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Dungirri 01 - Schwarze Dornen

Titel: Dungirri 01 - Schwarze Dornen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronwyn Parry
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seiner Augen wenden, die ihr Spiegelbild betrachteten, die sie betrachteten. Ihr Herz schlug schneller, und jeder Nerv reagierte so unwillkürlich auf seine Anwesenheit wie eine Kompassnadel, die nach Norden zeigt.
    Magnetische Anziehung . Schon als die Worte sich in ihrem Kopf formten, war ihr klar, dass dies weit tiefer reichte als rein körperliches Begehren.
    Die gut aussehenden Männer, von denen andere Frauen
schwärmten, hatten sie bislang meist völlig kalt gelassen, und sie hatte sich hin und wieder tatsächlich gefragt, ob mit ihr etwas nicht stimmte, ob sie den Spitznamen Eisprinzessin, den die Kollegen ihr verpasst hatten, womöglich gar zu Recht trug. Doch hier stand der Beweis, dass dem nicht so war. Mehr als ein Meter achtzig Beweiskraft in Gestalt eines Mannes, der sich nicht nur ihren Respekt verdient hatte, sondern auch ihre Berührungsängste und ihr Bedürfnis nach körperlichem wie seelischem Abstand überwunden hatte; der Gefühle in ihr wachgerufen hatte, die schon so lange schlummerten, dass sie selbst sie kaum noch als zu sich gehörig erkannte.
    Vielleicht würde sie sich später wieder fürchten, aber nicht jetzt, nicht in diesem Augenblick, in dem sie das Dunkel und die Stille der späten Stunde teilten, und was auch immer zwischen ihnen geschehen mochte, war vertraulich, nur für sie beide bestimmt.
    Sein Spiegelbild allein befriedigte sie nicht, und so drehte sie sich langsam zu ihm um, betrachtete ihn, wie er sie betrachtete. Ihr unsteter Atem und das leise Surren der Computer waren die einzigen Geräusche im Saal.
    Er wahrte denselben vorsichtigen Abstand wie schon den ganzen Abend, den ganzen Tag, und kam ihr nicht zu nahe. Doch er war nah genug, dass sie den flatternden Puls an seinem Hals sah und ein gezügeltes, doch deshalb nicht weniger machtvolles Begehren in seinen Augen.
    Es war also nicht nur Einbildung gewesen. Auf dieselbe ungewohnte, ungebetene Weise, auf die er ihr wichtig war, war auch sie ihm wichtig. Und welches unsichtbare Band sie auch aneinander fesseln mochte, es war für sie beide kein leichtes oder unbeschwertes.
    Echtheit . Das Wort schlich sich in ihre Gedanken und
setzte sich dort fest; es passte auf ihn, es beschrieb, wie sie ihn kennengelernt hatte. Er war kein Mensch, der sich verstellte oder eine Rolle spielte, er war immer nur er selbst. Vielleicht rührte daher ihr Vertrauen zu ihm. Wenn er auch nicht alles aussprach, was er dachte - hinter seinem selbstbewussten Auftreten spürte sie seine persönliche Zurückhaltung -, so war das, was er sagte, doch stets aufrichtig.
    Tiefe, Echtheit, Mitgefühl. Wie könnte sie auf diese Eigenschaften nicht reagieren? Und wie könnte sie nicht auf die Erschöpfung reagieren, die seine sonst so mitreißende Energie dämpfte? Zwei Tage am Stück hatte er alles und jeden im Auge behalten, hatte Meinungen eingeholt, bevor er Entscheidungen getroffen hatte, hatte Fragen beantwortet, Bedürfnisse erspürt, hatte unermüdlich geleitet, geführt und koordiniert. Und all das mit höchstens ein oder zwei Stunden Schlaf.
    Der Preis, den er dafür zahlte, zeigte sich nun an dem trostlosen, erschöpften Ausdruck in seinen Augen. Den ganzen Tag hatte er an ihrer Seite gestanden, immer bereit sie zu unterstützen, sobald sie Unterstützung brauchte. Doch wer war für ihn da, wenn er jemanden brauchte, in dunklen Nächten wie dieser, wenn alle Antworten unerreichbar schienen?
    Ich . Tief in ihr festigte sich die stille Überzeugung, klar und gewiss und unerschütterlich. Sie durfte ihn jetzt nicht allein lassen.
    Sie streckte den Arm aus und legte die Hand an seine Wange, sein Atem stockte, und seine Augen weiteten sich bei ihrer freiwilligen Berührung.
    »Du bist müde, Alec«, flüsterte sie. »Du musst schlafen.«

    Er legte seine Hand auf ihre, drückte sie an seine warme, raue Haut, und sie machte keinerlei Anstalten, sie zurückzuziehen. Die alten Lampen verbreiteten ein grelles Licht im Saal, doch die Stille der Nacht beruhigte sie, und ein seltsamer Friede breitete sich in ihr aus.
    Als er sprach, lag in seiner tiefen Stimme eine Heiserkeit, die nicht allein der Erschöpfung entsprang. »Das war das erste Mal, dass du mich Alec genannt hast.«
    Das ließ sich nicht leugnen, erkannte sie und staunte, dass es ihm aufgefallen war, obwohl sie selbst es doch kaum bemerkt hatte. Ja, sie hatte seinen Vornamen benutzt, um ihn anderen vorzustellen - aber nicht, um ihn direkt anzusprechen.
    Es lag kein Vorwurf in seiner Beobachtung,

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