Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten
Widerspiegelung von etwas Fundamentalerem?« Er hielt sich den Finger dicht vor die Augen und untersuchte ihn mit spöttischem Grinsen, zuerst die eine Seite, dann die andere. »Ach, ich glaube, es ist doch bloß ein Finger.«
»Er redet oft so dummes Zeug«, sagte Dhuri, Besorgnis in der Stimme. »Ich glaube, es ist der Grund, warum er von den Tleilax weggeworfen wurde.«
»Ich lasse mich nicht patronisieren«, sagte Bijaz, »doch ich habe einen neuen Patron. Wie seltsam ist das Wirken des Fingers.« Er blickte zu Otheym und Dhuri, und ein seltsamer Glanz kam in seine Augen. »Ein schwacher Leim verband uns, mein lieber Otheym. Ein paar Tränen, und wir gehen auseinander.« Seine großen Plattfüße klatschten auf den Boden, als er sich mit einem Ruck umdrehte und Paul fixierte. »Ah, Patron! Ich machte einen langen Umweg, bis ich dich fand.«
Paul nickte.
»Du wirst mich mit Freundlichkeit und Güte behandeln, Usul?« fragte Bijaz. »Ich bin eine Person, verstehst du? Personen kommen in vielen Formen und Größen vor. Dies ist nur eine unter ihnen. Ich bin schwach an Muskelkraft, aber stark mit dem Mund; billig zu füttern, aber kostspielig zu füllen. Du magst mich leeren, wie es dir gefällt, es wird doch mehr in mir sein als Menschen hineingetan haben.«
»Wir haben keine Zeit für deine einfältigen Rätsel«, murrte Dhuri. »Du solltest längst fort sein.«
»Ich bin angefüllt mit Scherzen und Rätseln«, sagte Bijaz, »aber nicht alle von ihnen sind einfältig. Fort zu sein, heißt ein Vergangener sein. Ja? Vergessen wir das Vergangene. Dhuri spricht wahr, und ich habe auch ein Talent, die Wahrheit zu hören.«
»Du hast Wahrheitsgespür?« fragte Paul. Er war jetzt entschlossen, das Uhrwerk seiner Vision ablaufen zu lassen. Alles war besser, als diese Momente zu zerstören und eine neue Situation mit neuen Konsequenzen zu schaffen. Es blieben noch Dinge, die Otheym zu sagen hatte und die er abwarten mußte, damit die Zeit nicht in noch gefährlichere Kanäle umgeleitet würde.
»Ich habe ein Gespür für das Jetzt«, antwortete Bijaz.
Paul merkte, daß der Zwerg nervöser geworden war. Ahnte der kleine Mann von Dingen, die zu geschehen im Begriff waren? Konnte Bijaz sein eigenes Orakel sein?
»Hast du dich nach Lichna erkundigt?« fragte Otheym unvermittelt. Sein unversehrtes Auge blickte zu Dhuri auf.
»Lichna ist in Sicherheit«, sagte Dhuri.
Paul senkte den Kopf, um sich nichts anmerken zu lassen. In Sicherheit! Lichna war Asche in einem geheimen Grab.
»Das ist gut, dann«, murmelte Otheym, der Pauls gesenkten Kopf für ein Zeichen von Zustimmung nahm. »Eine gute Sache zwischen den Übeln, Usul. Die Welt, die wir machen, gefällt mir nicht, weißt du das? Es war besser, als wir allein in der Wüste waren und nur die Harkonnen zu Feinden hatten.«
»Es ist nur eine dünne Linie zwischen vielen Feinden und vielen Freunden«, sagte Bijaz. »Wo diese Linie aufhört, gibt es keinen Anfang und kein Ende. Lassen wir es enden, meine Freunde.« Er schob sich an Pauls Seite, wo er wartend stehenblieb und von einem Fuß auf den anderen trat.
»Was ist Gespür für das Jetzt?« fragte Paul in einem Versuch, den Zwerg hinzuhalten und diese Momente hinauszuziehen.
»Jetzt!« sagte Bijaz, zitternd vor Nervosität. »Jetzt! Jetzt!« Seine spinnenhaften Finger zupften an Pauls Destillanzug. »Laß uns jetzt gehen!«
»Sein Mund plappert, aber es ist keine Gefahr in ihm«, schnaufte Otheym. Zärtlichkeit war in seiner alten Stimme, als er den Zwerg ansah.
»Tränen können eine Trennung ankündigen«, sagte Bijaz. »Aber auch ein Röcheln kann es tun. Gehen wir, solange noch Zeit für einen Anfang ist.«
»Bijaz, was fürchtest du?« fragte Paul.
»Ich fürchte, daß der Geist mich jetzt sucht«, stieß der Zwerg hervor. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Sein Gesicht zuckte. »Ich fürchte den, der nicht denkt und keinen Körper haben wird außer meinem und der in mich zurückkehrt! Ich fürchte die Dinge, die ich sehe, und die Dinge, die ich nicht sehe.«
Dieser Zwerg hat die Gabe des zweiten Gesichts, dachte Paul. Bijaz teilt das furchtbare Orakel mit mir. Teilte er auch das Schicksal des Orakels? Wie stark war die Macht des Zwerges? Hatte er die geringe Voraussicht jener, die mit dem Tarock Wahrsagerei betrieben? Oder war es etwas anderes, eine wirkliche Begabung? Wieviel hatte er gesehen?
»Es wird am besten sein, wenn ihr jetzt geht«, sagte Dhuri. »Bijaz hat recht.«
»Jede Minute,
Weitere Kostenlose Bücher