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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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Martha sagte ihr immer wieder, dass es auch wunderschön sein könne, ein kleines Baby zu haben.
    "Das Kind, das in dir ist, bedeutet nicht den Tod. Es ist das Leb en", erklärte sie eindringlich.
    Aber Ramis hörte nicht auf sie.
    "Etwas, das mit Sir Edward zu tun hat, kann nicht gut sein", krächzte sie gequält.
    Aus den Nächten in seinem Zimmer konnte nur Grauen geboren werden. Niemand außer Martha ahnte sonst in diesem Haushalt von Ramis Zustand. Natürlich war auch noch nichts zu sehen, kein dicker Bauch verriet sie. Martha gab vor, dass Ramis sich eine schwere Krankheit eingefangen hatte, was angesichts ihres Zustandes sehr glaubhaft erschien. Auch vor Sir Edward war Ramis im Moment sicher, er äußerte sich nicht einmal zu der vorgetäuschten Krankheit.
    Noch immer war Ramis von dem Gedanken besessen, das Ungeborene loszuwerden. Sie ließ sich nicht trösten und riegelte hermetisch alles ab. Nicht einmal Martha fand noch Zugang zu ihr. Auch konnte die ältere Frau nicht ständig auf Ramis aufpassen, sie vernachlässigte ihre Arbeit sowieso schon so sehr, dass Lady Harriet sich beschwert und sie verwarnt hatte. In der Gegenwart Marthas saß Ramis meist apathisch herum, ihre leeren Augen schienen nichts zu sehen, aber wenn diese weg war, entwickelte Ramis eine Entschlossenheit, die keine Vernunft gelten ließ und nur eines sagte: Vernichte dieses wachsende Ungeheuer, bevor es zu spät ist...
     
    Martha war erschöpft. Da s ging alles über ihre Kräfte hinaus. Körperlich und seelisch fühlte sie sich ausgezehrt. Sie musste Arbeit für zwei verrichten, denn niemand durfte von Ramis Zustand erfahren. Jetzt hatte sie es für diesen Tag endlich geschafft und wollte nur noch ins Bett. Doch als sie die Türklinke ihres Zimmers herunterdrückte, ließ sich die Tür nicht öffnen. Martha schwante sofort Böses.
    "Ramis!" , schrie sie, aber es kam keine Antwort von drinnen.
    Verzweifelt rannte Martha los, um Hilfe zu holen, jemand en, der die Tür aufbrach. Zum Glück stieß sie auf den Gärtner, der ein sehr kräftiger Mann war. Er fragte nicht lange und folgte ihr. Mit dem Brecheisen riss er die Tür aus den Angeln. Martha stürzte ins Zimmer und kniete sich mit einem Entsetzensschrei zu der verkrümmten Gestalt, die am Boden lag. Das Mädchen war totenbleich und kalter Schweiß bedeckte seine Stirn. Sein Körper zuckte unkontrolliert, die weit aufgerissenen Augen waren glasig, wie leblos vor Schmerz auf die Wand gerichtet.
    "Ramis, was hast du getan?" , flüsterte Martha hilflos.
    Aber Ramis hörte sie nicht. Der Gärtner erfasste die Situation schneller.
    "Sie hat Gift genommen! Wir müssen sie dazu bringen, es auszuspucken!"
    Er packte die sich windende Ramis und sperrte ihren Mund auf, dann fasste er mit einem Finger an ihren Gaumen. Ramis übergab sich heftig, anschließend sank sie ohnmächtig in sich zusammen. Der Gärtner legte sie vorsichtig auf ihr Bett. Sein wettergegerbtes Gesicht war sorgenvoll gerunzelt.
    "Ich hoffe, wir kommen nicht zu spät. Wenn das Gift schon im Blut ist..." Martha wandte sich ab. Ihre Kehle schnürte sich zusammen.
    "Es tut mir leid, ich kann nichts mehr für die Kleine tun. Für alles weitere könnte nur ein Arzt sorgen."
    "Aber woher sollen wir den nehmen? Ich habe gar nichts, um ihn zu bezahlen."
    Martha konnte nicht mehr klar denken. Die Unfassbarkeit dieser Tat überwältigte sie. Ihr Kind...wollte sterben.
    "Danke für Eure Hilfe ", murmelte sie in Richtung des Gärtners. "Ich werde Euch das nicht vergessen."
    "Ich mag das Mädchen ", meinte er als Erklärung. "Sie ist ein liebes Ding."
    Das ist sie, dachte sie unglücklich. Und trotzdem schützt es sie nicht. Er ließ Martha mit ihrer Verzweiflung allein. Sie dachte kurz daran, was für ein guter Mensch er doch war. Eigentlich kannte ihn niemand im Haus richtig. Er war den ganzen Tag im Garten, immer für sich. Verheiratet war er auch nicht, obwohl er fast zu jung schien, um verwitwet zu sein. Er musste so etwa in Marthas Alter sein. Genaues wusste keiner über ihn. Aber hinter dieser Verschlossenheit schlug ein weiches Herz.
    Martha setzte sich zu dem Mädchen und reinigte hingebungsvoll sein Gesicht, das mit Dreckspuren überzogen war. Schließlich konnte sie nicht mehr stillsitzen. Ramis war so kalt, fast wie tot. Die Frau begann sich im Zimmer umzusehen. Auf dem Tisch lagen einige Schüsseln und Säckchen herum. Sie wollte sie gerade anschauen, als ihr dazwischen ein aufgeschlagenes Buch auffiel. Martha blickte auf

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