Dunkle Flammen Der Leidenschaft
wusste nicht, dass ich, äh, dich gerufen habe. Bestimmt hat er gedacht, du würdest zu der Entführerbande gehören.«
Armer Marty. Er war Schakal und den anderen gefolgt und hatte abgewartet, bis sich eine Chance ergab, mir zu helfen. Wie hätte er wissen sollen, dass Vlad stärker war als vier gewöhnliche Vampire zusammen? Falls Vlad bereits beschlossen hatte, Marty umzubringen, würde meine Bitte natürlich auf taube Ohren stoßen. Er schreckte vor Mord nicht zurück, doch die Erinnerung, die ich bei der Berührung durchlebt hatte, ließ mich hoffen, dass er zu Edlerem fähig war, als Leute zu verbrennen.
Seine Züge verhärteten sich. »Welche Erinnerung?«
Ach ja, er konnte Gedanken lesen. Dann konnte ich ihm wohl doch nicht verheimlichen, was ich gesehen hatte.
»Du und die Tote am Fluss«, antwortete ich. »Ich habe dir ja gesagt, dass ich hellsehen kann, wenn ich Menschen oder Dinge berühre. Als ich dich berührt habe, habe ich sie gesehen, und geweint habe ich, weil ich gefühlt habe, was du damals fühltest.«
Er starrte mich so durchdringend an, dass es wehtat, seinen Leuchtaugen standzuhalten. Doch ich sah nicht weg. Er konnte vielleicht Gedanken lesen, aber ich hatte die Wunde aufgerissen, die an seiner Seele fraß. Da durfte ich wenigstens nicht wie ein Feigling zu Boden sehen.
»Lass beide am Leben, Shrapnel«, meinte Vlad schließlich. »Ich komme nach.«
Aus dem Augenwinkel sah ich den anderen Vampir nicken. Dann … verschwand er einfach. Entweder hatte Marty mir ebenfalls verschwiegen, dass Vampire sich auch wegbeamen können, oder Shrapnel war schneller als der geölte Blitz.
Vlad erhob sich, und seine Augenfarbe verwandelte sich von leuchtendem Smaragdgrün in blankes Kupfer.
»Du kommst mit mir«, stellte er fest und streckte die Hand aus.
Ich sah sie an, machte aber keine Anstalten, sie zu ergreifen. »Du hältst dich also nicht an unsere Abmachung.«
»Ich mag es nicht, wenn man mich einen Lügner nennt, das solltest du dir merken«, antwortete er in einem Tonfall, der mich vor Furcht schaudern ließ. Dann umspielte ein leises Lächeln seine Lippen. »Wir müssen reden, und hier sind zu viele Leute. Du weißt, dass ich dich trotz deiner ungewöhnlichen Fähigkeit überwältigen kann, also wäre es das Gescheiteste, meine Hand zu nehmen.«
Ja, ich wusste, dass er mich überwältigen konnte. Ich hatte ihm den stärksten Stromschlag verpasst, den ich hervorbringen konnte, und er hatte noch nicht einmal das Gleichgewicht verloren. Im Augenblick war es nicht nur das Gescheiteste, seine Hand zu nehmen. Es war das Einzige, was ich tun konnte.
Ich streckte die linke Hand vor. Er ignorierte es und ergriff mit einem Verziehen seines Mundes meine rechte. Ein Stromschlag entlud sich in ihn, aber er zuckte nicht zurück.
»Verzeihung«, murmelte ich.
Er ließ ein knappes Schnauben hören. »Ich kann die Auswirkungen deiner Berührung ertragen, wenn du es auch kannst.«
Gerade wollte ich ihm sagen, dass ich nur bei der ersten Berührung die Sünden anderer durchlebte, aber das Gefühl, näher zu ihm gezogen zu werden, lenkte mich ab. Nicht nur seine Hände waren ungewöhnlich warm. Sein ganzer Körper strahlte Hitze aus, die mir durch mein dünnes Trikot drang, als er mich in die Arme schloss. Für gewöhnlich hatten Vampire Raumtemperatur, aber Vlad fühlte sich an wie ein Ofen. Bevor ich fragen konnte, was es damit auf sich hatte oder warum er mich plötzlich umarmte, schwang er sich mit mir in die Luft, und der Wind trug meinen überraschten Aufschrei davon.
7
Nach einem halbstündigen Flug, während dessen mein Puls dröhnte, landete Vlad auf einem großen Flecken trockener Vegetation. Als meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich in einiger Entfernung ein kleines Flugzeug auf der Lichtung stehen. Vlad konnte also nicht nur auf eine Art fliegen, aber das hieß noch längst nicht, dass ich auch mit ihm kommen wollte.
»Du kannst unmöglich erwarten, dass ich in dem Ding irgendwohin fliege«, stellte ich fest.
Er zog die Augenbrauen hoch. »Willst du lieber hierbleiben und dich von den Moskitos auffressen lassen? Da weiß ich bessere Verwendungsmöglichkeiten für dein Blut.«
Falls er mich mit dem Kommentar hatte einschüchtern wollen, war es ihm gelungen, aber das änderte nichts an den Tatsachen. »Als ich entführt worden bin, hatte ich keine Gelegenheit, mir meinen Gummihandschuh zu schnappen, wenn du mich also da reinsetzt, legt meine Hand die gesamte
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