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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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es die Sprache. Für sie waren sechshundert Dollar ein Jahreslohn.
    â€žEr war bei seinen letzten Reserven angelangt“, fuhr Will fort, „weshalb ich ihn nicht lange überreden musste, woanders hinzugehen. Ich schlug eine kleine Destille in der Devonshire Street vor, wo man zu fairen Bedingungen und mit niedrigem Einsatz Siebzehnundvier spielen kann. Es ist nicht weit vom Poole’s, und wir sind den kurzen Weg gelaufen. Währenddessen habe ich ihn gefragt, was er sich dabei gedacht hat, Ihnen in der Fabrik die Tür zu weisen. Ich habe ihm erklärt, dass Sie mit ihm über Bridie Sullivan sprechen wollten – im Auftrag von Lady Viola, damit er begriff, dass er damit auch sie brüskiert hatte. Er meinte, eine so kluge Dame wie unsere Mutter sollte es besser wissen, als so jemanden wie Sie für andere Dienste als das Kochen und Putzen in Anspruch zu nehmen, wenn überhaupt, und er habe keineswegs die Absicht, Ihre fortwährende Anstellung auch noch gutzuheißen, indem er es unterstütze, dass … wie drückte er es aus? … ‚ein völlig lächerlicher Versuch unternommen werde, damit eine kleine vermessene irische Aufsteigerin eine andere von ihrer Art ausfindig machen könne‘.“
    Nell biss die Zähne zusammen – sie hatte schon Schlimmeres gehört. „Bedeutet es ihm denn gar nichts, dass Bridie möglicherweise entführt, vielleicht sogar umgebracht worden ist?“
    â€žDas habe ich ihn auch gefragt“, sagte Will und zog an seiner Zigarette. Während Nell ihren Blick nicht von Gracie nahm, sah sie aus den Augenwinkeln, dass Will sie anschaute, als er fortfuhr: „Er meinte, dass es nur gut wäre, wenn derlei mindere Arten von der Welt verschwänden, insbesondere solche raffgierigen Schlampen wie Bridie Sullivan, und dass es ganz allein ihre Schuld wäre, wenn ihr was passiert sein sollte.“
    â€žRaffgierig?“ Nell sah ihn verwundert an. „Haben Sie ihn gefragt, was er damit meinte?“
    â€žMusste ich gar nicht. Er war zu dem Zeitpunkt schon sternhagelvoll – während ich nicht da war, hatte er natürlich wieder Absinth getrunken –, und in dem Zustand neigt er zur Geschwätzigkeit. Es folgte ein leidenschaftlich aufgebrachter Monolog, in dem er sich über Bridie Sullivan und ihre unzähligen charakterlichen Schwächen ausließ, wenngleich sie wohl über gewisse … amouröse Talente verfügt haben muss, die ihm die Bekanntschaft mit ihr eine Weile durchaus reizvoll erscheinen ließen.“
    â€žDas kann ich mir vorstellen.“ Nell legte beide Hände an den Mund und rief: „Nicht so nah ans Wasser, Gracie! Komm einen Schritt zurück.“ Laut seufzend und mit theatralisch verdrehten Augen tat die Kleine wie geheißen.
    â€žBridie war seit Juni in der Fabrik“, sagte Will und beugte sich vor, die Ellenbogen auf die Knie gestützt. „Gleich am ersten Tag ist sie Harry aufgefallen. Am nächsten Morgen ließ er sie unter irgendeinem Vorwand in sein Büro rufen. Schon an dem Lächeln, mit dem sie hereinkam, hätte er sehen können, dass sie genau wusste, weshalb er sie zu sich gerufen hatte. Er hat mir dann recht ausführlich von dieser ersten Begegnung berichtet.“ Will schaute sie an und zögerte. „Ich werde Ihnen die Einzelheiten ersparen, aber es war wohl so, dass es in keiner Weise einer Verführung bedurfte. Bridie war kein unbedarftes Mädchen, das Harry lange locken und umwerben musste – vielmehr hat sie selbst von Anfang an die Zügel in die Hand genommen.“
    â€žSagt er.“ Bridie als die Anstifterin darzustellen, bestärkte natürlich Harrys Selbstbild als Objekt der Begierde der bei ihm beschäftigten Frauen.
    Will nickte zustimmend. „Auf jeden Fall war sie seitdem seine Favoritin unter den Fabrikmädchen. Zunächst bedachte er sie mit denselben kleinen Aufmerksamkeiten, die auch die anderen bekamen – Seidenstrümpfe, Haarspangen … Aber sie fing an, großzügigere Geschenke zu verlangen – Schmuck, Hüte, seidene Kleider. Das gefiel ihm zwar nicht, er fühlte sich manipuliert, doch zu dem Zeitpunkt war er Bridie bereits völlig verfallen. Er meinte, dass er in ihr endlich eine Frau gefunden hätte, die ihm ebenbürtig war, was … die Sinnenlust anbelangte, und er wollte sie nicht verlieren.“
    Nachdem sie die ganze Brioche in einen

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