mühe der Welt gab, mich an seinem Leben in Kanada teilhaben zu lassen. Seine Erzählungen machten mir schmerzlich klar, wie wichtig ihm seine Arbeit und wie wichtig er für das Unternehmen war. Ich wollte nicht der Anlass dafür sein, dass es zu einem Zerwürfnis zwischen ihm und seiner Familie kam. Andererseits konnte ich mir nicht vorstellen, wieder fortzugehen. Aber welche Wahl blieb mir, wenn er mit mir Schluss machte oder ich mit ihm, sofern ich die Kraft dazu fand. Ich hatte in den Gesichtern meiner Eltern gesehen, dass Henning eine wichtige Rolle in ihrem Leben spielte. Ihn jedoch in meiner Nähe zu haben, ohne ihn berühren zu können – ich stöhnte innerlich auf. In der Nacht träumte ich von ihm, wühlte mich durch das ganze Bett auf der Suche nach seinem warmen Körper. Ich war süchtig nach Henning, stellte ich entsetzt fest.
Es war die Nacht von Samstag auf Sonntag, als mich ein seltsamer Traum aus dem Schlaf riss. Ich war den Tag zuvor erneut bei Mama und Papa gewesen, die freudig verkündeten, dass sie vermutlich bereits am nächsten Wochenende nach Hause kommen würden. Mein Gespräch mit Henning war diesmal genauso gut verlaufen, weil ich fröhlich von meinem Besuch bei meinen Eltern geplappert hatte. Er schickte mir einen Kuss durch die Leitung, der mich eine Weile in meiner Erinnerung an die zwei Abende mit ihm gefangen hielt. Dann war ich entspannt eingeschlafen. Bis zu dem Traum.
Er begann diesmal früher als beim ersten Mal. Ich lief durch einen Wald, an meiner Seite Fly. Dann galoppierte Fly buckelnd los, und ich folgte ihm lachend. Natürlich war er viel zu schnell für mich, selbst im Traum. Ich sah seinen Schweif durch die Bäume und rannte hinterher. Mit einmal wurde es dunkler und dunkler. Angst schlich sich in mein Herz, Nebel waberte auf, und dann hörte ich das schrille Wiehern von Fly. Panisch schrie ich nach ihm, lief ihm hinterher. Eine Lichtung, ich sah ihn, die Augen weit aufgerissen auf einen Baum fixiert, wie er rückwärts auf den Abgrund zulief. „Nein, Fly, komm zu mir, ich beschütze dich“, schrie ich ihm zu. Zu spät, mit einem schrillen Wiehern stürzte er in den Abgrund. Ein Lachen von dem Baum. Ich brauchte all meinen Mut, weiterzulaufen, um hinter den Baum zu sehen. Dort stand Thomas. Mit einem erstickten Schrei wachte ich auf.
Mein Pyjama war verschwitzt. Verwirrt sah ich mich in meinem Zimmer um, es war vier Uhr morgens. Ich ließ mich erschöpft ins Bett zurückfallen. Lauschte auf mein Herz, das sich erst langsam beruhigte. Ich überlegte, ob ich Henning anrufen sollte, aber ich konnte mich nicht überwinden, die Nummer auf dem Handy zu drücken. Etwas hielt mich davon ab. Eine unbestimmte Angst, die mich ergriffen hatte. Irgendetwas wollte mir mein Unterbewusstsein mitteilen. Das war für mich auf einmal sonnenklar. Nur was, begriff ich auch diesmal nicht.
Schlafen konnte ich nicht mehr, also stand ich auf, duschte und zog mich an. Im Freien fühlte ich mich besser. Ich fragte mich, warum sich mein Traum so verändert hatte. Noch immer sah ich Fly sterben, aber diesmal nicht so, wie es wirklich passiert war. Ich fühlte mich dabei schuldig, wie in dem anderen Traum. Allerdings nicht, weil ich gesprungen war, sondern weil ich etwas übersah. Als ich in der aufsteigenden Dämmerung an der Baumgruppe neben den Paddocks vorbeiging, fiel mir wieder eine Szene ein, an die ich seitdem nie wieder gedacht hatte. Henning, wie er dort hervorgekommen war am Abend vor dem Turnier.
Ich schloss die Augen, lehnte mich an einen Baum. Ja, genau hier war er
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