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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Pflicht?
    Und warum hatte sie bloß ihr Auto vor der Fahrt nicht zur Inspektion gebracht? Weil sie ein neues Paar Ballettschuhe brauchte und ihr Budget nur eines von beiden zuließ. Lisa hatte feste Prioritäten. Sogar jetzt, da sie allein in der Dunkelheit neben ihrem liegengebliebenen Auto stand, wußte sie, daß sie trotzdem wieder so handeln würde. Sie würde sich eher Tanzschuhe als etwas zu essen kaufen, was auch schon des öfteren geschehen war.
    Erschöpft, verärgert und ungeduldig beschrieb sie einen großen Kreis um den Volvo und leuchtete mit der Taschenlampe ihre Umgebung ab. Sie sah einen Zaun, ein Feld und
ein paar Lichter in der Ferne, wenigstens zwei Meilen entfernt. Ansonsten gab es nur den dichten, undurchdringlichen Wald und das schwarze Band der Straße, das sich um eine Kurve wand.
    Wo waren bloß die Tankstellen und Telefonzellen? Wo um Gottes willen war der nächste McDonald’s? Wie konnten Menschen nur in dieser Abgeschiedenheit leben? Niedergeschlagen ließ Lisa die Motorhaube zufallen und hockte sich darauf.
    Vielleicht sollte sie den Rat ihres Pfandfinderhandbuches beherzigen und einfach hier warten, bis jemand vorbeikam und sie fand. Sie blickte sich nach allen Seiten um, die einsame Straße entlang und seufzte resigniert. In dieser gottverlassenen Einöde konnte sie warten, bis sie schwarz wurde.
    Sie konnte auch auf eigene Faust losmarschieren. So zierlich und zerbrechlich sie auch wirkte, das harte Tanztraining hatte ihren Körper gestählt. Sie verfügte über ebensoviel, wenn nicht noch mehr Ausdauer als eine viel größere und kräftigere Frau. Aber welchen Weg sollte sie einschlagen, und wie weit würde sie laufen müssen?
    Lisa ging zum Auto zurück, um einen Blick auf die Karte zu werfen und die detaillierte Wegbeschreibung, die Roy ihr gegeben hatte, zu studieren. Irgend etwas mußte sie da durcheinandergebracht haben. Sie ließ die Tür offen und setzte sich quer auf den Fahrersitz, um zu ergründen, wo genau sie vom Weg abgekommen war.
    An Hagerstown war sie vorbeigekommen, dessen war sie sich ganz sicher, alldieweil sie dort die Interstate verlassen hatte, um zu tanken und sich eine Diätcola zu besorgen. Und einen Hersheyriegel, erinnerte sie sich schuldbewußt. Dann war sie an die Route 64 gelangt, genau wie Roy gesagt hatte, und dort war sie rechts abgebogen.
    Scheiße. Entnervt ließ Lisa den Kopf auf die Knie sinken. Garantiert war sie statt rechts links abgebogen. Im Geiste ging sie ihre Fahrtroute noch einmal durch. An der bewußten Kreuzung hatte an der einen Seite ein kleiner Kramladen, an der anderen ein Kornfeld gelegen. Sie hatte an der
Ampel angehalten, Schokolade gefuttert und eine Chopin-Melodie mitgesummt. Die Ampel war umgesprungen, und sie war abgebogen. Vor angestrengter Konzentration zogen sich ihre Augenbrauen zusammen. Lisas mentale Blockade zwischen links und rechts diente der gesamten Tanztruppe zur Belustigung. Beim Tanzen trug sie stets ein Gummiband um das rechte Handgelenk.
    Verdammter Mist, dachte sie nun. Sie war tatsächlich links abgebogen.
    Ihr Problem bestand darin, als Linkshänderin geboren worden zu sein. Doch ihr Vater hatte darauf bestanden, daß sie sich umgewöhnte und die rechte Hand benutzte. So kam es, daß sie selbst zwanzig Jahre später rechts und links ständig verwechselte.
    Mochte es auch ungerecht sein, dem lieben alten Dad für die Tatsache, daß sie in einem defekten Auto irgendwo im Niemandsland hockte, die Schuld in die Schuhe zu schieben, es half ihr jedenfalls ein wenig.
    Also war sie lediglich falsch abgebogen. Lisa kämmte mit ihren langen, schlanken Fingern durch ihr Haar. Das war ja nun kein Weltuntergang. Sie mußte nur herausfinden, welche Richtung sie jetzt einzuschlagen hatte.
    Sie gehörte nicht zu dem Typ Frau, der leicht in Panik geriet, sondern verfolgte eher verbissen einen einmal gefaßten Entschluß, so, wie sie sich auch stur durch jede ungewohnte Situation hindurcharbeitete. Also verfolgte sie den Weg, den sie gefahren war, auf der Karte zurück, stellte fest, wo genau sie sich verfahren hatte und suchte dann nach der nächstgelegenen Stadt.
    Emmitsboro, stellte sie fest. Sie müßte schon komplett schwachsinnig sein, um der Straße nicht zwei Meilen lang folgen zu können. So würde sie in die Stadt gelangen und mit etwas Glück schon auf dem Weg dorthin ein Haus finden, von dem aus sie Roy anrufen und ihm beichten konnte, wie starrköpfig und leichtsinnig sie gewesen war. Im Augenblick erschien ihr

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