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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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still! Ich muss nachdenken..."
    In ihrem Kopf herrschte ein einziges Durcheinander. Sie versuchte einen klaren Gedanken zu fassen und vernünftig über ihre Lage nachzudenken.
    "Es ist sinnlos!" , gab sie es letztendlich auf. "Meine Gedanken sind ein gewaltiges Chaos! Weißt du, was wir nun machen sollen?"
    Edward nickte weise. Er schien die ganze Angelegenheit bereits weggeschoben zu haben. Ramis dagegen konnte an nichts anderes denken. Ihr wurde bereits wieder flau im Magen, wenn sie nur daran dachte. Jetzt würde man sie wegen eines zweiten Mordes auch hier verfolgen. Warum geriet sie immer in solche Schwierigkeiten? Jemand musste sie am Tage ihrer Geburt verflucht haben, schloss sie daraus. Wohin sie auch ging, Tod und Verwüstung folgten ihr wie ein Schatten. Sie umgarnten sie mit ihren eisigen Fingern und raubten ihr die Sicht. Sie brachten sie zum Töten und zum Hassen. Ihr Gift war so schleichend wie ein langsames Siechtum.
    Edward fasste ihre Hand, die die seine die ganze Zeit umklammert gehalten hatte, fester und setzte zum Gehen an.
    "Ich weiß, wo wir hinkönnen. Dort wird uns niemand finden. Komm."
    Er marschierte zielstrebig drauf los, bis sie eine schattige Straße erreichten. Zur einen Seite wurde sie von einer verwitterten, langen Mauer begrenzt, der sie eine Zeit lang folgten. Über den Sims ragten die hohen Kronen von uralten Bäumen, die alles Licht nahmen. Ein dichtes Efeugerank hatte sich zudem über die Mauer gelegt. Es hatte den Anschein, als würde ein tiefer Schlaf über dem Grundstück liegen, das dahinter lag. Ohne ersichtlichen Grund blieb Edward an einer Stelle stehen. Er schob die Efeuranken auseinander und spähte in das Dunkel. Dann ließ er sie wieder fallen und ging ein Stück weiter. Das gleiche wiederholte an einigen anderen Stellen. Nach einigen erfolglosen Versuchen, schien er zu finden, was er suchte.
    "Ah, hier!" Triumphierend präsentierte er ihr einen schmalen Lichtschimmer zwischen den Ranken.
    Tatsächlich verlief ein dünner Spalt durch die Mauer und gab einen Durchgang in den Garten dahinter frei. Edward zögerte nicht und nach einem Blick auf die Straße schob er sich unauffällig hindurch. Ramis hatte mehr Skrupel. Vorsichtig schielte sie nach möglichen Zuschauern. Hoffentlich sah sie keiner. Sie gehörte zu den Menschen, die ohne triftigen Grund kein Gesetz brechen würden. Trotzdem war sie eine zweifache Mörderin und Diebin und war eben dabei, in ein fremdes Grundstück einzubrechen. Wie stellte sich das Edward eigentlich vor? Sicher gehörte das Anwesen jemand em.
    "Wo bleibst du?" , meldete Edward sich ungeduldig von drinnen.
    Nach einem letzten Blick rang Ramis ihre Vorbehalte nieder und quetschte sich entschlossen durch den Mauerritz. Dabei schürfte sie sich leicht auf und machte ihre Kleidung schmutzig, aber danach war sie im Garten. Bedächtig klopfte sie sich den Dreck herunter und schaute sich um. Sie standen in einem unglaublich verwilderten Garten. Unkraut und Efeu verschlangen die dürren Ziersträucher und nahmen ihnen das wenige Licht, das die gewaltigen Blätterdächer der riesigen Eichen und Buchen noch hindurch ließen. Edle Gartenmöbel, Tische und Bänke aus Holz waren unter der Last ihres Alters zusammengebrochen und verfaulten im Gras.
    Ein Stück entfernt stand ein Haus. Mehr als alles andere demonstrierte es die Vergänglichkeit alles von Menschenhänden Erbautem. Der Verfall war an den einst so prächtigen Fassaden weit fortgeschritten. Früher musste das Haus wunderschön gewesen sein, in einer verträumten Art gestaltet. In seiner Zeit war es sicher eine völlig ungewöhnliche Konstruktion gewesen. Es hatte nicht die bollwerkartige Kastenform anderer alter Bauten, sondern war zierlich, mit kleinen Türmchen. Jedoch fehlten nun die Glasscheiben und die Wände waren voller Moos und Efeu. Es wirkte verwunschen und fehl am Platze inmitten einer rasch wachsenden Hafenstadt. Wie sein Garten kam es aus einer anderen Zeit.
    Ramis war verzaubert. Stille lag über dem schattigen Gelände, die Natur war dabei, diesen Kampf über die Zivilisation in aller Ruhe zu gewinnen, nur weil sie den längeren Atem hatte. Sicher hatten hier vor langer Zeit sehr reiche Leute gewohnt, Adlige, die mit dieser kleinen Oase ihren persönlichen Traum von Harmonie zu verwirklichen suchten. Aber ihr Werk war ebenso am Verschwinden wie die verwitterten Steinkreise der Kelten, von denen nur noch wenige übrig waren, wie Martha ihr erklärt hatte, als sie das Mädchen in

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