Dunkel ist die Sonne
schlief man. Es gab nichts zu essen, aber wenigstens litten sie keinen Durst.
Wenn sie urinieren oder den Darm entleeren mußten, gingen sie in einen bestimmten Raum auf dem oberen Deck. Das konnte nur jeweils einer tun, damit die and e ren auf dem unteren Deck das Gewicht des Betreffenden ausgleichen konnten. Zuerst war der Geruch nicht allzu schlimm. Später wurde er dann sehr stark. Da öffneten sie für einen kleinen Moment die Tür und ließen etwas frische Luft herein. Es kam die Zeit, da sie beschlossen, dies nur dann zu tun, wenn der Gestank unerträglich wurde. Da sie aber nichts zu essen hatten, hatten sie schließlich auch keinen Stuhlgang mehr. Es vergingen drei Ruhezeiten, und das war auch das einzige, was g e schah. Sie durchfuhren einen lange andauernden Sturm, bei dem sich viele übergeben hätten, wenn sie nur etwas im Magen gehabt hätten.
Dann legte sich der Wind, und sie wurden von sanften, großen Wellen getragen. Als es soweit war, sprach der Yawtl etwas aus, was mehr als einer der anderen bislang nur gedacht hatte. Aber man kam überein, daß sie es noch eine Weile aushalten wollten. Die Sklaven waren sehr dafür, da, wenn jemand hätte gegessen werden so l len, sie als erste dran gewesen wären.
Kurze Zeit danach blieb das Schiff mit einem Krach stehen, so daß diejenigen, die gestanden hatten, auf das Deck geschleudert wurden. Das Fahrzeug stieß noch einmal gegen das Hindernis, dieses Mal weniger stark, und fing dann an, sich zu drehen. Kurz darauf schlug es mit der ganzen Länge gegen irgend etwas und hob und senkte sich.
Deyv versuchte, die Tür zu öffnen, was zuerst unmö g lich schien. Erst als Sloosh jeden außer Deyv auf die a n dere Seite befahl, damit sich das Fahrzeug auf Deyvs Seite heben konnte, ging die Tür auf. Deyv sah gerade noch rechtzeitig hinaus, um zu erkennen, wie sich der Leib eines Seetieres auf ihn zuwälzte. Er knallte die Tür zu, bevor das Geschöpf dagegen schlug.
Nachdem er die Hebungen abgezählt hatte, öffnete er die Tür in dem Moment noch einmal, in dem er annahm, daß sie am weitesten von dem harten Leib entfernt sein würden. Einen Augenblick später begab er sich in den Raum auf der entgegengesetzten Seite.
„Wir sind mit einem toten Segeltier zusammengest o ßen.“
25
Deyv sprang von dem Türeingang aus auf den Rumpf. Das Geschöpf lag parallel zu einem steinigen Strand auf der Seite. Der Rumpf war, obgleich naß, nicht allzu steil. Er kletterte auf Händen und Füßen hinauf, packte die Kante und blickte hinüber. Was immer vorher das Deck dargestellt haben mochte, war jetzt verschwunden. Falls es aus Fleisch oder aus einer Lederhaut bestanden hatte, war es genau wie die Segel und die Blütenaugen und die anderen Organe zerfallen. Nur ein Skelett war noch übrig; die Knochen standen aus dem Rumpfinneren hervor – falls man die harten, metallisch wirkenden Gegenstände so nennen konnte.
Auf dem Boden lagen drei Haufen Knochen. Das konnten die Skelette der Jungen sein, der wurstförmigen Flossentiere. Sie waren im Mutterleib gestorben, nac h dem die Mutter umgekommen war.
Deyv betrachtete die ganze Länge des Rumpfes. Wenn eine Welle vom Ufer zurücktrat, wurde fast das ganze Maul sichtbar. Der Unterkiefer zog sich unten am Bug entlang und dann nach oben; er war mit Reihen riesiger, dreieckiger Zähne ausgestattet. Er stand ungefähr zwei Meter weiter vor als der Oberkiefer, der einen festen B e standteil des Bugs darstellte.
Sloosh hatte das eine Ende von Deyvs Seil an einem Sitz festgemacht, den er aus dem Deck des Fahrzeugs der Alten herausgefaltet hatte. Das andere Ende hatte er Deyv zugeworfen, der sich am Rande des Rumpfs en t langgearbeitet hatte. Dann sprangen der Yawtl und Vana hinaus und stießen zu ihm. Sie zogen das Schiff so lange neben dem toten Tier her, bis der Türeingang hinter dem Kieferbug war. Die anderen kamen hinzu, um zu helfen. In kurzer Zeit hatten sie das Schiff ans Ufer und halb in den Wald gezogen. Als sie die kegelförmige Nase zw i schen zwei Bäumen festgemacht hatten, suchten sie sich etwas zu essen. Nachdem sie sich die Bäuche mit Obst, Nüssen und Beeren vollgestopft hatten – einige von i h nen mußten sich hinterher übergeben, da sie zuviel zu schnell gegessen hatten –, machten sie das Schiff sauber. Sloosh legte es wieder zusammen und ließ es sich auf den Rücken schnallen.
Der Pflanzenmensch machte sich anschließend daran, das Innere des Schiffstieres zu untersuchen. Es war leicht, vom
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