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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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Gedankenlosigkeit, Euch stehen zulassen."
    "Ist doch egal ", knurrte Ramis undamenhaft. Sie hatte einfach genug von diesen oberflächlichen Leuten hier, die sie fallen ließen und wiederaufhoben, wie sie wollten. "Ich bin auch so zurechtgekommen."
    Das war eine glatte Lüge. Alles war deswegen schiefgelaufen und nun steckte sie im Schlamassel.
    "Das heißt, Ihr seid nicht mehr böse?"
    Ramis schnaubte.
    "Nein. Ich war Euch nie böse." Diese elende Falschheit und Lügerei.
    Seufzend ließ sich die Marquise auf einem Sessel nieder.
    "Danke. Dafür ich Euch bringe Neuigkeiten, die Euch interessieren dürften. Sie sind direkt aus England, brandneu. Ma chère, Königin Anne ist gestorben, Eure Königin."
     

Einen Moment zu lang
     
    In der Luft hing ein dicker Alkoholnebel und es roch nach Parfüm und verschwitzten Körpern, denn im Zimmer war es stickig wie in einem Dampfbad. Benebelt richtete sich Lord Fayford von einer Liege auf. Die Lampe an der Wand flackerte nur noch schwach, die anderen waren bereits verloschen. Es musste lange nach Mitternacht sein. Henry lag an der Wand ausgestreckt und schlief tief und fest. Seine Haare standen wild ab und seine Perücke lag weit entfernt zerknüllt am Boden. Im Zimmer sah es aus wie nach einem Überfall. Weinbecher und Kleidungstücke lagen überall verstreut, wobei der Wein an manchen Stellen rote Pfützen bildete. Ein Strumpfband, das eine der Huren vergessen hatte, lag noch auf der Liege. Dummes Weibsvolk! dachte James. Sie reizten ihn immer weniger, diese käuflichen Frauen. St John hätte sie nicht einladen sollen, ihre Körper konnten ihn schon lange nicht mehr reizen und die Gedanken vertreiben, die ihn quälten. Schwankend langte er nach einer Karaffe und goss sich in einen Becher ein. Sie hatten ausgiebig gefeiert, er und Henry - ihren Sieg. Oder eher den seinen? Sein Freund ahnte anscheinend immer noch nichts von den Geheimvereinbarungen, die der Lord mit dem Stuart getroffen hatte. Er würde brav seinen Teil tun, im Glauben, selbst die Belohnung einzuheimsen. Oh ja, Henrys Redekunst und seine Hinterlist hatten ihn ganz nach oben gebracht, aber was wäre er ohne Lord Fayford, dem er sehr viel zu verdanken hatte? Doch St John irrte, wenn er glaubte, James würde in der Politik weiterhin nur im Hintergrund die Fäden ziehen und sich mit dem gesellschaftlichen Glanz zu begnügen. Kaum einer sollte besser wissen als Henry, wie wenig die Freundschaft am Hof eigentlich galt.
    Das nächste Opfer war Harley gewesen, wie sie es ausgemacht hatten. Ihr ehemaliger Patron, der genauso skrupellos war wie sie, hatte nunmehr nur noch im Wege gestanden. Es war nicht genug Platz für sie al le, deshalb würden auch der Earl of Fayford und der Viscount Bolingbroke sich verraten müssen. James stellte den Becher wieder ab und fasste sich an den schmerzenden Schädel. Schließlich ging er ins Vorzimmer. Auf seiner Weste lag noch eine der Frauen, die sie in der Nacht unterhalten hatten. Auch sie hatte zuviel dem Wein zugesprochen, denn sie war noch völlig unbekleidet. Sie war recht jung und hübsch. Ungeduldig verpasste er ihr einen Tritt, so dass sie hochschrak. Zuerst schien sie ihn empört anschreien zu wollen, doch dann schnappte sie sich ihre Kleider und trollte sich sang- und klanglos. Mit dem Kerl war nicht zu spaßen, das war klar. Lord Fayford hob seine Weste auf und schüttelte sie aus. Als er in seiner Kutsche saß, schwindelte es ihm und er wurde plötzlich sehr müde. Sollte das ausschweifende Leben doch noch seinen Tribut zahlen?
     
    Bevor er sich in sein eigenes Bett legte und einschlief, kam ihm ein lange zurückliegendes Ereignis in den Sinn.
    Er mochte damals so etwa zehn Jahre alt gewesen sein. Zu diesem Zeitpunkt weilte er gerade bei seiner Mutter auf dem Gut im Norden, sein Vater war natürlich in London. Er erinnerte sich noch gut daran, als sein kleiner Bruder Anthony zu ihm gerannt kam. Ganze sieben Jahre zählte er und war völlig außer Atem, weil er so schnell gelaufen war.
    "Jamie!" , schrie er aufgeregt schon von weitem. "Jamie, hast du es schon gehört?" Er packte seinen großen Bruder am Arm und zupfte wild daran. "He, hast du es jetzt schon gehört?"
    " Was soll ich schon gehört haben?"
    "Im Dorf verbrennen sie eine Hexe! Eine echte!"
    "Hat Vater ihnen das erlaubt?"
    Das wusste der kleine Anthony natürlich nicht. James sattelte sein Pferd und nahm seinen Bruder mit. Und so galoppierten sie ins Dorf. Alle hatten sich auf dem großen Platz versammelt,

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