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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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zurückzog.
    Lettice lachte.
    "Das ist Edward, mein Sohn. Ein richtiger Rotzlümmel, aber dir hat er sogar Glück gebracht. Ich habe ihm vorher einen Beutel abgenommen, den er für sich behalten wollte. Als ich ihn untersuchte, fiel mir sofort die alte Schlafmütze auf. Da wusste ich gleich, dass du es warst. Seit Jahren habe nicht mehr so viel zu lachen gehabt!" Sie kicherte in sich hinein. "Weißt du noch, wie wir uns über den fetten Drachen lustig gemacht haben? Du musst mir unbedingt alles erzählen!"
    Ramis nickte ausweichend. Lettice schien in diesem Moment wieder ganz die Alte. Ramis musterte den Jungen. Das war also Sir Edwards Sohn. Und er trug sogar den gleichen Namen. Hasste Lettice ihn denn nicht für das, was er ihr angetan hatte? Wenn das so war, durfte Ramis sich ihr nicht anvertrauen. Der kleine Edward ähnelte seinem Vater. Er hatte dieselben rabenschwarzen Haare und die dunklen Augen. Ramis hoffte, dass er nur das mit seinem Vater gemeinsam hatte. Aber in seinem Gesicht stand nur ein Ausdruck von kindlichem Trotz und Ärger. Lettice zog Ramis mit sich.
    "Wo wohnst du denn?" , fragte Ramis misstrauisch.
    Lettice blickte sie an.
    "In einem Bordell ", sagte sie unverblümt.
    Ramis riss sich erschrocken los.
    "Du bist doch nicht etwa...? Oh nein!"
    "Doch, ich bin. Und, verachtest du mich dafür?" Lettice hörte sich angriffslustig an. "Nicht alle haben die Wahl."
    "Lettice, ich kann da nicht hin!" Ramis s chrie in ihrer Panik lautstark.
    "Und warum nicht? Hast du Angst, das gleiche zu machen wie wir anderen? Du solltest froh sein, dass ich dich mitnehme, ob wohl es mir nur Ärger einbringt", meinte die Frau in dem roten Kleid erbost. "Aber mach dir keine Sorgen, keiner zwingt dich dazu."
    "Mach dich nicht über mich lustig. Ich erwarte nicht, dass du mich verstehst, aber ich könnte das auf keinen Fall ertragen."
    Lettice schwieg. Schließlich meinte sie:
    "Ich weiß, du denkst, für eine wie mich ist das leicht zu ertragen, aber das stimmt nicht. Wir finden uns damit ab und wollen kein Mitleid, doch ich habe mir dieses Leben nicht ausgesucht. Als ich Maple House verlassen musste, versuchte ich, mich auf der Straße durchzuschlagen, aber ich schaffte es nicht. Als es Winter wurde, wusste ich, ich würde sterben, wenn ich nichts tat. Ich war am Verhungern und Erfrieren. Da fand mich eine Frau, die mir ein Angebot machte. Sie hatte nichts Böses oder Verdächtiges an sich und ich war so verzweifelt, dass ich selbst dem Teufel meine Seele verkauft hätte, wenn er mir nur zu Essen und eine warme Stube gegeben hätte. Im Austausch für eine Unterkunft und Verpflegung während des Winters wollte sie aber mein Kind, sobald es geboren worden war. Ich willigte sofort ein.
    Am Anfang ging alles gut. Sie wohnte in St.Giles, hatte aber ein eigenes Haus, gut eingerichtet und warm. Ich bekam sogar ein eigenes Zimmer. Außer mir waren noch andere Frauen dort, die das gleiche Problem wie ich hatten. Aber sobald eine kurz vor ihrer Niederkunft stand, sahen wir sie nicht wieder. Dann, eines Nachts, erfuhr ich, warum. Ich wachte mitten in der Nacht auf und ging in die Küche, um etwas zu trinken. Dabei kam ich an der Kellertür vorbei. Ich hörte dumpfe Geräusche von unten. Ich war schon immer neugierig und ging nach unten. Bald merkte ich, dass es Schreie waren. Und als ich durch die Tür spähte..."
    Lettice hielt inne und ihre Stimme zitterte vor Grauen, als sie fortfuhr.
    "Es war das Schrecklichste, das ich je gesehen hatte. Dort stand die Frau mit einem Messer und unter ihr eine der Schwangeren... überall war Blut. Ich kann es nicht beschreiben. Ramis, die Frau war eine Hexe, eine richtige! Sie benutzte die armen Frauen für ihre Rituale. Ich rannte voller Panik davon und rammte eine Fackel, die meinen Mantel in Brand setzte. Blindlings ließ ich ihn fallen und er muss dann irgendwie alles angezündet haben. Jedenfalls stand das Haus bald in Flammen. Ich glaube, es ist ganz abgebrannt. Leider konnte ich nicht mehr klar denken und floh. Vielleicht sind meinetwegen alle Frauen gestorben. Ich hätte sie warnen müssen. Jetzt ist alles zu spät. Ich verließ London und reiste nach Bristol, wo ich dann in den Goldenen Drachen kam. Zu dem Zeitpunkt hatte ich meinen Körper schon so manches Mal verkauft, um zu überleben und hielt es auch jetzt nicht anders."
    Ramis haftete ihren Blick betreten auf den Boden.
    "Das tut mir leid..."
    "Das sollte es nicht. Deine Schuld ist es nämlich nicht. Aber du, was ist mit dir

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