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Dunkel

Dunkel

Titel: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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und der in seinen Händen irgendeine Maschine hielt. Eine Maschine, die schwirrte, deren Klingen sich schneller bewegten, als das Auge wahrnehmen konnte. Er ging auf die Eingangstür zu, als der Daumen des Polizisten die Briefkastenklappe fallengelassen hatte.

5

    Er war unter dem Ozean, schwamm nach unten, tiefer und tiefer, fort von dem silbernen Licht an der ruhigen Oberfläche der See, in die Tiefen, wo es dunkel war, wo die Schwärze auf ihn wartete, ihn willkommen hieß. Seine Lungen barsten. Die letzte Luftblase war vor einer Ewigkeit aus ihnen geflohen, und doch war sein Körper von eigenartiger Ekstase durchglüht, und der Schmerz hatte keine Bedeutung für ihn, als er auf die Vergeistigung zustrebte, die in dem dunklen, höhlenartigen Schoß auf ihn wartete. Er trat hinein, und sie schloß sich rasch um ihn, klammerte sich an seine Gliedmaßen, umhüllte ihn ganz und erstickte ihn, als er den Betrug erkannte.
    Er schnappte nach Luft und die Dunkelheit füllte ihn aus. Er trieb weiter nach unten, seine Arme und Beine schlugen nicht mehr, sein Körper drehte sich in einem engen Kreis, schneller, schneller. Tiefer. Dann hob sich das schwache Glühen, die kleine Form wurde größer, um ihm entgegenzukommen, und die schwarzen Wasser wichen vor ihm zurück. Er erkannte ihr Gesicht und versuchte, ihren Namen zu rufen, aber der Ozean erstickte seinen Schrei. Sie lächelte, die Augen funkelten in ihrem kleinen Kindergesicht, und sie griff nach ihm, streckte eine feste kleine Hand aus, die aus dem Düster auftauchte. Sie lächelte noch immer, als das andere Gesicht neben ihr auftauchte, das Gesicht ihrer Mutter; die Augen darin waren wild und wütend, und die Boshaftigkeit darin galt ihm. Die beiden begannen zurückzuweichen, düsterer zu werden, und er rief ihnen zu, ihn nicht zu verlassen, ihm zu helfen, aus dieser schrecklichen, zermalmenden Dunkelheit zu entkommen. Doch sie wurden kleiner, das Mädchen noch immer lächelnd, und das Gesicht der Frau leer, ihre Augen leblos; sie verschwanden, zwei winzige flackernde Flammen erloschen und nur die absolute Schwärze blieb. Er schrie, und das Gurgeln des Wassers wurde zu einem klingenden Geräusch, das sich seinen Weg in den Alptraum zwang, ihn herauszog und seine ramponierten Sinne wieder an die Oberfläche, in die Wirklichkeit schleuderte.
    Bishop lag da und starrte an die weiße Decke, sein Körper schweißnaß. Das Telefon unten in der Halle ließ ihm keine Zeit, über den Traum nachzudenken. Sein schriller Schrei war beharrlich, verlangte zum Schweigen gebracht zu werden. Er warf die Bettdecke beiseite und hob den Morgenmantel auf, der neben dem Bett auf dem Boden lag. Ihn überstreifend, stapfte er die Stufen zur Halle hinunter, und in seinem Hirn drehte sich noch immer der Alptraum. Er hatte gelernt, die Erinnerung zu beherrschen, doch immer wieder drang sie gnadenlos in ihn ein und zerschmetterte die schützende Mauer, die er um seine Gefühle errichtet hatte.
    »Bishop«, sagte er in den Hörer, seine Stimme vor
    Müdigkeit noch benommen.
    »Jessica Kulek hier.«
    »Hallo, Jessica. Entschuldigung, daß es so lange ...«
    »Letzte Nacht hat es wieder einen Zwischenfall gegeben«,unterbrach sie.
    Seine Finger schlossen sich fest um den Hörer. »Willow
    Road?«
    »Ja. Es steht in den Morgenzeitungen. Haben Sie sie noch
    nicht gelesen?«
    »Was? O nein. Ich bin gerade erst aufgewacht. Ich mußte letzte Nacht von Nottingham zurückfahren.«
    »Kann ich zu Ihnen kommen und mit Ihnen sprechen?« »Hören Sie, ich sagte Ihnen letzte Woche ...«
    »Bitte, Mr. Bishop, wir müssen dem ein Ende bereiten.« »Ich wüßte nicht, was wir tun könnten.«
    »Lassen Sie mich mit Ihnen reden. Nur zehn Minuten.« »Und Ihr Vater?«
    »Er hat heute morgen eine Konferenz. Ich kann gleich rüberkommen.«
    Bishop lehnte sich an die Wand und seufzte. »Okay. Aber ich glaube nicht, daß ich meine Meinung ändern werde. Haben Sie meine Adresse?«
    »Ja. Ich werde in zwanzig Minuten da sein.«
    Er legte den Hörer auf und starrte ihn an, seine Hand ruhte noch immer auf der schwarzen Oberfläche. Dann riß er sich aus seinen brütenden Gedanken, ging zur Eingangstür und zog die Zeitung aus dem Briefkasten. Die Schlagzeile fegte die letzten Fragmente seines Alptraumes davon. Er war gewaschen, rasiert, angezogen und trank Kaffee, als er ihren Wagen vorfahren hörte.
    »Entschuldigung, es hat ein wenig länger gedauert, als ich dachte«, sagte sie, als er die Tür öffnete. »Der Verkehr

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