Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
mattglänzenden Plastahlschicht glitzerten da und dort Oberflächenaugen. Sie bemerkte, daß es sich dabei um altmodische Kom-Augen handelte, die viel größer waren als die modernen.
Tief in den Schatten schwang an lautlosen Scharnieren eine Tür auf.
»Hierher!« Burzmali griff nach hinten und schob sie – eine Hand auf ihrem Ellbogen – nach vorn.
Sie betraten einen mattbeleuchteten Korridor, der nach exotischem Essen und bitteren Essenzen roch. Es kostete Lucilla nur einen Augenblick, die Düfte zu identifizieren, die den Angriff auf ihre Nasenschleimhäute starteten. Melange! Der intensive Geruch von Zimt war unverkennbar. Und ja: Semuta! Sie identifizierte angebrannten Reis und verschiedene Salze. Irgend jemand tat hier so, als würde er etwas kochen. Hier wurden Explosivstoffe hergestellt. Sie dachte daran, Burzmali zu warnen, doch dann überlegte sie es sich anders. Es war nicht nötig, daß er davon erfuhr, und vielleicht gab es in diesem engen Raum Ohren, die hörten, was sie sagte.
Burzmali ging vor ihr eine im Halbdunkel liegende Treppenflucht hinauf, an deren schräggeneigter Scheuerleiste ein Leuchtstreifen entlanglief. Oben angekommen, fand er unter der überall geflickten Wand einen verborgenen Schalter. Es gab keinen Laut, als er ihn betätigte, aber Lucilla spürte, daß die sie umgebenden Bewegungen sich veränderten. Stille. Soweit es ihre Erfahrung betraf, war diese Stille völlig neuartig – wie ein heimliches Vorbereiten auf eine Flucht oder einen Angriff.
Es war kalt im Treppenhaus, und sie fröstelte – aber nicht wegen der Kälte. Hinter der Tür, die neben dem vom Flickwerk verborgenen Schalter lag, waren Schritte zu hören. Eine grauhaarige Hexe in einem gelben Kittel öffnete die Tür und schaute zu ihnen auf. Lucilla sah buschige Augenbrauen.
»Sie sind es«, sagte die Alte mit bebender Stimme. Sie machte Platz, damit sie eintreten konnten.
Als Lucilla hörte, daß die Tür sich hinter ihnen schloß, sah sie sich rasch in dem Raum um. Für einen nicht sehr aufmerksamen Menschen hätte er einfach schäbig gewirkt, aber das war nur Tarnung. Er hatte seine Qualitäten. Die Schäbigkeit war nichts als eine Maske. Man hatte den Raum den Bedürfnissen einer bestimmten Person angepaßt: Das kommt hierhin, basta! Und das kommt dahin – und da bleibt es auch! Die Möbel und das Zubehör – alles wirkte ein wenig schäbig, ein wenig abgewetzt, aber wer hier lebte, machte sich nichts daraus. Dem Raum war so besser gedient. Er wirkte so, als müsse es hier so aussehen.
Wem gehörte er? Der alten Frau? Sie ging gerade gebückt auf eine Tür zu, die links von Lucilla lag.
»Wir wollen bis zum Morgengrauen nicht gestört werden«, sagte Burzmali.
Die alte Frau blieb stehen und drehte sich um.
Lucilla studierte sie eingehend. Hatte sie es schon wieder mit jemandem zu tun, der sein hohes Alter nur vortäuschte? Nein. Sie war wirklich so alt. Jede ihrer Bewegungen zeugte von zerstreuter Unbeständigkeit – das Zittern ihres Halses deutete auf eine körperliche Schwäche hin, gegen die sie nichts tun konnte.
»Selbst wenn es jemand von Wichtigkeit ist?« fragte die alte Frau mit ihrer zittrigen Stimme.
Wenn sie sprach, zuckten ihre Lider. Ihre Lippen bewegten sich nur minimal, um die notwendigen Töne hervorzubringen. Die Worte kamen aus ihrem Mund, als müsse sie sie tief aus ihrem Inneren hervorholen. Ihre Schultern, vom Alter und jahrelanger gebückter Arbeit rund geworden, richteten sie nicht so weit auf, als daß sie Burzmali hätte in die Augen sehen können. So lugte sie irgendwie verstohlen unter ihren Brauen hervor.
»Welche wichtigen Persönlichkeiten erwarten Sie?« fragte Burzmali.
Die alte Frau schüttelte sich; sie schien viel Zeit zu brauchen, um ihn zu verstehen.
»Hier kommen wichtige Leute her«, sagte sie.
Lucilla erkannte jetzt ihre Körpersprache, und weil Burzmali es einfach wissen mußte, platzte sie heraus: »Sie stammt von Rakis!«
Die alte Frau warf Lucilla einen überraschten Blick zu. Dann sagte sie mit ihrer uralten Stimme: »Ich war Priesterin, Dame der Hormu.«
»Natürlich stammt sie von Rakis«, sagte Burzmali. Sein warnender Tonfall sagte ihr, daß sie keine Fragen stellen sollte.
»Ich würde Ihnen nie ein Leid zufügen«, sagte die Hexe weinerlich.
»Dienst du immer noch dem Zerlegten Gott?«
Wieder dauerte es geraume Zeit, bis die alte Frau reagierte.
»Viele dienen dem Großen Guldur«, sagte sie.
Lucilla schürzte die Lippen und sah sich
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