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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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habe keine andere Wahl und tue es für Edward und sich selbst. Doch es glitt ab wie an einer Mauer. Stattdessen zitterten ihre Hände, als wüssten sie bereits mehr als Ramis. Bess Stimme hallte wie ein Schlachthorn über ihre Köpfe, als sie den Befehl zum Entern gab. Ramis klammerte sich an ihr Seil und stieß sich ab. Schnell kamen die Schiffswand und das fremde Deck näher. Wie in einem Traum sah Ramis die Gesichter der Franzosen, die sie erwarteten. Als sie das Seil losließ, einen Moment zu früh oder zu spät, krachte sie hart auf den Boden. Sofort waren die Feinde da, es blieb ihr kaum Zeit, auf die Beine zu kommen.
    Plötzlich schien es, als wären viel mehr von ihnen da als erwartet. Und das erwies sich auch nicht als Täuschung. Es wurden sogar noch mehr, aus einer Luke, die unter Deck führte, strömten sie hervor. Sie mussten unter Deck verharrt haben, Überreste der Mannschaften von bereits gesunkenen Schiffen. Nun war ersichtlich, warum sie sich nicht ergeben hatten. Ramis hörte die Flüche eines Piraten, der es ebenfalls bemerkt hatte. Er versuchte, den Rückzug anzutreten, aber er war schon zu sehr in Kämpfe verwickelt. Sie wurde inzwischen auch bedrängt. Zuerst schoss sie ihre Pistole leer und sie versuchte so, den Gegner von sich fern zu halten. Aber kurz darauf hatte sie keine Munition mehr. Ein Schuss pfiff haarscharf an ihr vorüber, es hatte keinen Zweck, nach dem Schützen Ausschau zu halten. Schon stand ihr ein Mann gegenüber, mit gezückter Waffe. Sie sah die Gehässigkeit in seinem Blick, als er auf sie losging. Sicher hielt er sie für einen einfachen Gegner. Ganz Unrecht hatte er da nicht, dachte Ramis, als sie ihren Säbel hervor riss und seinen Angriff parierte. Doch sie hatte keine andere Wahl. Mit dem Wissen, dass es dieses Mal um Leben und Tod ging, gab sie ihr Bestes. Ihr Gegner war selbst nicht besonders gut, er kämpfte wie ein Schauspieler, der auswendig Gelerntes ausführte. Seine Manöver waren vorausschaubar und ein fähiger Kämpfer wäre leicht mit ihm fertig geworden. Ramis war allerdings kein fähiger Kämpfer. Sie kam gar nicht dazu, ihn anzugreifen, sondern verteidigte sich die ganze Zeit. Der Franzose war zur Überzeugung gelangt, dass er ein leichtes Spiel hatte. Das machte ihn unvorsichtig. Er entschied sich in seinem Hochmut, etwas Neues auszuprobieren. Und so setzte er zu einer komplizierten und letztlich auch den Kampf entscheidenden Kombination an. Sicher hätte es geklappt, wenn er nicht ebenso wie Ramis vergessen hätte, dass sie sich auf einem Schlachtfeld befanden und nicht in einem Zweikampf. Ein derber Rempler von hinten ließ ihn straucheln und seine Deckung war plötzlich offen. Ramis witterte ihre einzige Chance und stieß ihren Säbel heftig vorwärts. Hätte ihr Gegner ein bisschen früher reagiert, wäre es Ramis gewesen, die das harte Metall gespürt hätte. Ramis spürte den Widerstand in ihrer Bewegung. Sie kannte das grausige Ergebnis von Säbelwunden. Und dieses Mal war sie daran schuld. Aschgrau wandte sie sich von dem sterbenden Mann ab, in dessen Bauch ein großes Loch klaffte. Blut und Eingeweide quollen heraus.
    Ramis konnte den Anblick nicht ertragen und auch nicht die Abscheu vor sich selbst. Sie zog sich einen Moment zurück und versteckte sich in einem dunklen Eck. Am liebsten wäre sie dort einfach hockengeblieben. Aber eine bekannte Stimme, die über den Kampflärm tönte, ließ sie aufschrecken. Bess stieß Flüche aus, die auch weniger zart besaitete Seelen zur Flucht bringen konnten. Ramis stemmte sich schwankend hoch. Sie konnte Bess für einen Augenblick durch die Menge hindurch sehen. Die Piratin war ein Stück weit entfernt und kämpfte mit mehreren Gegnern gleichzeitig. Ramis war hingerissen von der Anmut und Wildheit, mit der die Piratin kämpfte. Sie hatte die hypnotisierende Art einer Schlange, die, sobald ihr Opfer s tarr war, wie der Blitz zubiss. Einer der Männer versuchte, hinter Bess zu kommen, doch sie verpasste ihm einen Tritt, so dass er wegstolperte. Eine heftige Bewegung schräg über Bess erregte ihre Aufmerksamkeit. Dort kletterte ein Mann mit einer Pistole die Takelage hoch.
    "Nein!" , schrie Ramis so laut sie konnte. "Bess, pass auf!"
    Wie von Sinnen hastete sie los. Vom Boden klaubte sie eine liegengebliebene Pistole auf und versuchte, durch die kämpfende Menge zu gelangen. Sie wogte ihr dauernd in den Weg und versperrte die Sicht. Rücksichtslos und unvorsichtig rammte Ramis sich durch. Sie durfte nicht

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