Dunkle Rosen: Roman (German Edition)
für einen Kampf?«, wollte Gavin wissen. »Einen Boxkampf?«
»Ich war in keinen Boxkampf verwickelt.« Roz reichte ihm den Toast. »Die Leute übertreiben immer, kleiner Mann. So ist das nun einmal.«
»Hast du jemanden ins Gesicht getreten?«
Stirnrunzelnd sah Roz den kleinen Luke an. »Natürlich nicht. Man könnte, im übertragenen Sinne, sagen, ich habe jemanden in den Hintern getreten.«
»Was heißt ›im übertr…‹?«
»Im übertragenen Sinne bedeutet, man sagt auf fantasievolle Weise, dass etwas ist wie etwas anderes. Ich könnte zum Beispiel sagen, ich fühle mich heute Morgen wie eine Katze voller Kanarienvögel.« Roz zwinkerte Luke zu. »Und das würde bedeuten, ich fühle mich sehr wohl und bin zufrieden mit mir. Aber ich habe den Kerl nicht verprügelt.«
»Wen?«, wollte Stella wissen.
»Bryce Clerk.« Die Antwort kam von David, der gerade Kaffee nachschenkte. »Das Netzwerk meines Geheimdienstes ist umfangreich und arbeitet schneller als mit Lichtgeschwindigkeit.
Ich habe schon gestern Abend von der Sache erfahren, noch vor elf Uhr nach Central Standard Time.«
»Und du hast niemandem etwas davon gesagt?« Hayley funkelte David finster an, während sie Lily im Hochstuhl festschnallte.
»Ich wollte eben damit warten, bis alle versammelt wären. Ah, da kommt Harper. Ich habe ihm gesagt, dass heute Morgen beim Frühstück Anwesenheitspflicht für ihn besteht.«
»Also wirklich, David, das ist doch keine große Sache, und ich muss mich für die Arbeit fertig machen.«
»Ganz im Gegenteil.« Mitch schüttelte über seiner Kaffeetasse den Kopf und schaute in die Runde. »Es war etwas ganz Besonderes. Diese Frau«, sagte er mit einem langen Blick auf Roz, »ist etwas ganz Besonderes.«
Unter dem Tisch ergriff sie seine Hand und drückte sie warm. Ein stummes Dankeschön dafür, dass er bei diesem Spiel mitspielte, ohne dass die Schrecken der letzten Nacht allen auf die Stimmung schlugen.
»Was ist los?«, wollte Harper wissen. »Es gibt Omelettes? Wie kommt es, dass es Omelettes gibt?«
»Weil deine Mutter sie gerne isst, und sie muss ihre Energiereserven nach gestern Abend wieder auffüllen.«
»Sei nicht albern«, erwiderte Roz, obwohl sie sich das Lachen kaum verbeißen konnte.
»Was war denn gestern Abend?«
»Siehst du, was du verpasst, wenn du nicht in den Club gehst?«, hielt David Harper vor.
»Wenn mir nicht bald einer sagt, worum es hier geht, kriege ich die Krise.« Hayley reichte Lily eine Schnabeltasse mit Saft und plumpste auf einen Stuhl. »Spuck’s aus, aber in allen Einzelheiten.«
»So viel gibt es gar nicht zu erzählen«, begann Roz.
»Ich übernehme das.« Mitch erwiderte Roz’ sanften Blick. »Roz lässt bestimmt Sachen aus. Manches habe ich ihr auch aus
der Nase gezogen, weil ich nicht die ganze Zeit dabei war, und anderes habe ich von meinem Sohn erfahren. Aber ich erzähle alles in einem tück – dann wirkt es besser.«
Mitch begann mit dem kurzen Zwischenstopp am Tisch der Forresters, ging dann zu der Szene im Waschraum über und schilderte schließlich in dramatischen Worten die Auseinandersetzung zwischen Roz und Bryce vor den Toiletten.
»O Gott, die beiden kamen heraus, während du noch im Gespräch mit diesem …« Hayley räusperte sich und korrigierte ihren ersten Gedanken, weil ihr einfiel, dass die Kinder zugegen waren. »Mit diesem Mann warst.«
»Er stand mit dem Rücken zu ihnen«, erklärte Mitch. »Die Inszenierung war perfekt.«
Hayley, die Lily mit Omelettestückchen fütterte, starrte Roz mit offenem Mund an. »Du bist so cool. Als hättest du, ich weiß gar nicht, einen Stachel.«
»Das Timing war ideal«, stimmte Mitch ihr zu. »Du hättest deine Mutter sehen sollen, Harper, kühl und glatt wie ein Eisberg, und ebenso gefährlich.«
»Die Küche wimmelt heute Morgen vor Metaphern«, bemerkte Roz. »Geht eigentlich niemand zur Arbeit?«
»Ich habe sie auch schon so gesehen.« Harper schaufelte sich mehr Omelett auf den Teller. »Zum Fürchten.«
»Ich stand zufälligerweise so, dass ich die Reaktion der Damen hinter Bryce und Roz sehen konnte«, berichtete Mitch. »Und das war einfach köstlich. Bryce reißt das Maul auf und prahlt damit, wie er weiterhin die Leute reinlegen würde, mit Telefonanrufen, falschen Kreditkarten und so weiter, und dass ihm keiner etwas beweisen könne. Er ist völlig von sich selbst überzeugt, aber Roz steht einfach da – und er merkt nicht einmal, dass sie ihm gerade die Axt ins Genick gesetzt
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