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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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stattdessen einen Whiskey. Wenn er sich mit Ihnen anlegen will, schicken Sie ihn zu mir.“
    â€žJawohl, Sir.“
    â€žUnd für die Dame …?“ Will schaute Nell fragend an.
    â€žOh, nein danke … für mich nichts. Ich bin ja nur gekommen, um …“
    â€žAber wo Sie schon einmal hier sind, können Sie mir auch Gesellschaft leisten mit einem … Cocktail? Vielleicht einem Sherry? Oder wenigstens mit einer Tasse Tee.“
    Es war bereits eine ganze Weile her, dass Nell in Begleitung eines Mannes ausgegangen war. Gouvernanten genossen zwar gewisse Vorzüge, die den jungen Damen jener Familien, für die sie arbeiteten, versagt blieben – wie beispielsweise, sich allein in die Öffentlichkeit zu begeben –, doch mit Männern geselligen Umgang zu pflegen, war strengstens untersagt. Der tiefere Sinn dessen war natürlich, dass von einer Gouvernante erwartet wurde, unverheiratet zu bleiben, damit sie ihre ungeteilte Aufmerksamkeit ihren Schützlingen widmen konnte – eine Annahme, die davon ausging, dass aus dem Umgang mit Männern letztlich eine Heirat folgen müsse. Doch was sollte hier schon passieren, dachte sich Nell, hatte sie doch keine solchen Absichten auf Will und er ganz gewiss keine wie auch immer gearteten Absichten auf sie – die Opiate hatten ihn längst aller Gelüste beraubt, außer dem Verlangen nach noch mehr Opiaten.
    â€žIch möchte aber auf gar keinen Fall hier gesehen werden“, gab sie dennoch zu bedenken.
    â€žDann setzen Sie sich einfach mit dem Rücken zum Saal. Hier sind ohnehin alle viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie Notiz von Ihnen nähmen.“
    Sie nahm Will gegenüber Platz, ließ ihn einen Sherry für sie bestellen und für sich selbst noch eine Dose Bull Durhams.
    â€žEs dürfte Sie kaum überraschen“, begann Will und schwenkte den Cognac in seinem Glas, „dass Harry sich von Ihrer Entschuldigung wenig beeindruckt gezeigt hat. Reue ist ein Fremdwort für ihn. Da er sich nie für seine Sünden hat verantworten müssen, hat er auch nie verstanden, was es mit Schuld und Vergebung auf sich hat. Sollte er seine Taten jemals bedauern, dann nur, weil er um sich selbst fürchtet.“
    â€žAls ob er da je etwas zu befürchten hätte“, meinte Nell spöttisch.
    â€žWohl wahr. Der Heilige Augustus würde niemals sein eigen Fleisch und Blut im Stich lassen – zumal der gute Leo Thorpe sich ja so trefflich darauf versteht, jeglichen Schaden zu begrenzen.“
    Besagter Leo Thorpe – Anwalt, Stadtrat und August Hewitts ältester und bester Freund – hatte seit Harrys frühester Jugend dessen wüsteste Verfehlungen mit einem Mantel des Schweigens bedeckt: öffentliche Trunkenheit und Rüpeleien, Huren und Glücksspiel, geschwängerte Fabrikarbeiterinnen bei Hewitt Mill & Dye Works, Prügeleien … Stadtrat Thorpe musste nur die richtigen Leute mit kleinen Aufmerksamkeiten bedenken, und schon war es, als sei niemals etwas geschehen. „Ich bin ehrlich gesagt verwundert, dass Sie und Harry nun wieder miteinander reden“, bemerkte Nell.
    Einen Augenblick hielt Will sich das Glas unter die Nase, um das Aroma des Cognacs zu genießen, trank jedoch nicht. „Ich bin vor sechs Tagen, am Freitagmorgen, zurück in die Stadt gekommen“, begann er. „Nachdem ich mir ein Zimmer im Revere House genommen hatte, habe ich erst einmal ordentlich Austern gegessen und bin danach hinunter zur Colonnade Row geschlendert. Beim Boston Common habe ich mich auf eine Bank gesetzt – gegenüber dem Haus meiner Eltern – und gewartet, dass Sie herauskämen.“
    Nell verzichtete darauf zu fragen, warum er denn nicht einfach an die Tür geklopft hatte. Lange schon war er seinen Eltern entfremdet – besonders das Verhältnis zu seinem Vater war sehr kühl und angespannt –, und so war es wenig verwunderlich, dass er eine Begegnung mit ihnen vermeiden wollte.
    â€žIch war gerade bei meiner sechsten Zigarette angelangt“, fuhr er fort, „als ich Sie endlich herauskommen sah. Allerdings kamen Sie nicht allein.“
    â€žAh …“ Nun verstand Nell und meinte: „Gracie.“
    â€žSie nahmen sie bei der Hand, und lachend liefen Sie beide über die Straße und in den Park. Sie hatte ein kleines Spielzeugboot dabei.“
    â€žDas lässt sie sehr gern auf dem

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