Dunkle Flammen Der Leidenschaft
darauf verlagerte, Marty zu foltern. Bisher hatte Fleischer es nicht geschafft, mich dazu zu bringen, ihm zu verraten, auf welcher Seite ich wirklich stand, und er wurde allmählich wütend. Bald würde er versuchen, mich über die Zuneigung zu meinem Freund zu brechen. Was Fleischer aber nicht wusste, war, dass jeder rote Tropfen, den er mich zu schlucken zwang, mehr tat als meinen Körper zu heilen – er verlieh mir mehr Kraft. Ich spürte sie unter meiner Haut anwachsen, mit einer Energie in mir brennen, die mich umgebracht hätte, wäre da nicht das ganze Vampirblut gewesen, das ich intus hatte. Ich konnte kaum noch die ganze Elektrizität kontrollieren, die mir aus der Hand springen wollte. Wäre Fleischer nicht so besonnen gewesen, mich nur mit nicht leitfähigen Waffen, Plastikspritzen und dicken Gummihandschuhen zu berühren, hätte er die Gefahr womöglich gespürt. Aber allem Anschein nach würde seine Vorsicht sein Tod sein.
Ihn anzufassen würde vielleicht nicht genügen. Ich würde seine schlimmste Sünde sehen, aber womöglich nicht, wo er gewesen war, bevor er mich bei Tolvai abgeholt hatte. Die einzige Möglichkeit herauszufinden, wo ich war – und hoffentlich auch, wo Szilagyi sich aufhielt –, war durch Fleischers Augen.
Oder vielmehr die Erinnerungen in seinen Knochen.
Ich spürte, wie Finsternis mich überkam, als er in einer Sprache fluchte, die sich anhörte wie eine Mischung aus Lateinisch und Rumänisch. Dann schob er mir eine Spritze ohne Nadel in den Mund, und ich schmeckte erneut sein kaltes Blut. Die Flüssigkeit schien sich in Feuer zu verwandeln, als sie mir die Kehle hinunterrann und in meinen Blutkreislauf gelangte. Während der Heilung verkrampfte sich mein Körper, sodass ich von dem plötzlichen Kraftschub und dem Schmerz der zahllosen heilenden Nervenenden erbebte.
»Entweder sagst du die Wahrheit, oder du bist stark wie ein Ochse«, murrte Fleischer diesmal auf Englisch. »Finden wir’s heraus.«
Nachdem ich eine Weile geblinzelt hatte und wieder klar sehen konnte, merkte ich, dass die Boxentür offen stand. Direkt mir gegenüber, in einem anderen offenen Stand, war Marty. Anders als ich war er nicht mit Stricken an Pfosten gefesselt, sondern an den verschiedensten Körperstellen mit Silber aufgespießt worden. So bleich wie er war, hatte er wohl seit Tagen nichts zu essen bekommen, und es sammelte sich kaum Blut um die Stichwunden.
Silbervergiftung, Nahrungsentzug und Blutverlust waren die effektivsten Methoden, einem Vampir die Stärke zu rauben. Fleischer hatte bewiesen, dass er kein Amateur war. Was mir aber gleichzeitig das Herz brach und mich mit wilder Entschlossenheit erfüllte, waren die roten Rinnsale auf Martys Wangen. Er hatte geweint, als er zugehört hatte, wie Fleischer mich folterte, so sehr, dass seine Tränen nicht rosa, sondern rot waren.
»Hoffentlich reißt Vlad dir die Eingeweide heraus und verbrennt sie vor deinen Augen«, fauchte er Fleischer an.
Der Vampir lachte. »Ich hab mal gesehen, wie er das bei jemandem gemacht hat, weißt du. Stank ganz fürchterlich.«
Marty spuckte aus, als Fleischer näher kam. »Wenn du ihm je so nahe warst, hätte er dich umbringen sollen.«
Da Fleischer mit dem Rücken zu mir stand, konnte ich seinen Gesichtsausdruck nicht sehen, doch sein Tonfall wurde kälter als die Umgebungstemperatur.
»Oh, er hat mir Schlimmeres angetan als mich zu töten. Er hat mich, wenige Monate nachdem er mich verwandelt hatte, aus seiner Sippe verstoßen, und alles nur weil ich eine seiner endlosen, dummen Regeln gebrochen hatte. Jahrzehntelang war ich für jeden Vampir der Fußabtreter, bis Szilagyi mich gefunden und aufgenommen hat, aber genug von der Vergangenheit.« Er zog die Gummihandschuhe aus und warf sie beiseite. »Du bist dran.«
Kurz war Marty von Fleischers Körper verdeckt, als der sich auf Martys Größe von einem Meter fünfzehn duckte. Dann nahm er ein Silbermesser aus einer offenen Tasche am Boden und winkte spöttisch damit.
»Apropos Gedärme rausreißen. Klingt gut für den Anfang. Sag’s jetzt, wenn du mir etwas zu erzählen hast, Leila.«
»Mach dir keine Sorgen um mich, Kind«, krächzte Marty, seine Stimme heiser, aber der Tonfall fest. »Ich schaff’s schon.«
»Nein, wirst du nicht«, antwortete Fleischer offen vergnügt.
Doch, wird er , dachte ich grimmig und ließ der Energie, die sich unter meiner Haut gesammelt hatte, freien Lauf.
Ozongeruch lag in der Luft, ersetzte den nach Pferden. Der
Weitere Kostenlose Bücher