Dune-Stories: Träume vom Wüstenplaneten
zurückbekommen hätte.
Nachdem Bauers gegangen war, saß Jesse wie betäubt da. Er wollte nur allein sein. Der alte Tuek stand neben ihm, offenbar voller unausgesprochener Worte, mit denen er seinen Herrn trösten wollte. Aber er schwieg.
Jesse fühlte sich nicht im Geringsten wie ein Sieger.
34
Es gibt nichts Befriedigenderes als einen bezwungenen Feind.
Valdemar Hoskanner
Kurz vor der Explosion der kaiserlichen Jacht war Cullington Yueh an Bord gewesen, in einer von der Außenwelt abgeschotteten »Sicherheitskabine«. Schließlich würden die Linkams ihn als Verräter zweifellos töten wollen.
Als Folge von Yuehs Verrat hatten Kaiser Wuda und die Hoskanners bekommen, was sie wollten, doch der alte Arzt glaubte nicht mehr daran, dass man ihm seine Frau zurückgeben würde. Selbst wenn Wanna wie durch ein Wunder überlebt hatte, würde er ihr niemals gestehen können, was er getan hatte, um sie freizukaufen. Die Schande war zu groß.
Der aufgewühlte Arzt durfte seine Kabine verlassen, als der Hochkaiser ihn zu sich bestellte. Zwei Wachen eskortierten ihn zurück in den Audienzsaal und befahlen ihm zu warten, bis Wuda beschloss, ihn zu sehen. Allein mit seinem Gewissen stand Yueh nervös an einem elegant verzierten Bullauge, einem Oval in kunstvoll gearbeitetem Goldrahmen.
Während er mit leerem Blick auf die Stadt hinabschaute, dachte der alte Arzt darüber nach, wie diese aggressiven Mistkerle in Edelmann Linkam jemand gefunden hatten, der es mit ihnen aufnehmen konnte. Statt sich nach der Entführung seines Sohns dem Ultimatum des Kaisers zu unterwerfen, hatte Jesse seinerseits mit einer vernichtenden Drohung reagiert.
Eine Pattsituation. Der Kaiser schien nicht zu begreifen, zu welch drastischen Entschlüssen man einen Menschen treiben konnte, der nichts mehr zu verlieren hatte. Yueh kannte das nur allzu gut von sich selbst. Er wünschte, er selbst wäre so stark gewesen. Jetzt machte er sich Sorgen um Barri und Dorothy und hasste sich für die Rolle, die er bei dem, was ihnen widerfahren war, gespielt hatte. Eigentlich sollte er ein Heiler sein. Wie konnte er es rechtfertigen, ihr Leben in Gefahr zu bringen?
Warum ließ der Kaiser so lange auf sich warten, und warum hatte er Yueh überhaupt herbestellt? Es war still im elegant eingerichteten Audienzsaal ... viel zu still.
Der Doktor hatte vieles falsch beurteilt. Als er den Entführern Zutritt zum Anwesen verschafft hatte, hatte er sich eingeredet, dass dem Jungen nichts geschehen würde, dass Jesse einfach nachgeben und alles ein gutes Ende nehmen würde. Doch nach all den Jahren im Dienste des Hauses Linkam hätte Yueh den Edelmann besser kennen sollen.
Ungeduldig schaute er auf das Landefeld hinunter und sah zu seiner Überraschung den Hochkaiser, der sich in Begleitung des hochgewachsenen, imposanten Valdemar Hoskanner, des zappeligen, reichgeschmückten Ulla Bauers und einer kleinen Gefolgschaft eilig von der Jacht entfernte.
Eine plötzliche unerklärliche Panik überkam Yueh. Man hatte ihn hierher bestellt und ihm befohlen zu warten, um sicherzugehen, dass er an Ort und Stelle blieb.
Er fühlte sich wie betäubt von der Ahnung, dass sich schreckliche Gewalten gegen ihn verbündet hatten, dass all die dunklen Geheimnisse von noch tieferem Dunkel umgeben waren. Als er zum Eingang des Saals blickte, sah er, dass die Wachtposten ebenfalls verschwunden waren.
Etwas würde geschehen. Er musste fort, und zwar schnell! Dann erinnerte er sich an seinen Treueschwur Dorothy gegenüber. Sie und Barri Linkam wurden in einer abgeriegelten Kabine an Bord der Jacht festgehalten.
Yueh hastete auf den beunruhigend leeren Gang hinaus und lief mit Höchstgeschwindigkeit den ringförmigen Hauptkorridor entlang. Als er niemanden sah, ging er ein Deck höher und eilte zu den Arrestzellen. Er öffnete das Türschloss und betrat einen großen, schmucklosen Raum, der die Mitte des Decks einnahm.
»Barri!«, rief er. »Wo ist deine Mutter?«
Der Junge saß an einer Konsole, und seine ganze Aufmerksamkeit wurde von einem elektronischen Spiel in Anspruch genommen. Sein widerspenstiges braunes Haar war noch zerzauster als sonst. Desinteressiert blickte er sich zum Doktor um und zeigte dann auf einen Durchgang, bevor er sich wieder seinem Spiel zuwandte. Es schien das Einzige zu sein, was den Jungen in dieser kargen Behausung geistig beschäftigt hielt.
Yueh, dessen ungutes Gefühl sich weiter verstärkte, fand Dorothy Mapes in einem kleinen Zimmer.
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