Dunkle Häfen - Band 2
ohne Anlass, von Leuten verstreut, die mir Böses wollen."
Adélaide kicherte, erwiderte jedoch nichts. Da mit beendeten sie das Gespräch.
Dennoch nahmen sie wieder regelmäßigen Kontakt auf. Vielleicht brauchte Ramis im Moment die Freundschaft einer Frau am meisten. Mit Adélaide konnte sie ungezwungen plaudern, ohne zu viel von der anderen zu erwarten. An einem Mittwoch brach allerdings ein Feuer in Adélaides Haus aus und brannte es bis auf die Grundmauern nieder. Dabei erlitt ihr Mann, der zu der Zeit alleine im Gebäude gewesen war - abgesehen von einigen Dienern - eine schwere Rauchvergiftung und erlag dieser. Adélaide schien nicht sehr betrübt zu sein, obwohl gerade das wilde Spekulationen auslöste. Von Mord wurde geredet und einem neuen Liebhaber. Anscheinend wusste inzwischen jeder Bescheid. Adélaide zog in die Tuilerien um, zumindest bis alles geklärt war und sie eine neue Unterkunft hatte. Ramis Angebot, bei ihnen zu wohnen, lehnte sie mit der Begründung ab, dass sie Ramis nicht mit in die Sache ziehen wollte.
"Ich will Euch da raushalten, mon amie. Ihr habt es nicht verdient, dass man Euch mit diesem Mordverdacht in Verbindung bringt."
Ramis seufzte, aber gegen Adélaides Entschluss ließ sich eben nichts machen.
"Ihr könnt mich natürlich trotzdem jederzeit besuchen, liebste Anne. Ich werde Euch sogar einen Schlüssel für mein Zimmer geben, falls ich einmal nicht da sein sollte und ihr etwas von mir braucht."
Ramis nickte und lächelte ihre Freundin an.
Tags darauf lag Ramis in der heißen Badewanne und grübelte vor sich hin. Abwesend starrte sie auf die Dampfschwaden, die sich um sie herum kräuselten. Ihre Gedanken kreisten um den Lord und die lange Zeit, die sie sich schon kannten. Eines Tages würde er ihre wahre Identität entdecken, deshalb musste sie diesen Wahnsinn endlich beenden. Träge räkelte sie sich im Wasser. Trotz ihrer Überlegungen musste sie immerzu an seine Berührungen denken, an seinen Geruch. Nie hatte sie sich gern damit beschäftigt, was zwischen Mann und Frau sein konnte, wenn sie sich vereinigten, sie war stets von einer naturgegebenen Feindschaft ausgegangen. Aber jetzt konnte nicht anders, als sich vorzustellen...
Wenn sie zwischen all den Leuten war, war es einfacher, ihre Gefühle zu zügeln. Erst heute, bei dem Konzert, hatte sie sich benommen, als wäre sie einfach wie alle anderen, die ganz normal mit ihm reden konnten. Sie war in Begleitung des Marquis gekomm en und nach einer Weile hatte Fayford sich dazu gesellt. Kein Streit, keine schlüpfrigen Bemerkungen. Aber der Marquis war schon wieder nahe daran, in die Luft zu gehen und Ramis wünschte sich, der Lord würde gehen. Sie entdeckte Adélaide in einer Ecke sitzend, mit ihrem schwarzen Kleid wirkte sie irgendwie traurig und verloren. Ihr Blick lag auf ihnen, als wolle sie sie auffordern, sie nicht länger allein zulassen. Ramis wusste nur zu gut, wie es war, inmitten von Lachen und Geplauder alleine zu sein. Sie wandte sich an Fayford.
"Mylord, seht Ihr dort hinten die Dame in Schwarz? Sie sitzt so allein, vielleicht könntet Ihr zu ihr gehen und sie ein wenig aufmuntern."
"Wie Ihr wünscht, Mylady."
Zufrieden mit sich schaute sie zu, wie Adélaides Gesicht sich aufhellte, als Fayford sie ansprach. Die beiden schienen sich gut zu verstehen und waren bald in ein angeregtes Gespräch vertieft. Froh, den Lord los zu sein, wandte sie sich wieder ihrem Begleiter zu. Fayford war nicht gut für ihr Seelenheil. Doch der Marquis schaute noch immer zurück zu dem Paar. Erstaunt warf Ramis ihnen einen Blick zu, konnte aber nichts Merkwürdiges daran finden. Nur, dass Adélaide ziemlich aufgekratzt aussah und an Fayfords Arm hing, aber das war bei Adélaide nichts Besonderes. Ramis schüttelte den Marquis leicht am Arm, bis er seine Aufmerksamkeit wieder auf sie richtete. Sie musste über seinen ernsten Gesichtsausdruck grinsen, was das Lachen in seine Augen zurückbrachte.
"Warum so ernst? Ist die Musik denn so traurig?"
Kopfschüttelnd nahm er ihre Hand.
"Ich werde Euch nie verstehen, Anne. Auch nach so vielen Jahren nicht."
In den Tuilerien war es merkwürdig still, gerade jetzt vor den Festlichkeiten. Alle Vorbereitungen fanden draußen statt, denn es war so lau, dass man ohne Probleme an der frischen Luft feiern konnte. Es wurde bereits dunkel und in den Gängen waren die Lichter angezündet. Ramis war fertig angezogen und hergerichtet. Der König hatte ihr ausrichten lassen, sie
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