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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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denn sie hatte einen anderen Bezug dazu bekommen. Sie verkroch sich in ihre Kabine und trauerte. Zu viele waren gestorben. Die raue Art der Seeleute irritierte sie nur noch und stieß sie ab. Auf keinen Fall wollte sie an dem anschließenden Gelage teilnehmen. Als es gegen Morgen, nach einer lauten Nacht, an der Tür klopfte, schrak sie aus ihrem Dämmerschlaf auf. Sie glaubte, es wäre ein Betrunkener, der hier seinen Spaß haben wollte.
    "Mutter, mach auf!" , kam es gedämpft von draußen.
    Sie entriegelte die Tür und William schob sich ins Zimmer.
    "Warum warst du nicht oben und hast mit uns gefeiert?"
    Sie musterte ihn unauffällig, konnte allerdings keine Anzeichen von Trunkenheit erkennen. Seine Augen waren klar, diese tiefblauen Augen...
    "Ach William, ich konnte es nicht mehr. Menschen aus Habgier töten, meine ich. Es tut mir leid, du hattest recht, die Zeit hat uns verändert." Brüsk wandte sie sich ab, um ihre Gemütsbewegung zu verbergen.
    "Das sollte dir nicht lei d tun. Weißt du, was ich zu Fayford gesagt habe, als ich um dein Leben bat?"
    Sie blinzelte ihn wortlos an. Ihr fiel auf, dass er immer 'dein Freund' oder einfach 'Fayford' sagte.
    Na ja, 'Vater' wäre wohl auch ein bisschen viel verlangt, oder?
    "Ich sagte ihm, dass du trotz deiner Fehler immer ein gutes Herz bewahrt hast. Und es stimmt."
    Die Worte wärmten sie.
    "Meinst du das wirklich? Ich war immer anderer Meinung, denn wenn man tötet, darf man kein Herz haben. Aber weshalb willst du mir nicht verzeihen, William? Ich hätte euch niemals freiwillig verlassen!"
    "Das ist nicht so einfach. Verstehst du, Mutter, um zu überleben, musste ich mein eigenes Herz verhärten. Vielleicht kann nicht einmal die Zeit uns helfen."
    Damit nahmen sie Abschied. Er ging schlafen. Hoffnungslos legte sie sich wieder hin und gedachte der vergangenen Zeiten.
     
    Eine einsame Möwe kreiste am wolkenlosen Himmel über dem Schiff. Ramis starrte hinaus auf Wasser und fühlte sich wie dieser Vogel, verloren zwischen der Unendlichkeit von Himmel und Meer. Auch entwurzelt, denn die Möwe sehnte sich gewiss ans Land zurück, in ihren sicheren Hafen. Die Sonne brannte herunter, nur ein frischer Wind brachte ein wenig Kühlung, während er durch ihr Haar zauste. Die Leichtigkeit des Tages drang nicht zu ihr durch. Schwermütig seufzte Ramis auf. Ihr Rücken war inzwischen verheilt, doch nicht so ihre seelischen Wunden. Die Sage von Odysseus kam ihr in den Sinn, in welcher der Held sieben Jahre lang auf dem Meer umhertrieb, nur um dann zuhause anzukommen und festzustellen, dass bereits die Aasgeier über seinem Besitz kreisten und seine Frau heiraten wollten. Dieser Mann schien alles verloren zu haben, doch am Ende siegte er. Fern der Ufer... Sie würde doch nicht noch Sehnsucht nach dem Land bekommen, wie sie früher die Sehnsucht nach dem Meer gequält hatte? Sie nahm eine Bewegung neben sich wahr und drehte den Kopf. Ihr Sohn umfasste soeben mit beiden Händen die Reling und beobachtete ebenfalls den Flug der Möwe.
    " Sie ist wie du, diese einzelne Möwe", meinte er wie beiläufig. "Sie muss von ihrem Schwarm abgekommen sein und fliegt nun einsam am Himmel. Trotzdem sucht sie nicht nach ihrer Heimat, sie hofft hier wenigstens auf Fressen und folgt dem Schiff. Besser das, als... gar nichts. Oder als die Ungewissheit. Sie fürchtet sich, zurückzukehren. Aber so hat sie überhaupt kein Zuhause."
    "Das musst du mir nicht sagen, mein Sohn. Ich weiß, wie entwurzelt ich bin."
    "Das stimmt nicht. Du hast irgendwo verflucht feste Wurzeln, es weiß nur keiner so recht, wo. Du solltest sie suchen, denn du bist unglücklich." Er würgte ihre Entgegnung mit einer Handbewegung ab. "Mutter, das fällt selbst einem Blinden auf! Jeder kann es sehen. Und er kann auch sehen, dass du trotz allem nicht mehr die Jüngste bist. Ist es nicht an der Zeit, dass du endlich deinen Frieden findest und neue Wurzeln schlägst?"
    "William, das ist ein Witz! Seit ich vor vielen Jahren nach London gekommen bin, versuche ich das schon! Kannst du mir das sagen, wie das gehen soll?"
    "Hast du es je wirklich versucht? Oder haben andere sie dir geben müssen? Du musst endlich den Mut finden, dein eigenes Leben zu leben. Sei einmal ehrlich, deine Gedanken sind ständig woanders! Warum machst du uns nur alle unglücklich?"
    "Nein, William, ich kann nicht weg. Jetzt, wo ich dich endlich wiedergefunden habe!"
    "Du verlierst mich nicht mehr. Vielleicht würde uns eine kleine Pause sogar gut tun und wir

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