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Dungirri 01 - Schwarze Dornen

Titel: Dungirri 01 - Schwarze Dornen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronwyn Parry
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Menschen, die auf der Straße nach Birraga gesehen worden waren. Viel zu viele Namen und doch stand irgendwo dort die Lösung. Zwangsläufig. Wenn es ihr nur gelänge, die richtigen Querverbindungen zu ziehen, die Zusammenhänge zu sehen.
    Sie konzentrierte sich ganz auf die Tafel und schob, weil sie sich setzen wollte, gedankenverloren ein paar Akten von der Tischkante zurück: Fast wäre ihr das Herz stehen geblieben, als mit lautem Knall ein Stapel Jahrbücher zu Boden fiel.
    Sie hob die Hefte auf, eins war beim Fallen aufgeklappt, und sie blätterte noch einmal darin. Gestern hatte sie nur auf die Fotos der Schüler geachtet. Diesmal betrachtete sie auch ein paar der Beiträge und Berichte, Gedichte und Kunstwerke. Auf den Doppelseiten mit den Schülern der Abschlussklasse sah sie zumeist bekannte Gesichter - es war der Jahrgang ihrer ehemaligen Klassenkameraden. Jeder von ihnen sah ein bisschen erwachsener aus als zu der Zeit, da sie die Schule verlassen hatte, sie wirkten selbstbewusst und bereit, es mit der Welt aufzunehmen.
    Mit bittersüßer Wehmut blätterte sie von diesen Mittelseiten weiter zu den Sportberichten, sie wollte sich nicht länger als ein paar Sekunden damit aufhalten und das Heft rasch wieder zuklappen.
    Doch dann sprang ihr der Name »Tomasi« ins Auge.
    Sie las den gesamten Artikel, und die Seiten zitterten
in ihren Händen. In diesem Jahr war die Oberstufen-Rugbymannschaft der Birraga Highschool im North-West District Grand Final gegen die Murren Highschool angetreten.
    In dem heiß umkämpften Spiel hatte Birraga kurz vor Schluss mit einem Punkt in Führung gelegen. Sekunden vor dem Schlusspfiff hatte Len Tomasi für Murren einen erfolgreichen Versuch getreten und so das Spiel entschieden.
    Len Tomasi. Kaseys Vater. Murren lag nicht weit von Jerran Creek entfernt - vermutlich war es der nächste Ort mit einer Highschool.
    Sie starrte auf das Mannschaftsbild. Da standen sie alle: Ryan und Mitch, Mark, Paul Barrett und sein jüngerer Bruder Sean, Darren, unzertrennlich Robbie und Pete, Ben. Alle im Rugbytrikot, gesponsert von Ward’s Rural Supplies. Neben der Mannschaft stand der Trainer, Jim Barrett.
    Dungirri war seit jeher rugbyverrückt, und sein Beitrag zu den Junior und Senior Teams des Distrikts war eine Quelle grenzenlosen Stolzes. Und Len Tomasi hatte ihnen einen Sieg im Grand Final gestohlen.
    Das konnte kein Zufall sein. Vielleicht hatten die meisten den Namen inzwischen vergessen, vielleicht sogar das ganze Spiel - bei achtzehnjährigen Jungs war es nicht weit her damit, sich Details einzuprägen. Es erstaunte Isabelle daher nicht, dass keiner von ihnen diese dürftige Verbindung zwischen den Tomasis und Dungirri erkannt hatte.
    Aber irgendjemand hatte es wahrscheinlich getan. Irgendjemand aus dem Umkreis der Mannschaft, der Len möglicherweise in Jerran Creek wiedererkannt und zu seinem ersten Zielobjekt erkoren hatte.

    Sie wandte sich wieder der Tafel zu und konzentrierte sich ausschließlich auf die Namen. Nur die Namen, in schwarzer, blauer und grüner Tinte, ein Farbwechsel immer dann, wenn wieder einer der arg beanspruchten Stifte ausgetrocknet war. Menschen ohne Alibi: ein halbes Dutzend Namen, darunter Paul und Jim. Vorbestrafte: Sean, ganz oben auf der Liste. Menschen auf der Straße nach Birraga: Delphi, Joe, der Bücherbus, Darren - bei ihm hatte der Stift schlappgemacht und gerade noch gereicht, um den Namen in blassem, ausgefranstem Grün zu vollenden. Genau wie Darren selbst, überlegte sie. Als sie noch Kinder waren, da war er immer eine Art Mauerblümchen gewesen, nie richtig Teil der Gruppe, immer nur am Rand dabei. Ihr selbst war es nicht viel anders gegangen, nur dass Darren immer dazugehören wollte, während es ihr egal war.
    Darren wollte dazugehören … Er hatte Witze gerissen, die nicht besonders witzig waren, hatte mit seinem Daddy geprahlt, der die Holzfällermeisterschaft in Sydney gewonnen hatte, und ununterbrochen davon erzählt, dass er später einmal zum Geheimdienst wolle. Meistens hatten die Jugendlichen in ihrem Alter seine nervtötende Art und ihn selbst nicht weiter beachtet, sie hatten ihn zwar nicht bewusst ausgeschlossen, aber eben auch nie wirklich mit einbezogen …
    Hämmer dröhnten in ihrem Kopf und stanzten die Wahrheit heraus, die so leicht zu übersehen gewesen war, eben weil Darren selbst so leicht zu übersehen war. Die Puzzleteile fielen an ihren Platz und fügten sich zu einem finsteren, erschreckenden Bild.

22
    A lec!«

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