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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Augen leuchtete ein düsteres, gefährliches Feuer, das nicht so recht zu der beherrschten Stimme passen wollte. »Er war besoffen und bösartig und hat mich genauso angesehen wie früher, als ich zehn Jahre alt war und mich nicht wehren konnte. Und ich habe mir nichts sehnlicher gewünscht, als ihn zu töten. Was für ein Cop bin ich nur?«
    »Ein menschlicher.« Sie zögerte, die Lippen fest zusammengepreßt. »Cam, ich habe oft mit angehört, wie sich meine Eltern über – nun, über eure häusliche Situation unterhalten haben. Warum hat nie jemand etwas unternommen?«
    »Die Leute mischen sich eben nicht gern in die Angelegenheiten ihrer Mitmenschen, schon gar nicht, wenn es sich um familiäre Probleme handelt. Außerdem hat meine Mutter Biff immer den Rücken gestärkt. Sie hält ja auch heute noch zu ihm. Sobald seine Kaution festgesetzt ist, wird sie sie bezahlen und ihn mit nach Hause nehmen. Was immer er auch tut, nichts wird sie jemals zu der Einsicht bringen, daß er bloß ein wertloser Säufer ist. Wie oft habe ich mir schon gewünscht, daß er mal eine Flasche an den Hals setzt und anschließend krepiert.« Die Worte waren kaum heraus, da verwünschte sich Cam auch schon im stillen. Clares Vater fiel ihm ein, und an ihrem Gesichtsausdruck konnte er erkennen, daß auch sie an ihn dachte. »Tut mir leid.«
    »Schon gut. Vermutlich haben wir beide am eigenen Leib erfahren, was Alkohol alles anrichten kann. Aber Dad – er hat nie jemanden verletzt, wenn er betrunken war. Nur sich selbst.« Energisch schüttelte sie die trüben Gedanken ab. »Du fühlst dich heute sicher ziemlich mies. Ich komm’ später noch mal auf die versprochene Motorradtour zurück.«
    »Ich fühle mich mies, das stimmt.« Er knetete seine steifen Hände. »Aber ich könnte Gesellschaft brauchen – wenn du mich ertragen kannst.«
    Lächelnd sprang sie auf. »Ich hole eben meine Jacke.«
    Als sie zurückkam, erinnerte Cam sie daran, das Radio auszuschalten, dann ermahnte er sie, das Garagentor zu schließen. Die Daumen in die Hosentaschen gehakt, stand Clare da und betrachtete das neben ihrem Auto abgestellte Motorrad; eine große, schwere Maschine, in schlichten Schwarz- und Silbertönen lackiert, ohne überflüssigen Zierat. Das war beileibe kein Spielzeug, dachte sie beifällig und ging einmal um die Maschine herum.
    »Mein lieber Schwan!« Respektvoll strich sie mit der Hand über den Tank, dann schnalzte sie mit der Zunge, als
sie seinen auf dem Sitz liegenden Helm entdeckte. »Rafferty, du bist ein Weichling geworden.«
    Cam löste den Zweithelm aus seiner Halterung, streifte ihn ihr über den Kopf und zog die Riemen fest. Sie glitt hinter ihm in den Sattel und schlang die Arme bequem um seine Taille, als er den Motor anließ. Keiner von beiden bemerkte das Glitzern der Teleskoplinse im Dachfenster des gegenüberliegenden Hauses. Cam gab Gas und schwenkte in die Straße ein.
    Clare hielt sich locker fest und warf übermütig den Kopf zurück. Vor Jahren hatte sie einmal Frühling und Sommer in Paris verbracht und eine harmlose Liebesbeziehung mit einem anderen Kunststudenten, einem liebenswürdigen Tagträumer, begonnen. Einmal hatten sie sich ein Motorrad gemietet und waren ein Wochenende lang durch die Gegend geknattert.
    Bei dieser Erinnerung mußte sie plötzlich lachen. Die jetztige Situation ließ sich mit dem damaligen flüchtigen Zwischenspiel wohl kaum vergleichen. Der Körper ihres jungen Liebhabers war schmal und zerbrechlich gewesen, das genaue Gegenteil von der kräftigen, muskulösen Statur des Mannes, an den sie sich jetzt gerade preßte.
    Als Cam die Maschine in eine Kurve legte, beschleunigte sich ihr Herzschlag. Sie konnte eine Reihe verschiedener Gerüche wahrnehmen: Abgase, frisch gemähtes Gras, Cams Lederjacke und den ureigenen Duft seiner Haut.
    Cam genoß den Kontakt mit ihrem Körper, die kaum verhohlene Sexualität, die in der Art lag, wie sich ihre gespreizten Schenkel an die seinen schmiegten, das rhythmische Vibrieren des Motorrades unter ihnen. Ihre Hände lagen locker auf seinen Hüften, nur wenn er sich in die Kurven legte, schlang sie haltsuchend die Arme um seine Taille. Impulsiv verließ er den Highway an der nächsten Ausfahrt und gelangte auf eine schmale, kurvenreiche Straße. Mit tänzerischer Anmut schlängelte sich das Motorrad unter den Bäumen, die die Straße überdachten, hindurch. Das Spiel von Licht und Schatten malte aberwitzige Muster
auf den Asphalt, und der kühle, würzige

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